Juan Goytisolo
Der blinde Reiter. Roman
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2006
Aus dem Spanischen von Thomas Brovot. Die Bilanz eines Lebens ziehen - was heißt das? Verluste verbuchen, Momente des Glücks festhalten? Juan Goytisolo geht einen anderen Weg. Er erzählt. Und erkundet die Strecke, die vor ihm liegt.
Nach dem Tod seiner Frau und Gefährtin fühlt ein Mann das Nichts auf sich einstürzen. Ihm ist, als mache er sich auf einen langen Weg mit immer leichterem Gepäck. Die Dinge, die ihnen so viel bedeuteten, vermeintliche Gewißheiten, mühsam erworbene Kenntnisse, alles stößt er ab. Wo die Erinnerungen verblassen, verblasst auch der Schmerz. Doch unter dem Ansturm von Verlust und Sinnlosigkeit erfährt er zugleich, daß erlebte Schönheit nicht im Strudel des Lebens verschwindet.
Was lässt ihm die Zeit, dieser blinde Reiter? Was erwartet ihn hinter dem letzten Vorhang, dessen Sinnbild ihm die verschneite Bergkette am Horizont ist, dort, wo die Wüste beginnt? Vom Ankommen an einer Wegkreuzung erzählt Goytisolo in seinem autobiografisch gefärbten und, wie er sagt, letzten Roman; davon, was es bedeutet, wenn die Zukunft der Erinnerung an Vergangenes weicht und der Blick dennoch nach vorne geht.