Magazinrundschau - Archiv

The Guardian

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Magazinrundschau vom 29.05.2018 - Guardian

Kaum zu glauben, dass die Briten den Oligarchen und Putin-Freund Roman Abramowitsch aus dem Land werfen. Dabei hat die britische Politik jahrzehntelang russische Oligarchen und ihr Geld freudig aufgenommen, erinnert Oliver Bullough in einem langen Report. Mit seiner Recherche will er auch die Scharte auswetzen, dass er, der Experte auf diesem Gebiet, vor dem Foreign Policy Committee nicht sagen konnte, wieviel schmutziges Geld nun wirklich ins Land geflossen sei - es kommt einfach über zu viele und zu verdeckte Kanäle. Aber dass es nicht nur 25 Milliarden Pfund sind, wie offiziell angegeben, sondern eher mehrere hundert Milliarden, hält er für sicher. Das Geld wird selten investiert, weiß Bullough, sondern für Goldene Visa und Privatschulen ausgegeben, für Luxusgüter, Immobilien und Yachten. Warum London bis jetzt nichts gegen die Geldwäsche unternommen hat, erklärt Bullough der Banker Bill Bowder, der selbst vergeblich einen Prozess angestrengt hatte: "Er schlussfolgerte, dass zu viele einflussreiche Briten - Anwälte, Banker, Finanzberater, Immobilienmakler - von russischem Geld abhängig geworden waren. 'Wenn die Geldströme gestoppt worden wären', sagte er 2016, 'hätten gewisse Leute ihren Lebensunterhalt verloren, und ich denke, das waren Leute mit politischem Gewicht in diesem Land'. Viele britische Institutionen haben auch Spenden von wohlhabenden russischen Geschäftsleuten akzeptiert. Sadiq Khans City Hall von Elena Baturina, deren Mann Bürgermeister von Moskau war; die Konservative Partei von Ljubow Tschernuchin, deren Mann einst Putins Minister war und die 160.00 Pfund dafür zahlen, um mit Boris Johnson und David Cameron Tennis zu spielen." Zum Gebaren britischer Anwälte mit russischen Klienten hat auch Nick Cohen in einem Kommentar einiges zu sagen.

Weiteres: In einem weiteren Text nehmen Carls Rhodes und Peter Bloom den Philanthrokapitalismus amerikanischer Superreicher unter die Lupe.

Magazinrundschau vom 15.05.2018 - Guardian

Die #MeToo-Bewegung hat die Unterschiede zwischen den beiden großen Fraktionen des Feminismus zutage treten lassen, meint Moria Donegan, die etwas polemisch, aber immerhin mit historischer Perspektive den individualistischen vom sozialen Feminismus unterscheidet: Auf der einen Seite stehen die Frauen, die sich in der Männergesellschaft allein durchboxen wollen, auf der anderen Seite stehen die wagemutigen Visionärinnen, die für alle gemeinsam kämpfen: "Es ist eine alte Debatte: Soll der Feminissmus darauf zielen, die Gesellschaft zu verändern, oder Frauen wappnen, in der bestehenden besser klarzukommen? Aber warum wird dieser Konflikt als einer zwischen Generationen beschrieben, wenn es doch klar ist, dass die beiden feministischen Sichtweisen seit Jahrzehnten miteinander im Clinch liegen? Zum Teil liegt das natürlich an Altersfeindlichkeit und mangelnder Neugier - die reflexartige Unterstellung, die Alten seien zu zahm und die Jungen zu rücksichtslos. Und es gibt die Vorstellung, die von allen politischen Denkweisen nur dem Feminismus eigen ist, dass er als soziale Bewegung in diskreten, kohärenten und vorübergehenden Wellen aufkommt."
Stichwörter: Feminismus, #metoo, Metoo, Moria

Magazinrundschau vom 24.04.2018 - Guardian

Der Guardian bringt einen Vorabdruck aus Corey Peins Recherche unter den aufstrebenden Unternehmern des Silicon Valley. Pein zog mit einer halb ausgegorenen Startup-Idee nach San Francisco und mietete bei AirBnB für 85 Dollar die Nacht zwei Quadratmeter in einem Fünf-Bett-Zimmer, das er mit Absolventen von Ivy-League-Unis teilte, die einen Service anbieten wollen, den bisher ihre Mütter kostenlos für sie erledigten: Essen bringen, Wäsche waschen, zum Training fahren. Noch schlimmer als die Zerstörung dieser Kultur durch unerwachsene Nerds findet Pein die Folgen für die Ökonomie: "Jobs von neun bis fünf mit Sozialleistungen und bezahlten Überstunden gehen vielleicht bei all der Disruption verloren, aber dafür haben wir das Internet, mit zahllosen Einzelaufträgen, und Möglichkeiten für Freie, über die Runden zu kommen, wird zu einem Videospiel: Man muss die richtigen Knöpfe drücken und bekommt sofort seine magere Belohnung. Über ein Drittel der Amerikaner arbeiten inzwischen als Freie oder kurzzeitig Beschäftigte, ihr Lebensunterhalt hängt vom Gutdünken ihrer Auftraggeber ab. Die Wahl, Unternehmer zu werden, wurde für sie getroffen. Die Zerstörung des Sozialsystems, der öffentlichen Bildung und organisierten Arbeit führte zu einem System, das man die 50-Cent-Ökonomie nennen kann und nur zwei Optionen lässt: Get rich or try dying."

Symeon Brown stellt die Wölfe von Instagram vor: Narzissten und Hochstapler wie der inzwischen berücjtigte Elijah Oyefeso, die so lange ihren Erfolg als Trader, Rich Kid oder Moneymaker vorgaukeln, bis sie so viele Follower haben, dass sie tatsächlich Kasse machen können.

Magazinrundschau vom 10.04.2018 - Guardian

Im Westen zerbrechen die Nationalstaaten an einer deregulierten Finanzwirtschaft, Großmachtrivalitäten und Big Data, derweil zerfallen in der einst kolonisierten Welt die Bevölkerungen in postnationale Gruppierungen - etwa in umherstreifende Stammesmilizen, ethnische und religiöse Unterstaaten und Superstaaten, schreibt der britisch-indische Schriftsteller Rana Dasgupta in einem Essay. Für ihn ist der Nationalstaat am Ende. Dasgupta findet das nicht schade, er denkt über die Möglichkeit einer vom Staat getrennten Bürgerschaft nach, die durch Staatsbürgerschaft ererbte Privilegien aushebelt: "Wer als Finne geboren wurde, genießt einen rechtlichen Schutz und ökonomische Erwartungen, die sich stark von denen eines Somaliers oder Syrers unterscheiden. Auch die Bewegungsfreiheit eines Finnen ist eine andere. Aber in einem Weltsystem - statt einem System von Nationen -  gäbe es keine Rechtfertigung für solch radikale Unterschiede. Die Bewegungsfreiheit des Menschen ist eine notwendige Konsequenz der Bewegungsfreiheit des Kapitals: Es ist ungerecht, dass das eine sich frei bewegen darf, der andere nicht. Moderne technologische Systeme  bieten Modelle, Bürgerschaft neu zu denken, sie vom Staatsgebiet zu entkoppeln und so ihre Vorteile gerechter zu verteilen. Die Rechte und Möglichkeiten, die mit einer westlichen Bürgerschaft verknüpft sind, könnten auch in anderen Weltgegenden eingefordert werden, ohne in den Westen reisen zu müssen. Wir könnten an politischen Prozessen teilhaben, die zwar weit weg von uns stattfinden, uns aber dennoch betreffen: Wenn die Demokratie den Wählerinnen und Wählern eine gewisse Kontrolle über ihre eigenen Lebensumstände geben soll, müsste eine US-Wahl dann nicht die meisten Menschen auf der Erde einbeziehen? Wie sähe der politische Diskurs in Amerika aus, wenn er auch Wähler im Irak oder in Afghanistan befriedigen müsste?"

Magazinrundschau vom 20.03.2018 - Guardian

Der Glaube an den unvermeidlichen Fortschritt basiert in den USA auf dem Markt, in Europa auf der Nation, in der Sowjetunion auf revolutionärer Technologie. Im Russland des Wladimir Putin gibt es diesen Glauben nicht, schreibt der amerikanische Historiker Timothy Snyder: Putin hat die Maskulinität gegen die Demokratie in Stellung gebracht, und die Politik der Unvermeidlichkeit durch eine Politik der Ewigkeit ersetzt: "In der Politik der Ewigkeit gibt es keine gerade Linie in die Zukunft mehr, sondern nur einen Zirkel, der ohne Unterlass dieselben Bedrohungen aus der Vergangenheit wiederbringt. In der Politik der Unvermeidlichkeit ist niemand verantwortlich, denn kleine Abweichungen werden sich zum Wohle des Ganzen aussortieren. In der Politik der Ewigkeit ist niemand verantwortlich, denn der Feind kehrt zurück, egal was wir tun. Politiker der Ewigkeit verbreiten die Überzeugung, dass die Regierung einer Gesellschaft als Ganzes nicht helfen, sondern nur gegen Bedrohungen schützen kann. Fortschritt wird ersetzt durch Unheil. Sind sie erst einmal an der Macht, fabrizieren sich Ewigkeitspolitiker ihre Krisen und manipulieren die daraus resultierenden Emotionen. Um von ihrer Unfähigkeit zur Reform oder ihrer Unwilligkeit abzulenken, halten sie ihre Bürger permanent zwischen Jubel und Empörung, sie ertränken die Zukunft in Gegenwart. In der Außenpolitik machen Ewigkeitspolitiker die Errungenschaften anderer Länder, die ihren eigenen Bürger als Vorbild erscheinen könnten, verächtlich. Sie benutzen Technologie zur Verbreitung ihrer politischen Fiktion im In- und Ausland, glauben nicht an Wahrheit und reduzieren das Leben auf Spektakel und Emotion."

Den Willen zur Wiederherstellung verlorener Maskulinität sieht auch Pankaj Mishra weltweit im Zentrum gegenwärtiger Krisen: "Die Sehnsucht nach Männlichkeit kontaminiert Politik und Kultur im 21. Jahrhundert in der ganzen Welt. Der rapide Wandel in Wirtschaft, Gesellschaft und Technologie stürzt eine exponentiell wachsende Zahl  entwurzelter und verwirrter Männer in eine unheilvolle Suche nach männlichen Gewissenheiten."

Magazinrundschau vom 06.03.2018 - Guardian

Kann es sein, dass das britische Establishment am Ende ist? Dass die noble Herkunft nicht mehr automatisch über Oxbridge an die Spitzen von Staat und Wirtschaft führt? Aeron Davis sieht das so, fürchtet allerdings, dass an die Stelle des alten Establishments kein neues tritt, sondern nur noch eine inkonsistente Elite aus Reichen und Mächtigen: "Die automatische Verbindung von exklusiver Ausbildung, Tradition, Status, Macht und Geld, die einst das Establishment ausmachte, gibt es nicht mehr. Heute ist ein viel kleinerer Teil über die Clarendon-Oxbridge-Schiene an die Macht gekommen. Exklusive Londoner Clubs leeren sich oder - schlimmer noch für die Eliten - erlauben jetzt Frauen, Ausländern und Menschen aus niederen Schichten die Mitgliedschaft. Die Angehörigen der Aristokratie, die einst großzügig über die Vorstände von öffentlichen Institutionen und Unternehmen gleichermaßen verteilt waren, sind nicht mehr zu sehen. Mit der zerbrochenen Verbindung durch die gemeinsame Kultur und Bildung sind auch die alten Werte des alten Establishments verschwunden. Es lässt sich nachlesen, dass der Staatsdienst einst eine ehrenvolle Aufgabe für die Elite war. Wie George Orwell 1941 notierte, glaubte die Upperclass, egal wie nutzlos sie war, an den Dienst für die Nation: 'Mit ihrer Bereitschaft, sich selbst töten zu lassen, hat Englands herrschende Klasse immer gezeigt, dass sie einigermaßen anständig ist.' Solch Pflichtgefühl und Selbstopfer gibt es in der neuen Elite definitiv nicht. Statt dessen kreisen ihre Werte um persönliche Bereicherung, Individualismus, aufgeklärtes Eigeninteresse und die Reverenz an die 'Schöpfer des Wohlstands'. Aber solche Normen sind die Antithese zu jedem Gefühl von einem gemeinsamen, kollektiven Interesse. Eigennütziger Individualismus und das Überleben der Angepassten sind keine gute Basis, um eine Gruppe zusammenzuhalten, auch nicht die Elite."

Magazinrundschau vom 27.02.2018 - Guardian

Tobias Jones rekapituliert den beängstigenden, hierzulande wenig beachteten Aufstieg der Neofaschisten in Italien, die vor allem durch den früheren Bandleader und Kneipenwirt Gianluca Iannone für den italienischen Mainstream anschlussfähig wurden. Ihr Name CasaPound ist Reverenz an den amerikanischen Schriftsteller und Duce-Bewunderer Ezra Pound und klingt eher nach einem Kulturinstitut als nach einem Schlägertrupp: "In einem Land, in dem Stil und Pose ganz oben stehen, war CasaPound Faschismus für Hipster. Es gab Berichte über Gewalt, aber die machten das Ganze vor allem für Männer, die sich ziellos, an den Rand gedrängt und in ihrer Männlichkeit bedroht fühlen, nur noch attraktiver. Sie kamen in Scharen, um ihre 15 Euro Mitgliedsbeitrag zu zahlen. Anfang der Nuller Jahre war es für Mainstream-Politiker kein Tabu mehr, in warmen Worten von Mussolini zu sprechen: Bewunderer des Duce waren Minister geworden und mehrere faschistische Splitterparteien gewannen an Stärke: Forza Nuova, Fronte Sociale Nazionale und verschiedene Skinhead-Gruppen. Aber während die meisten Faschisten aussahen wie Wiedergänger der dreißiger Jahre aussahen, konzentrierte sich CasaPound auf zeitgenössische Themen und dachte sich kreative Kampagnen aus: 2006 hängten sie 400 Schaufensterpuppen in ganz Rom auf, um gegen die Wohnungsnot zu protestieren. 2012 besetzten CasaPound-Anhänger die Büros der EU in Rom und warfen Kohlesäcke aus dem Fenster, um die Belange italienischer Bergarbeiter zu unterstützen. Einige ihrer Positionen überraschen auf den ersten Blick: Sie sind, natürlich, gegen Einwanderung, aber aus dem angeblich 'progressiven' Grund, dass die Ausbeutung der migrantischen Arbeiter eine Rückkehr zur Sklaverei bedeutet."

Vor den Wahlen blickt auch Thomas Jones in der London Review of Books auf Italiens sich in Auflösung befindliche Parteienlandschaft.

Magazinrundschau vom 20.02.2018 - Guardian

In Algerien ist eine verlorene Generation herangewachsen, Männer zwischen zwanzig und dreißig, ohne Arbeit, Bildung, Familie, ohne eine Rolle in der Gesellschaft. Ihr neuester Sport ist der Widderkampf, wie Hannah Rae Armstrong berichtet, die Regierung toleriert dieses eigentlich verbotene Spektakel, in der Hoffnung, dass die jungen Männer dabei vielleicht Aggressionen ablassen: "Professionelle Trainer bauen ihre Widder auf, indem sie deren Hörner an eine Wand ketten. Wenn sie sich drehen und wenden, um sich zu befreien, stärkt der Widerstand ihre sehnigen Nacken. Anders als beim Hahnenkampf wird beim Widderkampf kein Geld gesetzt, der Handel auf dem Markt verheißt jedoch ein lukratives Geschäft. Jeder Kampf erhöht den Wert des Siegers und verurteilt den Verlierer zum Schlachthaus. Ein Champion kann bis zu 10.000 Dollar einbringen - auch wenn die meisten Trainer lieber den Ruhm als das Geld einstreichen. Die Schafe bekommen Namen, die Furcht einjagen sollen, wie Rambo, Jaws oder Lawyer. In der dritten Runde eines Matches bescherte Hitler kürzlich Saddam eine brutale Niederlage."

Mark O'Connell verfolgt, wie sich unter Amerikas Plutokraten ein neues apokalyptisches Denken breit gemacht hat. Der notorische Milliardär Peter Thiel etwa hat sich bereits vor einigen Jahren die neuseeländische Staatsbürgerschaft organisiert: "Am Ende werden diejenigen gerettet, die sich die beste Erlösung leisten können. Und Neuseeland, am weitesten weg von allem, ist in dieser Erzählung eine Art Ararat, der Schutz vor der kommenden Flut."

Magazinrundschau vom 12.02.2018 - Guardian

Die Verlagswelt ist zu einer Branche der gehobenen Mittelklasse geworden, die vor allem den Geschmack und die Interessen dieser Klasse bedient, stellt die Schriftstellerin Kit de Waal fest, die selbst als in Birmingham aufgewachsene irisch-karibische Tochter von Zeugen Jehovas nicht gerade privilegiert aufgewachsen ist. In Britannien kommen nur noch zehn Prozent der Schriftsteller und Übersetzer aus der Arbeiterklasse, obwohl wir ihr so grandiose Werke verdanken wie DH Lawrences "Sons and Lovers", Alan Sillitoes "Saturday Night and Sunday Morning" oder Irvine Welshs "Trainspotting". Selbst diese Bücher "zeigen nur einen kleinen Teil der tiefen und vielfältigen Erfahrungen der Arbeiterklasse, der außerdem meist für den urbanen Mittelklasse-Leser zurechtgeschnitten ist. Als ich veröffentlicht werden wollte, merkte ich sehr schnell, dass jeder, der im Verlagsgeschäft etwas bedeutete, etliche Stunden Autofahrt entfernt war. Ich kaufte mir das 'Autoren- und Künstlerjahrbuch', um einen Agenten zu finden: London. Ich stieß auf die Lesung eines meiner Lieblingsautoren: wieder London. Wie wichtig die Stadt für jemanden ist, der veröffentlicht werden will, ist bekannt. Jüngste Untersuchungen der London Scool of Economics zeigen, dass die Konzentration der kreativen Geschäfts in der Hauptstadt die Ungleichheiten im Kultur-Personal verstärkt, und damit auch die Kluft in der literarischen Repräsentation."

Weiteres: Andrew Rice erzählt vom erbitterten Streit um den Bau einer Moschee in New Jersey. Liza Featherstone enthüllt, dass sich Marktforschung nicht einmal bei Fokusgruppen für die wahren Wünsche der Menschen interessiert.

Magazinrundschau vom 06.02.2018 - Guardian

Barbie Latza Nadeau schildert die elenden Bedingungen, unter denen Flüchtlinge in Italien in Prostitution und Drogenhandel gezwungen werden. Vor allem Frauen und Männer aus Nigeria werden bereits in ihrer Heimat von ihren eigenen Familien an Menschenhändler-Ringe verkauft. So wie Joy, die unter Androhung übelster Vergeltung von einer Scharlatanin in die Sklaverei gegeben wurde und jetzt im Auffanglager Cara di Mineo auf Sizilien lebt: "Das Lager ist zu einem gesetzlosen Ort geworden, an dem die Menschen leichte Beute für kriminellen Banden werden. Der Staat finanziert diese Zentren, indem er ihnen für jeden Asylbewerber eine bestimmte Summe gibt, doch vielen von ihnen sparen an Essen und anderer Versorgung, und streichen den Profit ein. Die Laufburschen von Italiens verschiedenen Mafia-Organisationen und nigerianische Gangs rekrutieren Drogenkuriere und Kleinkriminelle unter den gelangweilten jungen Männern, die längst das Leben aufgegeben haben, von dem sie noch bei ihrer Überfahrt träumten. Cara die Mineo ist wie auch das Asylbewerberzentrum Sant Anna auf der Isola Capo Rizzuto in Kalabrien und andere auf dem italienischen Festland zu einem Jagdgrund für Menschenhändler geworden. Sie geben sich selbst als Asylbewerber aus, locken Frauen unter einem Vorwand aus der Unterkunft und liefern sie dann den nigerianischen Frauen aus, welche die Zwangsprostitution kontrollieren. Sie werden unter Androhung von Gewalt zu Sex-Arbeit gezwungen, die meisten von ihnen - wie Joy - in Schrecken versetzt durch einen Fluch, der sie an die Sklaverei kettet."

Weiteres: Der britische Historiker Anthony Beevor meldet das Verbot seines Buchs "Stalingrad" in der Ukraine, wo sich die Regierung an Berichten stört, das auch ukrainische SS-Männer in Massaker an der jüdischen Bevölkerung involviert waren. Emma Brockes porträtiert den schwulen, schwarzen Theaterkritiker Hilton Als.