Kritik der Geschichte. Probleme und Formen seit 1800. Überarbeitete Habil.

Mohr Siebeck Verlag, Tübingen 2007
Seit der Genese der modernen Prozessgeschichte wie des zugehörigen Bewusstseins erhebt sich Kritik an ihren ontologischen, epistemologischen und lebenspraktischen Herrschaftsansprüchen. Im Unterschied zur Historismuskritik oder Skepsis gegenüber einzelnen Geschichtsphilosophien stellt die Kritik der Geschichte die Universalität des prozessgeschichtlichen Denkens, aber auch eines dadurch bestimmten Daseins überhaupt in Frage. Diese Kritik vollzieht sich weithin als eine Selbstdestruktion des modernen Geschichtsdenkens. Die prozessgeschichtliche Synthese mit ihrem Versprechen, Historizität gleichermaßen denken und erfahren zu können, zerbricht sowohl realgeschichtlich wie in der wissenschaftlichen und philosophischen Theorie. Einzelne Momente dieser Synthese wie die Vorstellung eines homogenen geschichtlichen Raums oder der unhintergehbaren Geschichtlichkeit der Existenz verselbständigen sich. Hierdurch entstehen alternative Deutungen individuellen wie kollektiven Daseins in der Zeit. Ihre grundlegenden Möglichkeiten differenzieren sich bereits im 19. Jahrhundert vollständig gegeneinander aus und bestimmen den Umgang mit dem geschichtlichen Bewusstsein bis in die Gegenwart. Jürgen Große bietet eine Gesamtdarstellung dieser Problematik. Im ersten Teil stellt er eine Typologie von vier Formen der Geschichtskritik auf: überhistorisch, transhistorisch, unhistorisch und antihistorisch. Im zweiten Teil des Buches werden deren Transformationen und Vermischungen im 20. Jahrhundert verfolgt. Dabei zeigt sich, dass die prozessgeschichtliche Synthese des 19. Jahrhunderts in einer reduzierten Form überlebt hat, nämlich in der liberalistischen Utopie grenzenlosen Wachstums - einer störungsfreien, "ungeschichtlichen" Geschichte.

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