Kurz vor der Weltpremiere der Oper "South Pole", die soeben an der bayerischen Staatsoper München umjubelt aufgeführt wurde (
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Interview mit dem jungen
Komponisten Miroslav Srnka geführt. Dass er in Tschechien quasi unbekannt sei, begründet Srnka unter anderem mit der landesüblichen Bescheidenheit. Im Westen erwarte man ein gewisses selbstbewusstes Auftreten - ins Tschechische übersetzt klänge das gleich furchtbar arrogant. "Wir sind unfähig,
ernsthafte Worte zu wählen, daraus werden schnell kleine Witzchen und Schwejkiaden, wir schämen uns für alle großen Dinge und Emotionen und versuchen sie sprachlich irgendwie zu verhüllen." Hinzukomme das Desinteresse an
zeitgenössischer E-Musik. Schon anlässlich seiner Kinderoper wurde er gefragt, ob zeitgenössische Musik denn für Kinder nicht zu schwierig sei. "Da geht mir das Messer in der Hose auf. Vielleicht etablieren sich bei uns neue künstlerische Richtungen gerade deshalb so schwer, weil die Medien uns systematisch als
schwer verdaulich darstellen. Es ist, als würde man in den Kulturnachrichten sagen: 'Achtung, gleich kommt zeitgenössische Musik. Bereiten Sie sich also psychisch darauf vor. Vielleicht halten Sie es aus, aber es
wird kein Spaß.' (…) In der tschechischen Gesellschaft sind derzeit schnelle und einfache Lösungen gefährlich erfolgreich. Das Zurückschrecken vor zeitgenössischer Musik ist ähnlich wie die
Angst vor Flüchtlingen, neuen Kräften, Innovationen, vor allem, was uns aus unserem Sicherheitsgefühl herausreißt. Da ist es natürlich am billigsten und dankbarsten, auf so einer Welle mitzureiten." Aber auch über die
westlichen Rituale macht Srnka sich ein wenig lustig. "Vor allem mit den deutschen Veranstaltern streite ich oft über die offiziellen Fotografien. Sie möchten, dass ich darauf so einen ernsten, intelligenten und
tiefsinnigen Eindruck mache. Als meine Kinder noch klein waren, haben sie mich gefragt, warum ich auf den Fotos denn so traurig aussähe."