In eigener Sache

Warum der Perlentaucher neu ist

Von Thierry Chervel, Anja Seeliger
30.01.2014. Unübersichtlich, zu viel, nicht mehr zeitungstreu! Oder doch aktueller, anregender, vielfältiger? Eine Antwort auf die Kritiken am neuen Perlentaucher.
Liebe Leser,

seit der Umstellung vor anderthalb Wochen war die Perlentaucher-Produktion eine ziemliche Wackelpartie, aber wir lernen täglich dazu! Auch viele Leser scheinen sich langsam mit der Umstellung anzufreunden. Wir bedanken uns herzlich für alle ermunternden Worte.

Aber ja, es gab auch viel Kritik. Manches haben wir wohl auch schlecht kommuniziert. Darum möchten wir hier die wichtigsten Kritikpunkte aufgreifen.

Viele kritisieren die neue Unübersichtlichkeit des Perlentaucher - und genau hier haben wir wohl unklar kommuniziert. Also nochmal zur Beruhigung: Neun Uhr morgens ist nach wie vor den Feuilletons vorbehalten. Sie werden jetzt nur in zwei Teilen präsentiert: als Debattenrundschau 9punkt und als Kulturrundschau efeu. Für diese zwei Teile einer Presseschau werten wir nach wie vor die überregionalen Tageszeitungen und viele andere Medien aus. Allerdings mit einem stärkeren Gewicht auf Artikel, die online stehen, auch wenn sie vielleicht schon einen Tag alt sind. Auch Artikel, die nur im Print stehen, erwähnen wir, wenn sie uns besonders wichtig oder aktuell erscheinen. Den Ausgleich zu schaffen zwischen Aktualität und Lesefreundlichkeit ist jeden Tag ein kleiner Balanceakt, an dem wir in unserem vorigen Modell häufig scheiterten. Neu ist auch, dass Sie die Presseschauen jetzt kommentieren können. Wer also einen Printartikel zusätzlich erwähnenswert findet, kann in den Leserkommentaren darauf hinweisen.

Einige Leser empfinden unsere Auswahl und die thematische Gliederung als "bevormundend" - aber der Perlentaucher hat noch nie eins zu eins die Inhalte der Zeitungen geliefert, auch wenn er sie nach Medientiteln präsentierte. Immer schon haben wir gewichtet und akzentuiert. Der Unterschied zum alten Modell ist, dass wir nicht mehr so gut wie alle Artikel aufzählen, die von der SZ, der Zeit oder der FAZ nicht online gestellt wurden. Die Zeit, die wir so sparen, können wir in die Suche nach neuen Themen investieren - die wir dann oft genug in den Zeitungen des nächsten Tages wiederfinden. Auch die Kulturöffentlichkeit hat sich durchs Netz globalisiert. Amerikanische Medienblogs können für die hiesige Debatte genauso relevant sein wie ein Artikel der FAZ. Und dank der Zeitverschiebung zitieren wir sie zuerst! Perlentaucher-Leser werfen einen Blick in die Zeitung von morgen.

Perlentaucher dreimal täglich ist zu viel! Auch dieser Ruf erklang häufiger. Auch hier waren wir nicht klar genug: Bisher haben wir zwei Newsletter verschickt, jetzt drei, aber Sie müssen nicht jeden Newsletter beziehen: Jeder Newsletter hat ganz oben rechts einen Link zum Ändern oder Abbestellen der Newsletterabos. Wenn Sie darauf klicken, landen Sie auf einer Übersichtsseite, auf der Sie Ihre Abos ganz leicht verwalten können.

Der neue Inhalt, den wir im dritten Newsletter präsentieren, ist unsere "Spätaffäre". Die "Spätaffäre" ersetzt den Teletaucher und verweist auf Magazinartikel. Wir sagen nicht mehr morgens an, was abends im Fernsehen läuft, sondern wir arbeiten mit den Mitteln des Internets und verweisen auf Inhalte - Videos, Hörstücke, Magazinartikel - die es bereits gibt, und die Leser mit ihrem Tablet in der Hand oder auf dem Laptop direkt rezipieren können. Es sind in der Regel längere Inhalte, für die man tagsüber oft keine Zeit findet. Wer die Magazinartikel lieber wie gewohnt in der Zusammenschau lesen möchte, kann das künftig Freitag mittags tun.

Die Medienöffentlichkeit hat sich in den 14 Jahren, seit es den Perlentaucher gibt, radikal gewandelt hat. Wir haben uns einfach überlegt, wie man eine Rundschau über Kultur- und Debattenthemen gestalten würde, wenn man den Perlentaucher heute gründen würde. Die Zeitungen haben hier nach wie vor ein großes Gewicht, gerade bei klassischen Kulturthemen, aber sie repräsentieren nicht mehr allein die Öffentlichkeit.

Der Perlentaucher will nach wie vor Brücke sein, und genau diese Themen im Netz stärker repräsentieren. Mit allen Mitteln und Medien, die diese Themen stark machen.

Liebe Leser, es hat sicher in den letzten Tagen auch ganz schön geholpert: Wir sind eben eine winzige Redaktion und können keine Taskforce abstellen, die ein neues Modell auf dem Trockendock ausprobiert, bevor wir es auf die Reise schicken. Besonders an den Newslettern feilen wir noch. Bitte haben Sie ein bisschen Geduld mit uns!

Thierry Chervel, Anja Seeliger