Magazinrundschau - Archiv

Figyelö

2 Presseschau-Absätze

Magazinrundschau vom 11.09.2007 - Figyelö

Abgesehen von einigen Spitzenmarken hat der ungarische Wein viele ungenießbare Weine aufzubieten; was fehlt, ist eine breite Mittelklasse. Und genauso, stellt Imre Tompa fest, verhält es sich mit der ungarischen Gesellschaft: "Jede vernünftige Gesellschaft hat einen Mittelstand. Bei uns bildeten vor dem Zweiten Weltkrieg die Möchtegern-Aristokraten und Beamte, während des Kommunismus die unterdrückten Intellektuellen und nach der Wende erschöpfte und/oder Steuern hinterziehende Kleinunternehmer den sogenannten Mittelstand. Die Mittelschicht von heute ist sehr heterogen: erfolgreiche Unternehmer, die gut gebildete und kosmopolitische junge Generation, die für die postsozialistischen Länder typischen, immer vom Staat abhängigen Quasi-Bürger, die sich nicht ändern wollenden, angesichts des Kapitals immer noch errötenden Intellektuellen und die heruntergekommenen Nachfahren des ehemaligen Kleinadels gehören heute zum Mittelstand. Der Antisemitismus und andere Hirngespinste der letzteren gibt diesem schlechten Cuvee einen ekelhaften Beigeschmack. Ganz unten brodelt unidentifizerbarer dunkler Saft.?
Stichwörter: Mittelschicht, Mittelklasse

Magazinrundschau vom 24.07.2007 - Figyelö

Im Mai wurde in Budapest eine junge Frau von zwei Polizisten vergewaltigt, im Juni die Enthüllungsjournalistin Iren Karman brutal zusammengeschlagen, letztes Jahr die Studentin Hedvig Malina in der Slowakei verprügelt, weil sie auf der Straße auf Ungarisch telefonierte. In allen drei Fällen behaupteten die Medien prompt, die Frauen hätten den Anschlag selbst inszeniert, um in die Schlagzeilen zu kommen. Hajnalka Cseke befragte mehrere Experten dazu: "Die Medien missachteten die ethischen Grundsätze ihrer Branche - Opferschutz, Schutz der Unschuldigen -, als sie die Opfer in aller Öffentlichkeit bloßstellten, obwohl diesem Übel nachträglich kaum abgeholfen werden kann, sagt der Medienforscher Peter Zsolt. Die Presse sprach das Verdikt aus, bevor die dazu nötigen Informationen vorhanden waren. Dadurch brachte sie sich selbst um alles Ansehen... Die Kontrolle der Presse wäre in Fällen besonders wünschenswert, wenn Polizisten selbst die Täter sind, weil zu befürchten steht, dass die Polizei die Ermittlungen gegen sich selbst nicht objektiv führt, meint der Soziologe Zoltan Fleck. Mehrere Opfer solcher Zwischenfälle sagten, dass die Ermittler den Fall zu vertuschen versuchten, um die Ehre ihrer Kollegen zu retten."
Stichwörter: Slowakei