My Name It Is Nothin': Bob Dylan. Nicht Pop, Nicht Kunst

Lukas Verlag, Berlin 2006
Richard Kleins Aufmerksamkeit gilt der Musik wie der Poesie, dem Songwriting wie der Performance. Vor allem jedoch und im Gegensatz zur bisherigen Literatur steht Dylans Stimme im Mittelpunkt: in der Vieldeutigkeit ihrer Masken und ihrer wechselvollen Geschichte von den Anfängen 1961 bis zu den Konzerten vom Herbst 2005. Neben zahlreichen auf den Gesang zentrierten Songanalysen werden Elemente einer Theorie der narrativen Stimme bei Dylan vorgestellt. Ausführlich beschäftigt sich der Band mit den frühen Jahren, insbesondere mit den politischen und ästhetischen Hintergründen, die zum Eklat von Manchester 1966 führten. Die Alben und Tourneen der siebziger Jahre werden als Zeichen einer Zeit gelesen, die mit der Notwendigkeit geschichtlicher Reflexion konfrontiert: Nostalgie bezwingen und Neuanfänge riskieren, die keine bloßen Kostümwechsel sind. Radikal innovativ ist Kleins Deutung der Gospelphase: Sie legt das Gewicht nicht auf die religiösen Texte, sondern auf die Musik, die Konzerte. Mit dem Ergebnis, dass diese Songs keineswegs, wie uns eine verkalkte Kritik einreden will, einen ideologischen Lapsus darstellen, den man vergessen sollte, sondern Dylans künstlerischen Zenit seit 1966. Weiten Raum nimmt die Interpretation des Spätwerks ein: Nicht nur werden dessen Motive bis in die frühen Jahre zurückverfolgt und der Ort des "anderen Amerika" kritisch gesichtet. Erstmals erfahren auch die Folkalben der neunziger Jahre eine adäquate Zuwendung. Die Analysen zu "Time Out Of Mind" und "Love And Theft" kreisen beide je anders um das Spannungsverhältnis von Stimme und Geschichte. Ein großes Kapitel widmet sich der Never Ending Tour. Seine Message lautet: So faszinierend der frühe Dylan ist, der späte steht sich selbst in nichts nach. Partien zur rezeptiven Bedeutung von Dylans Musik schließen sich an. Die eine untersucht deren Ort in der lebensgeschichtlichen Beziehung von Jugend und Alter, die andere die Dialektik von Heiligenverehrung der Fans und Dylans Kampf gegen sie. Das letzte Kapitel begründet den Titel des Buches. Es zeigt, wie und warum sich Dylan der Alternative "Pop oder Kunst" entzieht. Dass Text und Musik sich bei ihm gegenläufig zueinander verhalten. Jeder nur literarische oder nur musikalische Zugang zu seinem Werk wäre eigentlich falsch.

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