08.10.2009. And the winner is... Herta Müller! Wahnsinn!!! Wir suchen Links und aktuelle Informationen.
Herta Müller bekommt den
Literaturnobelpreis des Jahres 2009. Die Jury der Schwedischen Akademie
ehrt die 56-jährige Rumänien-Deutsche als Schriftstellerin, "die mittels Verdichtung der Poesie und Sachlichkeit der Prosa Landschaften der Heimatlosigkeit zeichnet".
Damit geht der Literaturnobelpreis zum dritten Mal innerhalb von 10 Jahren an einen deutschsprachigen Autor: 1999 wurde er an
Günter Grass verliehen und 2004 an
Elfriede Jelinek.
Die
netzeitung meldet, dass der Hanser-Verlag für den späten Nachmittag eine Pressekonferenz mit Herta Müller in Aussicht stellt. Müllers Lektor Wolfgang Matz bei Hanser ist
laut Börsenblatt einfach "platt".
Für ihren letzten
Roman "Atemschaukel" (
Vorgeblättert) war sie im Jahr 2006 zusammen mit
Oskar Pastior und
Ernest Wichner in die Ukraine gefahren, um das Lager zu suchen, in dem Pastior nach den Krieg als Rumäniendeutscher interniert war. An sich wollte sie das Buch zusammen mit Pastior schreiben. Müller
sagte dazu in der
FR: "Als Oskar Pastior 2006 so plötzlich starb, hatte ich vier Hefte voller handschriftlicher Notizen, dazu Textentwürfe für einige Kapitel. [...] Erst nach einem Jahr konnte ich mich durchringen,
das Wir zu verabschieden und allein einen Roman zu schreiben. Doch ohne Oskar Pastiors Details aus dem Lageralltag hätte ich es nicht gekonnt."
Am
Dickinson College in Carlisle
führte 1996
Wolfgang Müller ein Gespräch mit Herta Müller, die zu dem Zeitpunkt "Writer in Residence" dort war. Herta Müller sprach unter anderem über die Aufgabe von
Literatur in Diktaturen: "Die ganze Beziehung in Diktaturen zur Literatur ist ja eine völlig andere als in einer demokratischen Gesellschaft, weil ja Literatur alle Sachen übernimmt, die in der Gesellschaft nicht erlaubt sind. Wo es keine Öffentlichkeit gibt in der Presse, im Rundfunk, im Fernsehen, also in den Medien insgesamt, in den Büchern oder in den Theatern, im freien Reden auf der Straße und im Umgang mit Leuten, wo es keine Gerichte gibt und kein Gesetz respektiert wird, übernimmt die Literatur
unendlich viele Funktionen, die eigentlich der Literatur fremd sind. Und vielleicht doch auch unter diesen Umständen wieder nicht. Weil, sie leistet das ja ein bißchen. Natürlich eingeschränkt, verzerrt. Und sie kann natürlich die äußeren Zustände nicht ersetzen oder die Freiheit im Äußern, aber ich glaube, sie schafft es doch, die Macht ein wenig zu kontrollieren."
Im
Börsenblatt hat Irene Binal ein
langes Porträt über Müller geschrieben.
Arte hat auf seiner Website sowohl einen
Text von Herta Müller über die Entstehung des Romans "Atemschaukel" als auch ein
Gespräch zwischen Ernest Wichner und der Autorin auf der Leipziger Buchmesse 2007. Bei
Lyrikline kann man
Herta Müller selbst hören, wie sie einige Gedichte vorträgt.
1984
schrieb F.C. Delius über Müllers Prosaband "Niederungen": "Ein mitreißendes literarisches Meisterstück, das zugleich einen weißgrauen Fleck auf der Landkarte erschließt. Herta Müller zieht den Schleier von einer deutschen Enklave, und sie braucht dabei weder auf die Geschichte (von Karl VI. und
Maria Theresia bis zur
Waffen-SS und den Deportationen) einzugehen noch auf die gegenwärtige Politik Ceaucescus, unter der auch sie schikaniert wird. Mit ihrer Beobachtungsfähigkeit und ihrer Sprache setzt sie eigene Maßstäbe. (...) Sie fängt die Blicke auf, die Gesten, die Bewegungen, die Ängste und Phantasien der Kinder und konfrontiert sie mit dem Verhalten der Erwachsenen. Herta Müller schreibt, als erwache sie - in einem
Reich der Grausamkeit. Denn das deutsche Dorf, es ist, mit einem Wort, die Hölle auf Erden."
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