Gerd Koenen
Traumpfade der Weltrevolution. Das Guevara-Projekt
Kiepenheuer und Witsch Verlag, Köln 2008
Von allen revolutionären Mythen und Kulten des roten Weltzeitalters hat nur die Figur des Che überlebt - schön wie am letzten Tag. Grund genug, sein"Guevara-Projekt"einer historischen Nachmusterung zu unterziehen. Die"Traumpfade der Weltrevolution"führen in eine der Schlüsselperioden des 20. Jahrhunderts: in die Zeit der antikolonialen Befreiungsbewegungen, der atomaren Konfrontation zwischen Ost und West während der"Kubakrise", des Schismas der kommunistischen Weltbewegung zwischen dem Sowjetblock und China. In den Zwischenräumen dieser Brüche und Umbrüche entwickelte sich die kubanische Revolution des unverwüstlichen Charismatikers Fidel Castro. Und aus ihr entsprang das apokalyptische Weltkriegsunternehmen Guevaras ("Schafft zwei, drei, viele Vietnams"), das 1968 zum Fixstern einer westlichen Neuen Linken wurde. Die zeitgenössische Kultfigur des Guerilleros brauchte auch ein weibliches Gesicht. Für die Bolivien-Operation Guevaras lieferte es die deutsch-jüdische Guerillera Tamara Bunke alias"Tania"aus Ostberlin, deren Biographie einen anderen, aufschlussreichen"roten Faden"unserer Geschichte liefert.