Ina Boesch
Gegenleben. Die Sozialistin Margarethe Hardegger (1882-1963) und ihre politischen Bühnen
Chronos Verlag, Zürich 2003
Margarethe Hardegger war eine außergewöhnliche Frau. Sie lebte den Sozialismus hier und jetzt. Sie predigte und praktizierte die freie Liebe. Sie verkehrte in der Münchner Boheme und in der Berliner Anarchistenszene. Sie agitierte für Empfängnisverhütung und half bei Abtreibungen. Sie engagierte sich gegen den Faschismus und kämpfte für den Frieden. Sie lebte viele Jahrzehnte im Tessin im Schatten des Monte Verita und war international vernetzt. Sie hielt zu ihren Freunden und saß deswegen im Gefängnis. Zudem war sie Ehefrau und Mutter, die erste Arbeiterinnensekretärin des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes, Geliebte der anarchistischen Schriftsteller Gustav Landauer und Erich Mühsam, Freundin des Arbeiterarztes und der Chemikerin und Pazifistin Gertrud Woker. Sie verkörperte die sozialen und politischen Ideale einer Szene, die man heute links nennt.
In Margarethe Hardeggers Biografie kommen sozialistische, lebensreformerische und friedenspolitische Lebensentwürfe zusammen. Das Augenmerk gilt darum ihrer Biografie und diesen Entwürfen, ihrer Lebensgeschichte und der Geschichte der Organisationen, in denen sie aktiv war. Deshalb hat die Autorin nicht nur einen Zugang gewählt, um sich Margarethe Hardeggers Biografie zu nähern, sondern zwei; sie konzentriert sich nicht allein auf eine Erzählung, sondern bietet viele Erzählungen.