Magazinrundschau - Archiv

Tablet

62 Presseschau-Absätze - Seite 2 von 7

Magazinrundschau vom 21.03.2023 - Tablet

Gebannt begibt man sich mit der Historikerin Aline Pennewaard auf die detektivische Spurensuche nach der Identität von Luka, der Frau, die den Aufstand der Häftlinge im Konzentrationslager Sobibor mitorganisiert hatte, bei dem 300 Insassen aus dem Lager flüchten konnten. 57 überlebten, darunter Alexander Pecherski, der eng mit Luka zusammengearbeitet und zeitlebens versucht hatte sie wiederzufinden, ohne Erfolg. Eine Datenbank der deportierten holländischen Juden führt Pennewaard auf die Spur von Liselotte Karoline Rosenstiel. Ein 92-jähriger Zeitzeugin bestätigt ihre These: "Er hat Liselotte sofort erkannt, als ich ihm die beiden Bilder von ihr gezeigt habe. 'Ja, das ist sie', sagt er sofort. Ihr Gesicht nach so langer Zeit wiederzusehen, scheint ihn zu berühren. 'Hat sie geraucht?', habe ich ihn später gefragt. Ton Leeders nickt. 'Ja - heimlich', sagt er zwinkernd. 'Das durfte natürlich niemand wissen.' Wir reden noch ein bisschen, bis ich mich traue, die wichtigste Frage zu stellen: 'Haben Sie jemals mitbekommen, dass jemand sie bei einem anderen Namen als Liselotte gerufen hat? Hatte sie einen Spitznamen, der wie Lika oder Luka klang…?' Seine Augen leuchten auf, als er sich erinnert. 'Ja, Luka. Luka. So wurde sie zuhause genannt.' Er nickt mit entschlossenem Blick. Wir schauen uns überrascht an. An diesem Donnerstagmorgen hat sich der Kreis geschlossen. Leenders Aussage ist die Bestätigung, auf die ich kaum zu hoffen gewagt habe: Liselotte Karoline Rosenstiel ist in der Tat die mysteriöse Luka, über die Alexander Pechersky sein ganzes Leben nachgedacht hat."
Stichwörter: Sobibor, Konzentrationslager

Magazinrundschau vom 14.02.2023 - Tablet

Cover der israelischen Ausgabe von "Beyond the Transparent Bottom"
Armin Rosen schreibt ein sehr interessantes Porträt über einen großen israelischen Schriftsteller, den so gut wie niemand kennt: Youval Shimoni. Rosen behauptet glatt, es handele sich vielleicht um den größten lebenden israelischen Literaten. Amoz Oz war ein Bewunderer. Shimoni hat nicht mal einen englischsprachigen Wikipedia-Eintrag, geschweige denn einen deutschen. Ein einziges Buch von ihm, "Der Flug der Taube", ist 1994 im Jüdischen Verlag erschienen, sein Name wurde hier Juval Schimoni geschrieben. Er ist 68 Jahre alt, Lektor und Literaturwissenschaftler, gibt so gut wie nie Interviews, Rosen trifft ihn im Verlag Am Oved und vermutet, dass Shimoni ein bisschen offener ist als sonst, weil sein Roman "Kav HaMalach" ("The Salt Line") demnächst auf Englisch erscheint. Rosen beschreibt das Hebräische als eine unmögliche Mischung zwischen uralter religiöser Sprache und brandneuer Alltagssprache. Alle israelischen Schriftsteller hätten ihre Schwierigkeiten damit. Die Zugehörigkeit zum Jüdischen aber sei bei Shimoni das Prisma, das ihm erlaube, Universalität zu bündeln. In seinem jüngsten Roman "MiBad LaKarka'it Hashkufa" ("Beyond the Transparent Bottom", mehr hier) erzählt er von der Israel-Obsession des Christoph Kolumbus, der in seinen späten Tagen die Beute aus der Neuen Welt nutzen wollte, um für seinen König das Heilige Land zu erobern. "Kolumbus, sagt Shimoni, ist 'fast fanatisch religiös' und sieht sich selbst als 'Missionar, der Christus in die heidnische Welt bringt'. Sein Gegenpol, oder vielleicht seine Parallele, im Roman ist Tobias, ein jugendlicher Converso, ein Jüdischstämmiger, der an gar nichts glaubt und der von zu Hause wegläuft, nachdem sein Vater die Nachbarn verpfiffen hat, weil sie heimlich das Judentum praktizieren. Die erste Hälfte des Romans besteht aus dem Bericht des fiktiven Tobias über die Reisen von Kolumbus. Shimoni sagte mir, er interessiere sich für 'die Gegenüberstellung von jemandem ohne Glauben und jemandem mit viel Glauben - die Dynamik zwischen diesen beiden Kräften'."

Magazinrundschau vom 24.01.2023 - Tablet

Olaf Scholz schwieg wie üblich, als Palästinenserpräsident Mahmud Abbas Israel in einer gemeinsamen Pressekonferenz vorwarf, es habe "fünfzig Holocaust" an den Palästinensern begangen. In Izabella Tabarovskys Tablet-Artikel kann man nachlesen, woher Abbas seine Überzeugungen bezieht. Es stellt sich heraus, das Abbas ein sogenannter "Zionologe" ist, ein Wissenschaftler des Zionismus im sowjetischen Sinne. Seine in Moskau verfasste Doktorarbeit, die bis heute geheimgehalten wird, handelt von den "Beziehungen zwischen Zionisten und Nazis, 1933-1945" und besteht im wesentlichen in der Behauptung, dass der Zionismus maßgeblich mit den Nazis zusammengearbeitet habe, um den Staat Israel zu gründen. Die "Zionologie" war das maßgebliche Ideologiegebäude, mit dem die Sowjets ihren Antizionismus betonieren und propagieren wollten, er basierte auf nach links gedrehten rechtsextremen Verschwörungstheorien, die in den Siebzigern in Moskau wieder in Mode kamen und die die Propagandisten erfolgreich im "globalen Süden" verbreiteten. Tabarovsky konnte ein zwanzigseitiges Resümee von Abbas' Doktorarbeit lesen. Sie basiert im wesentlichen auf der Behauptung, dass die vereinzelte Zusammenarbeit von jüdischen Repräsentanten wie Rudolf Kasztner oder "Judenräten" mit Nazis einem zionistischen Komplott gleichkämen. Nichts davon lässt sich natürlich belegen. "Dennoch lebt diese obszöne sowjetische Erfindung weiter, auch in der heutigen israelfeindlichen Linken. Letztere hat sie so vollständig übernommen, dass eine Entlarvung der heutigen Behauptungen auch dazu dient, die ursprünglichen sowjetischen Behauptungen zu entlarven. Siehe zum Beispiel Paul Bogdanor, den Autor des ausgezeichneten Buches 'Kastner's Crime', der Ken Livingstones Behauptungen über die Zusammenarbeit zwischen Zionisten und Nazis entlarvt. Viele der Dokumente, die Livingstone, ehemaliger Bürgermeister von London und prominentes Mitglied der britischen Labour-Partei, als 'Beweis' für seine Behauptungen anführte, sind auch in der sowjetischen antizionistischen Literatur als 'Beweis' aufgeführt. Sie erscheinen in dem antizionistischen Klassiker des amerikanischen Trotzkisten Lenni Brenner von 1983, 'Zionism in the Age of the Dictators', der ebenfalls von Bogdanor entlarvt wurde. Einige von ihnen tauchen auch in der Zusammenfassung von Abbas' Dissertation auf."

Magazinrundschau vom 22.11.2022 - Tablet

Auch in den USA richten sich die Minderheiten nicht nach den Trugbildern, die der Antirassismus von ihnen zeichnet. Jener "Regenbogen", in dem sich angeblich die nicht weißen Minderheiten gegen die "White Supremacy" zusammenschließen, existiert mit wachsender Dynamik dieser Minderheiten immer weniger, schreibt Joel Kotkin. "Die sich wandelnden politischen Einstellungen der asiatischen und lateinamerikanischen Communities zeigen, dass, nun ja, die Vielfalt in Amerikas Diversity zunimmt. Laut Umfragen des Pew-Instituts wird der Anteil der Latinos an der amerikanischen Bevölkerung bis 2050 auf 29 Prozent steigen und damit mehr als doppelt so hoch sein wie der Anteil der Schwarzen. Der Anteil der Asiaten wird von fast 12 Millionen im Jahr 2000 bis Mitte des Jahrhunderts auf mehr als das Dreifache ansteigen. Zusammengenommen werden Latinos und Asiaten 40 Prozent der Amerikaner und die große Mehrheit der Nichtweißen ausmachen, und während die schwarzen Wähler von beiden Parteien automatisch als Demokraten betrachtet werden, sind die Stimmen der Latinos und Asiaten umkämpft. In Gegenden wie Texas und Florida, wo Einwanderer einen höheren Anteil an Hausbesitzern und Unternehmern haben, neigen Latinos und Asiaten dazu, ihre Stimmen gleichmäßiger zwischen den Parteien aufzuteilen."

Ebenfalls im Tabletmag erinnert Mitchell Abido an die Revue blanche, eine französische Literaturzeitschrift um 1900, wo André Gide, Paul Valéry, Charles Péguy und viele andere publizierten, und die von den Brüdern Natanson aus Warschau gegründet worden war. Die Zeitschrift wurde nach einigem Zögern auch zu einem der Hauptorgane der Dreyfus-Verteidiger.
Stichwörter: Antirassismus, Florida, Diversity

Magazinrundschau vom 15.11.2022 - Tablet

James Kirchick nimmt das 2006 erschienene Buch "Self-Made Man: One Woman's Journey Into Manhood and Back Again" von Norah Vincent zum Anlass darüber nachzudenken, wie sich der Blick auf Homosexualität im Zuge der Transgender-Theorien verändert hat. Vincent verkleidete sich damals als Mann um herauszufinden, welche Privilegien Männer genau genießen. Dabei stellte sie fest, dass auch viele Männer unter den traditionellen Geschlechterrollen litten. Vor allem hatten sie eine riesige Angst als zu weich, zu feminin, kurz: als schwul zu gelten. Im Grunde hat sich daran nichts geändert, denkt sich Kirchick: als Homosexueller ist man immer noch ein Außenseiter, was die Transgender-Bewegung wieder bekräftigt: "Da unsere gleichgeschlechtliche Anziehungskraft dem 'Normalen' widerspricht, wurde vielen Schwulen und Lesben, vor allem in jungen Jahren, gesagt, dass wir eigentlich Angehörige des anderen Geschlechts sind, die im 'falschen Körper' gefangen sind. ... Waren die von Vincent kritisierten unterdrückerischen Geschlechternormen das Ergebnis konservativer gesellschaftlicher Konventionen, so werden heute dieselben Konventionen unter dem Einfluss der radikalen Transgender-Ideologie von Progressiven unwissentlich verdinglicht. Im Rahmen dieser neuen Modeerscheinung wird geschlechtliche Nonkonformität, eine Eigenschaft, die mit Homosexualität einhergeht, mit Geschlechtsdysphorie, einem medizinischen Zustand, gleichgesetzt. Dies wirkt sich besonders nachteilig auf geschlechtsuntypische junge Menschen aus, von denen viele sonst als Homosexuelle aufwachsen würden, denen aber zunehmend gesagt wird, dass ihre Abweichung von den Geschlechternormen wahrscheinlich darauf hindeutet, dass sie dem anderen Geschlecht angehören."

Pat Lipsky, Springs Fireplace, 1969. Courtesy Pat Lipsky


Die amerikanische Malerin Pat Lipsky erzählt, wie es in den Siebzigern war, als Malerin von Sammlern anerkannt zu werden, aber nicht von den Herren Kollegen. Nicht, dass die wenigen Frauen viel besser waren, schreibt sie, sich an eine Nicht-Begegnung mit Helen Frankenthaler erinnernd, mit der sie den Galeristen teilte: "Eines Nachmittags sahen André und ich uns Dias meiner neuen Bilder an - der seltsame, schallschluckende taupefarbene Teppich, das Tageslicht und der Taxilärm von der East 57th, der durch die Fenster dröhnte; André schaute immer wieder auf seine Uhr und beeilte sich, und dann drehte er sich auf einmal zu mir um. 'Es tut mir wirklich leid, Pat. Helen hat angerufen und ist auf dem Weg; du musst jetzt gehen.' Und weil es ein gewisses Risiko gab, dass wir uns im Aufzug treffen könnten, wurde ich gefragt, belehrt und musste schließlich versprechen, die Hintertreppe zu nehmen."

Magazinrundschau vom 01.11.2022 - Tablet

Armin Rosen porträtiert den Politiker Itamar Ben-Gvir von der sehr weit rechten Otzma Yehudit-Partei, der - so die Befürchtung - der nächsten israelischen Regierung angehören könnte. Er ist ein "Kahanist" - bezieht sich also auf den Rabbi Meir Kahane, der die Araber aus Israel rausschmeißen wollte und 1990 von einem Islamisten ermordet wurde. "Im Alter von 17 Jahren galt er als so gefährlich subversiv, dass er vom Militärdienst ausgeschlossen wurde. Doch heute ist Ben-Gvirs Ansicht, dass etwas im jüdischen nationalen Projekt grundlegend kaputt ist und dass extreme Maßnahmen notwendig sind, um es zu reparieren, unter Israelis, die keine besondere Vorliebe für Meir Kahane haben und die Ben-Gvirs Haus in der radikalen Brutstätte Kiryat Arba tief im Westjordanland niemals besuchen würden, geschweige denn dort leben, weithin akzeptiert. Es ist bezeichnend für den gegenwärtigen nationalen Moment, eine Blase von technologiegetriebenem Wohlstand, die zunehmende Konvulsionen und scharfe existenzielle Ängste verdeckt, dass nur ein etwas absurder und offensichtlich unheimlicher sozialer Außenseiter in der Lage ist, das Unbehagen anzusprechen, das zu einem bestimmenden Merkmal des israelischen Lebens geworden ist."

Magazinrundschau vom 16.08.2022 - Tablet

Shirley Jaffe, Networking, 2007. Foto: © Bertrand Huet/Centre Pompidou


Das Pariser Centre Pompidou zeigt noch bis Ende August eine Retrospektive Shirley Jaffes, der letzten amerikanischen Nachkriegskünstlerin in Paris, die dort 2016 starb (mehr zur Pariser Ausstellung hier). Joe Fyfe kannte sie gut, erzählt er. Dass er mit ihren Bildern oft nicht viel anfangen konnte, beeinträchtigte ihre Freundschaft nicht. Die Ausstellung eröffnet ihm nun einige interessante Perspektiven. Zum Beispiel lernt er, wie sehr Jaffes Werk von dem Komponisten Iannis Xenakis beeinflusst war, von dessen Komposition "Metastaesis" von 1955 beispielsweise: "Xenakis lernte von Le Corbusier, mathematische Proportionen visuell zu betrachten, und dachte bereits über Musik als Klangmassen und Formen nach. Er beschrieb seine Musik als den Versuch, innerhalb dieses geordneten Chaos von einem Ort zum anderen zu gelangen, ohne die Kontinuität zu unterbrechen. ... Als ich kürzlich Xenakis' Musik hörte, fiel mir auf, dass er in Stücken wie 'Metastaesis' einzelne Partituren für jedes der 61 Instrumente schrieb, von denen einige natürlich Hunderte von Jahren alt sind. In ähnlicher Weise bestand Shirley auf den fertigen Versionen ihrer Gemälde. Sie sagte, dass sie sie mit winzigen Pinseln fertigstellte, ohne zu erwähnen, dass dies die Art und Weise war, wie Staffeleibilder früher fertiggestellt wurden. Sie inszenierte den sehr zeitgenössischen Zustand des Chaos, indem sie modernistische Formen und Farben verwendete, aber auf einer eindeutigen Visualität beharrte. Die detaillierte, oder besser gesagt, sorgfältige Ausführung gab dem Bild den letzten Schliff. Sie war sich des wichtigsten Aspekts bei der Herstellung eines Gemäldes bewusst, nämlich der Kontinuität, der Modulation von einer Fläche zur nächsten."

Magazinrundschau vom 12.07.2022 - Tablet

Jeffrey Herf, Autor zahlreicher Bücher über linken und islamischen Antisemitismus, resümiert den Forschungsstand zu den Beziehungen zwischen den frühen Islamisten Hassan al-Banna von den Muslimbrüdern und Amin al Husseini, Mufti von Jerusalem: Er würdigt die Pionierarbeiten der deutschen Forscher Klaus Gensicke und von (Perlentaucher-Autor) Matthias Küntzel. Heute stellt sich nicht mehr die Frage, ob ein Bündnis zwischen Nazis und Islamismus existierte, es war sehr intensiv, und das auch, weil es auf einen spontanen islamischen Antisemitismus aufbauen konnte, so Herf. Die Frage ist eher, wie es kommen konnte, dass dieses Bündnis so grüńdlich in Vergessenheit geriet und warum es Jahrzehnte dauerte, das Wissen darüber wieder zu etablieren. Schuld hat Stalin: "Von 1949 bis 1989 führte die Sowjetunion eine bedrückend erfolgreiche Propagandakampagne durch, die die Erinnerung der Öffentlichkeit an die kurze Ära der Unterstützung des zionistischen Projekts, des UN-Teilungsplans und Israels durch den Sowjetblock sowie die zahlreichen Beweise für die Nazi-Kollaboration des Arabischen Oberkomitees unterdrückte. Anstelle der tatsächlichen Verbindungen zwischen den Führern der palästinensischen Araber und dem Naziregime behaupteten die Sowjetunion und die PLO, die wahren Nazis und Rassisten im Nahen Osten seien die Juden und die Israelis. Diese Lügenkampagne hat sich als eine der erfolgreichsten in der Weltpolitik erwiesen."

Magazinrundschau vom 28.06.2022 - Tablet

"Deutschland bemüht sich sehr, langweilig zu sein, aber es kann nicht verhindern, dass es in der ganzen Welt ein ungewöhnliches Maß an Verärgerung hervorruft", schreibt ein vom Hin und Her der Bundesregierung im Ukraine-Krieg entnervter Jeremy Stern. "Siehe zum Beispiel das Auftreten von Bundeskanzler Olaf Scholz in den letzten zwei Wochen, in denen er sich für den Kandidatenstatus der Ukraine als künftiges Mitglied der Europäischen Union stark machte, dann seinen außenpolitischen Berater entsandte, um klarzustellen, dass die Ukraine nicht mit einer EU-Mitgliedschaft rechnen sollte, 'nur weil sie angegriffen wird', und dann eine offensichtlich unrealistische Forderung nach einem größeren deutschen Stimmgewicht im Europäischen Rat und einer stärkeren Vertretung im Europäischen Parlament als Bedingung für die ukrainische Mitgliedschaft stellte. Mit anderen Worten: Deutschland unterstützt den ukrainischen EU-Beitritt, und der Grund dafür, dass er wahrscheinlich nicht zustande kommt, ist, dass Deutschland ihn blockieren wird - ein mittlerweile bekanntes Manöver, bei dem sich viele der Staaten, die zwischen Deutschland und Russland festsitzen, ungläubig die Augen reiben. Der Versuch, Berlins Entscheidungen und ihre Beziehung zu einer grundlegenden Politik zu verstehen, ist für viele wie der Versuch, einen Betrunkenen zu verstehen, der ständig einschläft. Allein im letzten Monat hat Scholz den Verkauf von Schützenpanzern an die Ukraine blockiert, während er darauf bestand, dass 'Putin diesen Krieg nicht gewinnen darf', und sie nach Griechenland umgeleitet, so dass Athen stattdessen für die Lieferung älterer Fahrzeuge an Kiew verantwortlich sein könnte." Auf die Ukraine komme es dabei zu allerletzt an, glaubt Stern. Vielmehr gibt es "'unser Verhältnis zu Russland [in der] Zukunft' zu bedenken, wie Scholz' außenpolitischer Berater die Deutschen letzte Woche nach der Kiew-Reise des Kanzlers erinnerte. 'Das ist ein mindestens ebenso spannendes und relevantes Thema'. Die Amerikaner können sich fragen, was dies alles für den Status Deutschlands als Mitglied des westlichen Bündnisses bedeutet. Was sie nicht mehr können, ist überrascht sein."

Außerdem: Was ist eigentlich mit der pro-jüdischen Linken passiert, fragen sich Samuel J. Abrams und Jack Wertheimer.

Magazinrundschau vom 26.04.2022 - Tablet

Die Figur des "Public Intellectual", der sich mit gemäßigt linken Positionen an ein gebildetes, aber breites Publikum wandte, ist in Amerika verschwunden, fürchtet Michael Lind. An seine Stelle sind Uni-Institute und NGOs getreten, die von Stiftungen großzügig finanziert werden. Sie normen die Diskurse. Ein Beispiel: "In den 1990er Jahren konnte noch als ein untadeliger Progessiver gelten, wann man sich gegen Fördermaßnahmen aussprach, die auf 'Rasse' beruhten und statt dessen für neutrale, universelle Sozialprogramme plädierte, die Afroamerikanern zwar überproportional, aber nicht ausschließlich helfen würden. Um das Jahr 2000 verkündeten jedoch mehrere fortschrittliche Medien gleichzeitig, dass 'die Debatte über 'Affirmative Action' beendet ist'. Heute werden neutrale Reformen, wie sie der demokratische Sozialist und schwarze Bürgerrechtsführer Bayard Rustin und der Marxist Adolph Reed vertraten, links der Mitte als 'farbenblinder Rassismus' stigmatisiert, und Progressive müssen im Namen der 'Equity' eklatante und wohl auch illegale Diskriminierungen gegen weiße Amerikaner und 'weiß-nahe' Asiaten unterstützen, aus Angst, als Ketzer abgestempelt zu werden."
Stichwörter: Rassismus, Affirmative Action