Ulrike Siebauer
Leo Perutz. Ich kenne alles. Alles nur nicht mich.. Biografie
Bleicher Verlag, Gerlingen 2000
»Die Brennessel ist meine liebste Blume. Sie duftet nicht, sie blüht nicht. Aber sie brennt.« Diese Worte charakterisieren Leo Perutz so, wie er zu Beginn des 20. Jahr-hunderts in den Kaffeehäusern Wiens bekannt war: als scharfzüngiges, sarkastisches, unabhängiges und von Lebensenergie strotzendes Original. Perutz wurde 1882, ein Jahr vor Kafka, als Sohn einer jüdischen Mittelstandsfamilie in Prag geboren und begann im Wien der Jahrhundertwende zu schreiben. In den 20er Jahren waren seine Bücher im deutschsprachigen Raum sehr erfolgreich. Durch die Annexion Österreichs musste der Autor 1938 ins Exil nach Palästina fliehen. Seine großen Romane gerieten in Vergessenheit. Resigniert starb Perutz 1957 bei einem Besuch in seiner alten, schmerzlich vermissten Heimat Österreich. Seine Bücher erlebten in den 80er Jahren eine Renaissance. Der ausgebildete Versicherungsmathematiker konstruierte seine Romanhandlungen stets mit bestechender Logik. Beinahe unbemerkt dringen Unerklärliches, Phantastisches, Übersinnliches ein, sodass die Romane in der Spannung zwischen Traum und Wirklichkeit, Wahrheit und Täuschung, Erinnern und Vergessen stehen.