Rohan Kriwaczek
Eine unvollständige Geschichte der Begräbnis-Violine
Eichborn Verlag, Frankfurt am Main 2008
Aus dem Englischen übersetzt von Isabell Lorenz. Seit den kulturellen Umwälzungen der Reformationsjahre war sie zu hören - nur von denen nicht, deren tränenreiches Gedenken ihr schmerzlichschönes Spiel galt, den Toten: die Beerdigungs-Violine (auch "Totengeige") ersetzte die römisch-katholischen Bestattungsrituale im protestantischen und anglikanischen Europa. Doch die Geschichte der melancholischen, zutiefst bewegenden Begräbnis-Kompositionen geriet nach der Gegenreformation in Vergessenheit, und die Mitglieder der 1586 gegründeten britischen Gilde der Totengeiger verzogen sich vor mehr als 170 Jahren in den Untergrund einer Geheimgesellschaft. In Deutschland, wo es bis zum ersten Weltkrieg von mehreren Künstlern mit besonderer Inbrunst ausgeübt wurde, ist das schaurig-schöne musikalische Genre völlig ausgestorben. Der englische Musikologe Rohan Kriwaczek - selbst praktizierender Geigenspieler, Flötist und Klezmer-Spezialist - hat einen zufälligen Zugang zu dem Archiv der Gilde gefunden und eine schier unglaubliche Chronik dieser zu Unrecht missachteten Musikrichtung und ihrer gedemütigten Künstler geschrieben.