Orte der Freundschaft. Niklas Luhmann und Das Meer in mir

Kadmos Kulturverlag, Berlin 2008
Was denn nun eigentlich das Wesen der Freundschaft ausmache, dies vermag die lange Tradition des Denkens und Schreibens über Freundschaft nicht zu beantworten: Freundschaft erweist sich als enorm beweglich, als nicht letztgültig bestimmbar, sie hat, so Silvia Bovenschen, keinen festen lebensweltlichen oder theoretischen Ort. So lässt sich die "Freundschaftslücke" im Werk des Soziologen Niklas Luhmann, so lässt sich die Tatsache, dass ihre Semantik in der Interpretation Luhmanns immer den Kürzeren ziehe und auch Freundschaft als zwischenmenschliche Beziehung von ihm nicht behandelt wird, letzten Endes als plausible Konsequenz dieser Definitionsschwierigkeiten lesen, muss doch eine Theorie, die einen solch besonderen Fokus auf bestimmbare Form und klare Abgrenzbarkeit legt, große Schwierigkeiten haben mit dem fortwährend sich Verändernden. Gleichwohl fällt die traditionelle Semantik der Freundschaft keineswegs "unter den Tisch": Die zentrale Fragestellung des Textes macht so Luhmanns Theorie sozialer Systeme zum Gegenstand einer genealogischen Lektüre; es zeigt sich, dass er bei der Formulierung zentraler Theoreme Semantiken und Topoi der Freundschaftstradition aktualisiert, dass Freundschaft zwar nicht an einem systematischen Ort, aber dennoch an ganz unterschiedlichen Orten in seiner Theorie auftaucht, in Form semantischer Fragmente. Auf diese Weise kristallisiert sich schließlich ein Bild von Freundschaft heraus, das gerade ihrem flexiblen und prekären Charakter gerecht wird, und deutlich macht, dass gerade darin ihr besonderer Wert liegt. Alejandro Amenabars oscargekrönter Film "Das Meer in mir" führt auf beispielhafte Weise vor, welches Potential eine solche Freundschaft entwickeln kann: Eben weil sie nicht an ein System und einen Ort gebunden ist, kann sie sich über die Grenzen der funktional spezialisierten Teilsysteme der Gesellschaft hinwegsetzen und so sehr individuelle Problemlösungen finden.

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