Die Buchmacher

Die Buchmacher

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
13.05.2002. In dieser Woche lesen Sie: Warum es im Buchhandel langsam eng wird. Wie La Repubblica in Italien zehn Millionen Bücher unters Volk gebracht hat (und wer die Idee nun kopiert). Wer der Schrecken der kleinen Buchhändler ist und wer es sein sollte. Und welcher Verlag künftig ohne Lektorat auskommen will. Von Hubertus Volmer

Börsenblatt

Wulf D. v. Lucius und Christian Sprang geben einen Zwischenbericht über die geplante Novellierung des Urheberrechts. Ihrer Ansicht nach schützt der vorliegende Gesetzentwurf vor allem die elektronisch publizierenden Urheber nicht ausreichend. Auch das "Forum der Rechteinhaber" sieht noch Nachbesserungsbedarf. Seine Stellungnahme findet sich hier, ein Bericht darüber hier.

Nicht im Börsenblatt zu finden ist folgende Meldung, die wir jedoch freundlicherweise vom Börsenveren zugemailt bekommen haben: Die Europäische Kommission hat das Verfahren gegen die Buchpreisbindung zu den Akten gelegt. "In einem Brief an den Börsenverein hat die Europäische Kommission nunmehr dem in Deutschland gebräuchlichen System der Buchpreisbindung, dem Sammelrevers, ein so genanntes Negativ-Attest ausgestellt. Wie der Vorsteher des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, Dieter Schormann, (...) erklärte, ist damit das über neun Jahre dauernde Verfahren gegen den deutschen Sammelrevers von der Kommission eingestellt worden."

Weitere Beiträge: Der Deutsche Fachverlag behauptet sich trotz eines Umsatzrückgangs. Der niederländische Fachverlag Wolters Kluwer bündelt seine deutschen RWS-Töchter sowie seine deutschen Bildungsverlage unter jeweils einem Dach. In einer Serie über Fachbuchhandlungen porträtiert Andreas Trojan das "Münchner Traditionshaus" Schweitzer Sortiment. Ursula Rautenberg, Professorin an der Friedrich-Alexander-Universität, stellt den Erlanger Studiengang Buchwissenschaft vor. Und Walter Funken, Geschäftsführer des Berliner Schulbuchverlages Volk und Wissen, schreibt über die Schulbuchausschreibung der öffentlichen Hand "aus preisbindungsrechtlicher, wirtschaftlicher und kulturpolitischer Sicht" (der Artikel hat zwei Teile: diesen und diesen).
Archiv: Börsenblatt

Börsenblatt

Das Börsenblatt bringt ein paar Reaktionen auf den Kompromiss zur Regelung der Club-Ausgaben im geplanten Preisbindungsgesetz. Der Chef der führenden deutschen Buch-Kette Thalia, Jürgen Könnecke, lehnt das Ergebnis der Gespräche zwischen Börsenverein und Bertelsmann Club ab: "Es bringt keine Klarheit, es verlagert das Problem auf Einzelfallentscheidungen und letztendlich, konsequent durchgespielt, auf die Gerichte", sagt er. Könnecke wie auch seine Kollegen von anderen Ketten wollen die Vergabe von Vorab-Lizenzen an den Bertelsmann Club verhindern.

Eine solche Vorab-Lizenz für Grishams "Die Farm" hatte Heyne an den Club gegeben und sich damit heftigen Ärger mit wenigstens drei Buch-Ketten eingehandelt: Thalia, Hugendubel und die Meyersche Buchhandlung verhängten Sanktionen gegen den Verlag. In einem Brief an alle Buchhändlerinnen und Buchhändler ist Ullstein-Heyne-List-Verlagschef Christian Strasser nun zurückgerudert: "Als ersten Schritt hin zu einem neuen Konsens" erklärt Strasser "für unsere gesamte Verlagsgruppe", dass sie bis zur Festschreibung des Preisbindungsgesetzes "keine neuen Lizenzen für Club-Premieren vergeben werden". Zugleich rechtfertigt Strasser die Vergabe der Grisham-Lizenz. "Ich kann Ihnen versichern, dass mir die Entscheidung für die Vergabe der Lizenz an den Club nicht leicht gefallen ist." Ausschlaggebend für die Entscheidung sei gewesen, "dass wir mit der Vergabe weder gegen Branchenvereinbarungen noch gegen den Preisbindungsrevers oder gar bestehendes Recht verstoßen" haben. "Unsere Entscheidung reiht sich vielmehr ein in die etablierte Praxis der Verlage, die bereits zu einer großen Zahl von Club-Premieren geführt hat."

In einem Bericht über die Braunschweiger Buchhändlertage schrieb Joachim Güntner vor wenigen Tagen in der NZZ: "Die kleinen und mittleren Sortimente wissen, dass ihnen vor allem die Konkurrenz der Buchhandelsketten die Luft abdreht. Giganten wie Thalia und Hugendubel, die jetzt für einmal als ihre Mitstreiter auftraten, müssen sie generell mehr schrecken als der Bertelsmann-Club mit seinem Marktanteil von gerade einmal 3,8 Prozent." Wissen die kleinen Sortimente das wirklich? Buchhändler Uli Gruber aus dem oberschwäbischen Bad Saulgau schreibt in einem Leserbrief an das Börsenblatt: "Endlich melden sich auch die großen, wichtigen Buchhändler zu Wort, lassen es sich nicht mehr bieten, dass uns unsere 'Partner' die Butter vom Brot stehlen." Das mit der Butter hat auch Claus Weisweiler aus Elsdorf (das liegt zwischen Köln und Aachen) geärgert. Die Erfahrung mit einem Roman von Barbara Wood brachte ihn zu der Überzeugung, "dass es keinen Sinn macht, Geld für Titel auszugeben, die vorher bereits im Club erschienen sind."

Verlag ohne Lektorat: Der CD-ROM-Verlag Directmedia Publishing hat an seinem Hauptsitz in Berlin sechs Stellen gestrichen. Das Lektorat wurde aufgelöst, die Pressearbeit outgesourct und die Redaktionsarbeit ins rumänische Kronstadt (Brasov) verlagert. Dort sind die Löhne nun einmal billiger. Geschäftsführer Ralf Szymanski formuliert das so: "Wir haben aus Kostenerwägungen Kapazitäten von Berlin nach Kronstadt verschoben". In Kronstadt / Brasov konzentrierte sich die Arbeit bislang vor allem darauf, "die Texte und Bildseiten elektronisch einzulesen", so das Börsenblatt.

Und noch eine schlechte Nachricht aus der digitalen Lesewelt: Der französische E-Book-Anbieter Cytale ist insolvent. Bislang seien nur 1.200 Lesegeräte verkauft worden. "Zur Markteinführung im Januar 2001 war das Unternehmen von einem Absatz von 40.000 Exemplaren im ersten Jahr ausgegangen." Jetzt sucht das Unternehmen einen Käufer.

Der Fachverlag Wiley-VCH hat eine Publikationswebsite eingerichtet, auf der Wissenschaftler ihre Artikel für Fachzeitschriften des Verlages künftig online einreichen können. Beim Hochladen eines Textes "wird automatisch ein Formular erzeugt, über das der Autor das Copyright für seinen Text überträgt", schreibt das Börsenblatt. Sinn dieses Verfahrens sei es, die Publikationszeit zu verkürzen.

Weitere Meldungen und Artikel: Der Buchgroßhändler KNO / KV hat auf die Proteste aus dem Handel reagiert und sein Gebührenmodell für Online-Kooperationen modifiziert. Marianne Menzel schreibt über die Zusammenarbeit von Buchhandlungen im PR-Bereich auf lokaler Ebene. Und den 50. Geburtstag von Diogenes feiert das Börsenblatt mit einem Artikel von Urs Heinz Aerni.
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Stichwörter: Copyright

buchreport.express

Aufmacher des buchreport ist die wirtschaftliche Situation der Branche: "Jetzt wird's eng: Wieder minus 5,5 %", titelt das Blatt. Die Zahl beschreibt den Umsatzrückgang im stationären Buchhandel im Vergleich zum Vorjahres-April. Seit nunmehr acht Monaten sei der Buchhandel gegenüber dem Vorjahr im Rückstand. Kumuliert ergebe sich für die ersten vier Monate des Jahres 2002 ein Minus von 3,8 Prozent. Und: "Bis zum Beginn des Herbstgeschäftes vergehen mindestens noch sechs Monate, die angesichts der angespannten Lage insbesondere für viele kleine Buchhandlungen nur schwer zu überbrücken sind." Die angespannte Lage spiegele sich auch in den Anmeldungen für die Buchhändlertage in Braunschweig: "Obwohl eine richtungsweisende Verbandsreform beschlossen werden soll, hat die Teilnehmerzahl einen neuen Tiefstand erreicht." (Die Reform wurde dennoch beschlossen.)

Nach der Verleihung des Büchner-Preises an den Schriftsteller Wolfgang Hilbig hat der S. Fischer Verlag die Neuausgabe des Hilbig'schen Gedichtbandes "Bilder vom Erzählen" vorverlegt. Das Buch soll nun im August 2002 statt erst im kommenden Jahr auf den Markt kommen. Erstmals war der Band zu Hilbigs 60. Geburtstag im August vergangenen Jahres erschienen. Ebenfalls im August werde es ein Fischer-Taschenbuch mit Erzählungen des Autors geben, so der buchreport. Dieses Buch soll die Texte aus "Aufbrüche", "Grünes grünes Grab" und "Die alte Abdeckerei" vereinen.

Der insolventen Buch-Kette Libro drohe der endgültige Konkurs, schreibt der buchreport. Nur ein sofortiger Überbrückungskredit könne das Unternehmen am Leben erhalten.

Kostenwahrheit beim Bücherversand: Nach Amazon hat auch BOL eine Versandkostenpauschale eingeführt: Bei Bestellungen unter 20 Euro sind künftig drei Euro für den Versand zu zahlen.

In Italien ist die "biblioteca di Repubblica" ein voller Erfolg. Mit ihrer Mittwochs-Ausgabe hat La Repubblica nach 15 Wochen insgesamt zehn Millionen Bücher unters Volk gebracht. "Beinahe eine halbe Million Italiener kaufen jeden Mittwoch zusammen mit ihrer Tageszeitung einen Roman"; das seien mehr als 80 Prozent der 620.000 Repubblica-Leser. Der Corriere della Serra hat die Idee nun aufgegriffen: Seine Reihe heißt "Grandi Romanzi" und soll 30 Titel umfassen.

Die Idee einer Buchhandels-Dachgesellschaft ist gescheitert. Die Unternehmensberatung Cell Consulting zog sich aus dem von ihr initiierten Projekt zurück. Cell Consulting hatte 90 kleinere und mittlere Buchhandlungen angeschrieben und vorgeschlagen, mit der Gründung einer Dachgesellschaft Kosten zu senken. 17 Buchhändler hätten Interesse signalisiert, im Frühjahr habe man sich treffen wollen. Doch: "Es sei nicht einmal möglich gewesen, zwischen den Händlern Konsens über einen Tagungsort herzustellen, geschweige denn über einen Termin", schreibt der buchreport.

Weitere Beiträge: Einen ganzseitigen Artikel widmet der buchreport den Finanzen des Börsenvereins. Obwohl das Sparziel von 842.000 DM um 247.000 DM übertroffen worden sei, stehe der Börsenverein nach wie vor "mit dem Rücken zur Wand". Und Anja Sieg berichtet von der BookExpo America sowie von einer Studie, die dem amerikanischen Buchmarkt anhaltend magere Zeiten prophezeit.

Schließlich gibt es noch die Bestseller.

Aktuell

In seiner Online-Ausgabe meldet das Börsenblatt den Namen des diesjährigen Friedenspreisträgers: Geehrt wird der nigerianische Erzähler, Lyriker und Essayist Chinua Achebe. Mehr hier.
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