Magazinrundschau

Eine coole schwarze Eleganz

Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag Mittag
06.06.2023. Der New Yorker erwägt die Kosten einer exakten Lilaschattierung von Thanos. Und fragt, was Musiker heute für Geld tun können, bevor sie als uncool gelten. In der London Review erzählt John Lahr, wie Sidney Pollack den Lachs in ihm weckte. Hakai stellt die ukrainische Walforscherin Olga Shpak vor. Die Public Domain Review erinnert an den schwarzen argentinischen Dandy Raúl Grigera. In Eurozine denkt Kenan Malik über kulturelle Aneignung nach. La vie des idees stolpert auf der Insel Mayotte über Tausende Kinder ohne Eltern.

New Yorker (USA), 05.06.2023

Die Filmindustrie Hollywoods könnte vom Marvel-Universum einfach verschluckt werden, befürchtet Michael Schulman: Die Superheldenfilme, die alle im selben Universum spielen und stetig aufeinander verweisen, erscheinen in so rascher Folge, dass Besetzungen und Kamera- und Technikteams quasi im Dauereinsatz sind und kaum für andere Projekte zur Verfügung stehen. Der Druck, immer neuen Content zu produzieren, macht vielleicht auch Probleme der Industrie insgesamt offenbar und "trägt zu der Wahrnehmung bei, dass Marvel mehr Filme ausspuckt, als dem Unternehmen gut tut. Ein einzelner Film kann bis zu dreitausend Aufnahmen viseueller Effekte enthalten, und Marvels Strategie, Regisseure von Sitcoms oder Independent-Produktionen abzuwerben, sorgt dafür, dass die Verantwortlichen wenig Erfahrung mit Action-Szenen haben. In den vergangenen Jahren hat es Berichte um Burnout und Unzufriedenheit aus der Visual Effect-Industrie gegeben. Marvel als größter Kunde ist als knauserig verschrien, sodass sich die verschiedenen Firmen unterbieten, um Aufträge zu bekommen. Das führt zu unterbesetzten und unterfinanzierten Projekten. Effektkünstler wurden während ihrer Achtzig-Stunden-Wochen weinend an ihren Schreibtischen gesichtet, von Marvels unverrückbaren Deadlines gemartert, Last-Minute-Änderungen und Entscheidungen, die von zu vielen darin herumrührenden Köchen verdorben werden, zum Beispiel über die exakte Lila-Schattierung, die den Antihelden Thanos auszeichnen soll."

Um Geld geht's auch in diesem Artikel aus dem letzten Heft: Es gab mal eine Zeit, da galt es als Ausverkauf, wenn ein erfolgreicher Popmusiker sich für Firmenevents verkaufte. Lange her das. Heute soll Jennifer Lopez zehn Millionen Dollar einsacken, wenn sie ein Geburtstagsständchen für den turkmenischen Diktator Gurbanguly Berdimuhamedow bringt, Nicki Minaj singt für zwei Millionen für einen Konzern, der Angolas Diktator nahesteht, Beyonce kassierte angeblich satte 24 Millionen für ein Konzert in Dubai, aber auch alte Hasen wie Rod Stewart, Paul McCartney und Elton John geben Konzerte für zahlungskräftige Privatkunden, berichtet Evan Osnos. Er hat dafür Verständnis: Man wird ja nicht Musiker, um vor einem winzigen Publikum zu spielen und seine Miete nicht zahlen zu können, denkt er sich. Und: "Man muss kein Musiker sein, um sich zu fragen, ob Musiker in einer Zeit, in der Maler ihre Werke ungeniert an Barone des Insiderhandels verkaufen, in der ehemalige Präsidenten (und Beinahe-Präsidenten) Hunderttausende von Dollar für Reden an der Wall Street erhalten und in der College-Sportler ihr Konterfei an den Höchstbietenden lizenzieren, nicht einem unfairen Standard unterliegen. Nennen Sie es eine 'Evolution in der Kultur', sagte mir ein bekannter Musikproduzent. Er entschuldigte sich im Voraus dafür, Donald Trump zitiert zu haben, und sagte dann: 'Schauen Sie sich an, wen fast die Hälfte des Landes 2016 gewählt hat: einen Mann, der sie als Verlierer abstempeln würde, wenn Sie weniger verlangen, als Sie können, weil Sie Skrupel haben, etwa ausschließlich für die Elite zu spielen. Und erstaunlich viele Leute würden ihm zustimmen." Aber auch die Musikhörer haben sich verändert, lernt der Reporter vom Musikmanager Viecelli, der ihm erklärt: "'Ein Jugendlicher kann einen Song vorwärts und rückwärts kennen, ihn den ganzen Sommer lang rauf und runter hören, ohne überhaupt den Namen des Künstlers zu kennen. Sie surfen einfach auf der Welle dessen, was gerade angesagt ist', sagte er mir. 'Die Wahrheit ist, dass junge Künstler, selbst, wenn sie erfolgreich sind, zwei bis vier Jahre Erfolg haben. Vielleicht. Und das heißt, dass sie alles monetarisieren wollen und müssen, so schnell und krass es geht.'"
Archiv: New Yorker

Newlines Magazine (USA), 31.05.2023

Auch jenseits restriktiver Gesetzgebungen wie in Polen wird es für Frauen in Europa immer schwieriger abzutreiben, berichtet Jessica Bateman in einem instruktiven Hintergrundartikel. Immer mehr Ärzte berufen sich auf Gewissenskauseln, um keine Abtreibungen vorzunehmen. Hinzukommt: "In Deutschland werden 420 Krankenhäuser - fast ein Viertel aller Krankenhäuser des Landes - von katholischen Organisationen betrieben, was bedeutet, dass für ganze Einrichtungen ein generelles Verbot von Abtreibungen gilt, auch wenn die einzelnen Ärzte selbst nicht religiös sind." Gerade die Kirchen machen Druck auf die Ärzte, so Bateman: "Im Jahr 2016 sprach Papst Franziskus von der 'moralischen Pflicht' der Beschäftigten im Gesundheitswesen, Abtreibungen zu verweigern. Die italienische Bischofskonferenz sprach sich 2017 gegen ein Krankenhaus aus, das eine Stellenanzeige für Gynäkologen, die sich nicht weigern, veröffentlicht hatte, und erklärte, dies 'verzerrt die Struktur des... Gesetzes, das nicht darauf abzielt, Abtreibungen zu veranlassen, sondern sie zu verhindern'... In Rumänien, wo das orthodoxe Christentum die vorherrschende Religion ist, veröffentlichte die Anti-Abtreibungsgruppe Pro Vita 2015 einen Leitfaden, in dem sie 'das gesamte medizinische Korps, insbesondere die Gynäkologen, auffordert, auf die barbarische Praxis der Abtreibung' zu verzichten und ihr 'Recht auf moralische Ablehnung zu nutzen'."

La vie des idees (Frankreich), 27.05.2023

Das Gespräch zwischen Ivan Jablonka und dem Architekten Cyrille Hanappe bietet interessante Informationen darüber, mit welchen Problemen sich der französische Zentralstaat sonst noch so herumschlagen muss. Hanappe versucht, die Wohnsituation in den Slums von Mayotte zu verbessern. Die Insel Mayotte ist heute ein Übersee-Departement Frankreichs, gilt also als integraler Bestandteil des französischen Territoriums, gehört aber geografisch zum Komoren-Archipel, das seit 1975 unabhängig ist. Die Insel ist flächenmäßig halb so groß wie Hamburg, mit 250.000 Einwohnern, und ist historisch wie der ganze Raum des indischen Ozeans auch geprägt vom arabischen Sklavenhandel. Die Bewohner wollten nach einem Referendum explizit zu Frankreich gehören. Das Problem: Die Beziehungen zu den anderen Komoren-Inseln sind nach wie vor sehr eng. Es gibt viele illegale Immigrantinnen aus den Nachbarinseln - ja, Immigrantinnen, insistiert Hanappe, denn es handelt sich meist um Zweitfrauen, die sich die Männer vor allem von der Insel Anjouan holen. Deren Kinder wiederum sind Franzosen, wie jedes Kind, das auf französischen Boden geboren wird. Die Mütter werden nicht selten wieder ausgewiesen, was zu einem sehr spezifischen Problem mit den Kindern führt: "Während die Abschiebungspolitik unvermindert fortgesetzt wird, werden Tausende Kinder ohne Eltern auf die Straße gesetzt. Man spricht mittlerweile von Kinderdörfern, die in den Wäldern entstanden sind und nur Diebstahl und Raub als Überlebenstechniken haben. Die Sicherheitslage hat sich derart verschlechtert, dass es gefährlich geworden ist, nach Einbruch der Dunkelheit auf die Straße zu gehen, da die Gefahr besteht, auf eine gewalttätigen Straßensperre zu treffen, die von jungen nomadisierenden Männern errichtet wurde. Diese Situation der Spannung und Angst wird durch die sozialen Netzwerke noch verschärft, die alle live über jede noch so kleine Begebenheit auf der Insel informieren."

Elet es Irodalom (Ungarn), 02.06.2023

Vor kurzem erschien der achte Roman des Schriftstellers István Kerékgyártó (mit dem Titel "Fecske Milán" - Milan Schwalbe). Kerékgyártó greift hier auf das Genre des aus Spanien stammenden Schelmenromans zurück. Im Interview mit Zsolt Kácsor spricht er über seine Helden und die des Genres. "In diesem Buch zeige ich unsere sich schnell verändernde Welt aus der Sicht von unten. Es gibt praktisch keinen 'intellektuellen Protagonisten' im Roman. (...) Ich glaube, dass ein gebildeter Mensch sein Schicksal mehr oder weniger begreift. Er weiß, warum er so lebt, warum das gut oder weniger gut ist, und wie er in Wirklichkeit gerne leben würde. Im Gegensatz zur Mehrzahl meiner Helden, die überhaupt nicht verstehen, was mit ihnen passiert. Sie sehen keine Zusammenhänge zwischen dem eigenen Leben, dem eigenen Alkoholismus, der eigenen Machtlosigkeit und den Entscheidungen und dem Benehmen 'der da oben'. Das ist so, das war so und es wird immer so sein, denken sie. Die 'Anzugmenschen' verbocken unsere Welt, dagegen können wir nichts unternehmen, darum beschäftigen wir uns damit auch nicht. (…) Es gibt beim Schelmenroman nie die Erwartung einer Revolte gegen die Gesellschaft. Es geht vielmehr darum, dass der sarkastische Held die Rückseiten der Medaille dieser Welt zeigt, dass er versucht, sich anzupassen, während er sie auslacht."

Eurozine (Österreich), 06.06.2023

Eurozine veröffentlicht ein Kapitel aus Kenan Maliks neuem Buch "Not So Black and White" vorab - der Autor gehört in Britannien bekanntlich zu den wenigen, die "woke" Positionen aus einer klassisch linken Perspektive kritisieren. Er setzt sich zunächst mit Derrick Bell auseinander, der zu den Begründern der "pessimistischen" Schule schwarzer Intellektueller gehört und Autoren wie Ta-Nehisi Coates und Ibram X. Kendi beeinflusst. Der Critical Race Theory, kritisiert Malik, geht es nicht um die Verbesserung des Lebens rassistisch Ausgegrenzter, sondern um die Einrichtung von Schutzzonen, in denen ihre Vertreter als Gate Keeper über deren wunde Seelen wachen. Auch den Begriff der "kulturellen Aneignung" kritisiert Malik aus dieser Warte. Das Problem sei nicht eigentlich, dass sich die Beatles musikalische Ideen von Blind Willie aneigneten, das Problem war, dass Blind Willie immer noch als Fahrstuhlführer unterwegs war, während die Beatles Erfolge feierten und stinkreich wurden, findet er mit dem Autor Amiri Baraka. "Baraka betont den Unterschied zwischen Kampagnen, die die materiellen Bedingungen von Afroamerikanern verändern wollen, und Kampagnen für 'Anerkennung' oder für die Einhegung von 'Rassen'-Grenzen. Die Kampagnen gegen kulturelle Aneignung machen deutlich, wie das erste zugunsten des zweiten aufgegeben wurde. Die Beatles daran zu hindern, auf das Werk von Blind Willie Johnson zurückzugreifen, hätte das Leben der Schwarzen kaum verbessert. Es hätte die Jim-Crow-Gesetze in den 1950er Jahren nicht zu Fall gebracht. Es würde Amerika auch heute nicht von der Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt befreien."
Archiv: Eurozine

Public Domain Review (UK), 31.05.2023

Coole schwarze Eleganz: Raúl Grigera, ca 1910. (Quelle: Archivo General de la Nación Argentina) 

Paulina L. Alberto staunt über die Geschichte von Raúl Grigera: Als "el negro Raúl" stieg er im Buenos Aires des frühen 20. Jahrhunderts mit seinem dandyhaften Auftreten zur lokalen Berühmtheit auf. Schwarze stellten seinerzeit etwa ein Drittel der Bevölkerung der argentinischen Metropole. Von einem Medienphänomen wurde er bald zu einer Art folkloristisch-mythischen Figur - bis er in Armut verstarb und fast in Vergessenheit geriet. Seine Geschichte erzählen heute nur noch Konvolute grauer Literatur, deren digitalisierten Bestände sich im Volltext durchsuchen lassen - erzählt werden diese oft voneinander abgeschriebenen Geschichten von Weißen, die darin übereinstimmen, dass sich Grigera willentlich zum Gespött machte, um Anschluss an weiße Kreise zu finden. Damit will sich Alberto nicht zufrieden geben: "In keiner überlieferten Quelle spricht Raúl direkt über den Selbstentwurf, die Gesellschaft oder Welt, die er zu bewohnen oder zu schaffen hoffte. Aber die wenigen Fotos, für die er Model stand, und seine bewussten Entscheidungen in seinem Erscheinungsbild legen doch Zeugnis, vielleicht sogar eine Theorie über schwarze Maskulinität und Bürgerschaft ab, vermittelt in einer 'Sprache aus Kleidung, Image und Sichtbarkeit'. Trotz der Versuche späterer Geschichtenerzähler, Raúl als gescheiterten 'Dandy zweiter Hand' oder 'indisch angepinselten Brummel' (in Anspielung auf den ikonischen englischen Dandy George 'Beau' Brummell) darzustellen, erzählen frühere Texte von seinem Erfolg, eine beeindruckende Figur zu werden - und das Studioporträt, für das er Modell stand, unterstreicht diesen Aspekt ziemlich stark. Raúls Fähigkeit, mit den Mitteln, die ihm zur Verfügung standen (auch oder gerade weil sie zweiter Hand waren), eine coole schwarze Eleganz zu verkörpern, war ein kreativer Akt des Dandyismus. Es ging ihm nicht bloß um den Versuch, Leute aus den höheren Schichten zu imitieren, einen Gentleman darzustellen oder weiße Privilegien für sich zu beanspruchen. Stattdessen entwickelte er einen Stil und eine Selbstpräsentation, um eine neue Art von 'negro' zu erfinden. In einer Stadt, in der 'ein schwarzer Gentleman' oder 'ein schwarzer Dandy' undenkbare Widersprüche in sich darstellten und in der schwarze Männer in feiner Garderobe entweder als livrierte Diener oder absurde, deplatzierte Emporkömmlinge galten, zwang Raúl die weißen Porteños dazu, sich mit einem flamboyanten Schwarzen auseinanderzusetzen, der Stil zu einem Feature seiner ganz eigenen Marke erhob."

Hakai (Kanada), 31.05.2023

Jackie Flynn Mogensen porträtiert die ukrainische Walforscherin und Umweltschützerin Olga Shpak, die vor dem Ukrainekrieg in Russland an maßgeblichen Forschungsprojekten in ihrem Gebiet arbeitete und buchstäblich am Vorabend der russischen Invasion in ihr Heimatland floh, wo sie heute an der Front mitanpackt. Sie "ist eine von tausenden von Forschenden, deren Lebenswerk durch den Krieg ins Schwanken geraten ist, da sie und ihre Kollegen dazu gezwungen waren, die Region zur verlassen oder zu bleiben und zu kämpfen. Internationale Kooperationen mit russischen Institutionen stehen still, Wissenschaftler auf der ganzen Welt haben ihre Projekte verlassen oder modifiziert, Tagungen abgesagt, notwendige Unterstützungen aufgegeben oder ihre Finanzierung verloren. ... Wie der Krieg die arktische Forschung erdrückt hat, erregt besonders Sorge. Russland kontrolliert etwa die Hälfte der Küstenlinie des arktischen Ozeans, wobei etwa zwei Drittel des Landes auf kohlenstoffreichem Permafrost liegt. Dies macht das Land zu einem der einflussreichsten Player der Welt, was das Klima betrifft. Auch erwärmt sich die Arktis derzeit bis zu viermal so schnell wie der Rest der Welt, was nicht nur die Leute, Pflanzen und Tiere vor Ort bedroht, sondern auch den restlichen Planeten. ... Kurz gesagt: Es gibt nur wenige Orte auf der Erde, von Wissenschaftlern mehr Hilfe benötigen als die Arktis. Und der Krieg hat deren Forschung verkümmern lassen. 'Es ist herzzerreißend', sagt Anne Husebekk, Expertin für Wissenschaftsdiplomatie und Professorin an der Arctic University of Norway, wo sie einem Komitee des Internationalen Wissenschaftsrats für akademische Freiheit vorsitzt. In der Ukraine, sagt sie, 'müssen nicht nur Forscher als Soldaten im Krieg kämpfen, weil sie nicht bleiben können, sondern die Infrastruktur ist komplett zerstört. Die Universitäten funktionieren nicht mehr.'"
Archiv: Hakai

London Review of Books (UK), 06.06.2023

In seinem ziemlich lustigen Text erzählt John Lahr, wie er 1973 nach Hollywood kam, um aus seinem ersten Roman ein Drehbuch zu machen. Sidney Pollack nahm ihm die Illusion: "Ich mochte Pollack. Er konnte protzen. Er hörte auf den Spitznamen 'King P' und sah aus wie ein Hollywood-Star. Zu unserer ersten Sitzung in der Mabery Road fuhr er im roten Ferrari vor, den ihm angeblich Warner Brothers gerade geschenkt hatte. Er trug blaue Jeans und ein Jeanshemd, das bis zum dritten Knopf geöffnet war. Er war muskulös, unverschämt und brillant... 'Ich denke, dass wir etwas Gutes zustande bringen werden', sagte er am Ende der Woche, und da war ich schon in seinem Bann. Das ist das Ding bei Trickbetrügern: Sie geben dir Selbstvertrauen. Ein paar Wochen später, als wir am Strand von Malibu spazieren gingen und darüber nachdachten, wie wir das Studio am besten für unser Drehbuch begeistern könnten, sagte Pollack: 'Vielleicht sollten wir aus dem Roman einen Bestseller machen'. Wie man das schaffte? Man müsse dafür einfach nur alle Exemplare aus den Buchhandlungen aufkaufen, deren Verkäufe von der New York Times gemessen werden. Ich fragte, was mit den Büchern geschehen würde. Pollack zuckte mit den Schultern. 'Eingelagert, schätze ich. Oder verbrannt.' Habe ich mich gesträubt? Empörung gezeigt? Ich würde es gerne sagen können, aber das habe ich nicht. Glück, sagt man, ist das, was passiert, wenn Vorbereitung auf Gelegenheit trifft. Und das war meine große Chance: ein 'kreativer Deal', ein knackiges Drehbuch, ein hochkarätiger Regisseur, grünes Licht am Horizont. In Hollywood wurde jeder zum Spieler. Das Aufregendste war, eine Wette zu gewinnen; das Zweitaufregendste war, sie zu verlieren. Der Lachs in mir schwamm stromaufwärts. Ich war high vor Verheißung, Hollywoods besonderem Element. Es war aufregend. Es war anstrengend. Es war berauschend. An dem Tag, an dem King P. mir gebunden unseren ersten Entwurf übergab, auf dessen rotem Umschlag nur der Titel des Romans und das Logo von 20th Century Fox zu sehen waren, teilte er mir eine weitere Neuigkeit mit. Sein Vertrag sei ein 'Entwicklungsvertrag'. Jetzt, da er seine Verpflichtung erfüllt und dabei 50.000 Dollar verdient hatte, wollte er 'The Yakuza' verfilmen. In meiner naiven Vorstellung waren King P und ich ein Team gewesen, eine Art künstlerische Ehe. Aber wir waren in Hollywood. Er schlief nur herum und wurde dafür bezahlt."

Weiteres: Krys Lee erinnert daran, dass die globale Verbreitung von K-Pop in Korea eine nationale Aufgabe ist, schreibt seinen Erfolg aber vor allem der Verbindung von Kultur und digitalen Netzwerken zu. Adéwálé Májà-Pearce wundert sich in einem leider nur kurzen Text, welch geringe Rolle der Biafra-Konflikt in Nigeria noch spielt, deutet es am Ende aber auch positiv, dass sich die Grenzen zwischen den verschiedenen Ethnien des Landes auflösen. Gaby Wood bewundert Lucian Freud auch für seine Radierungen.