Im Kino

Ach, Hund. Ach, Bart.

Die Filmkolumne. Von Lukas Foerster, Ekkehard Knörer
25.03.2009. Barry Levinsons Satire "Inside Hollywood" ist reich an Anspielungen, Selbstdarstellern und Stars - und ging in den USA an den Kassen unter. Steve Carrs sympathische Komödie "Der Kaufhaus Cop" mit "King of Queens"-Darsteller Kevin James dagegen war ein Sensationserfolg. Heute treffen sie in deutschen Kinos aufeinander.


Der Hund ist tot, da liegt das Problem in Barry Levinsons "Inside Hollywood"-Film begraben. Beziehungsweise liegt dieser tote Hund tot im Film-im-Film "Fiercely" des britischen Regie-Halbstarken Jeremy Brunell (unausgeschlafen: Michael Wincott). Im Film-im-Film spielt die Hauptrolle: Sean Penn (überzeugend gespielt von: Sean Penn). Am Ende von "Fiercely", das wir am Anfang von "Hollywood Insider" sehen, rollt Sean Penn angeschossen eine Halde hinunter, ein weißer Hund (clever auf Sam Fullers "White Dog" anspielend: ein weißer Hund) nähert sich, ebenso nähern sich die Bösen, die aber mit der Kanone in der Hand. Die Bösen schießen den Hund tot, dass das Blut nur so spritzt. Danach wird Sean Penn abgeknallt und im Test-Screening, mit dem Levinsons Film beginnt, ist das Entsetzen groß. "FUCK YOU" in großen Lettern auf die Bewertungsbögen gesetzt - das ist fast noch einer der freundlicheren Kommentare.

Der Hund ist tot, Hollywoodproduzent Ben (dreitagebärtig: Robert De Niro) hat ein Problem. Der Film, so viel ist klar, wird ein Flop. Besprechung mit der Studiochefin Lou (knallhart: Catherine Keener): der Hund darf nicht sterben. Regisseur Brunell kriegt einen Anfall, dass die Smarties nur so durch die Gegend fliegen. Böse Drohungen, Entzug des Final Cut, der Regisseur wirft Drogen ein, Ergebnis: der Hund lebt und beschlabbert sein totes Herrchen Sean Penn zärtlich. "Fiercely" wird gewiss immer noch ein Flop, darf aber nach Cannes, als Eröffnungsfilm, wo dann alle ihr blaues Wunder erleben. "Thumbs up" aber von Sean Penn, dem Regisseur übrigens und Drehbuchautor von "Into the Wild", den im richtigen Leben "Hollywood Insider"-Autor Art Linson (auf Pressefotos: dreitagebärtig) produziert hat. An den fürs Genre üblichen Verzwicktheiten und realfiktionalen Anspielungen mangelt es dem Film nicht. An Schärfe und Witz und an einer eindeutigen Haltung zum Gegenstand schon.

Darum ist das, was am Ende rauskommt, als Barry-Levinson-Film, eine trotz maximaler Starbesetzung recht müde Angelegenheit, die sich immer wieder auf Nebenschauplätzen verläppert. Eher weinerlich tritt Ben auf im Verhältnis, das er mit seiner zweiten zukünftigen Ex (am falschen Mann: Robin Wright Penn) immer noch hat. Ganz besonders doof ist etwa die Szene beim Therapeuten. (Aber wahrscheinlich aus dem Leben gegriffen.) Noch eine mehr oder minder durchlaufende, trotzdem eher überflüssige Geschichte: Ein Hollywood-Agent hat sich umgebracht. Eher erstaunlich als sonderlich tragisch finden das Kollegen und Freunde. So zynisch geht es zu in der Filmindustrie. Nicht immer ganz geschmackssichere Witze machen Linson & Levinson bei der Gelegenheit über die jüdische Präsenz im Betrieb.



Nicht recht funktionieren will ein anderer rote Faden und running gag des Films: Bruce Willis mit Bart - in Wahrheit war es übrigens, wie Insider wissen, Alec Baldwin, der auf einem Bart insistierte. Der Hund ist tot, der Bart ist dran, das sind die zentralen Probleme des Hollywoodproduzenten. Es ist, zugegeben, ein prächtiger, ein mächtiger Bart, einer, wie ihn der große Indie-Barde und Gelegenheitsschauspieler Will Oldham (s. "Old Joy") so eindrucksvoll trägt. Und dieser Bart soll ab, weil sich mit ihm schlecht identifizieren lässt. "FUCK YOU" sagt der Bart zum Publikum. "FUCK YOU" sagt Bruce Willis (bärtig: Bruce Willis) zu seinem Agenten (am Rand des Nervenzusammenbruchs: John Turturro).

"FUCK YOU" sagt aber "Inside Hollywood" zu gar niemandem. Mit seinem Helden hat er Selbstmitleid, seine Stars nehmen sich, kaum anders als in Ricky Gervais' Serie "Extras", gern und ohne große Image-Nebenwirkungen auf die Schippe. Barry Levinson zeigt - wahrscheinlich, weil ihm auch langweilig war -, immer mal wieder, was er an Jump-Cut-, Montage- und Zeitraffer-Tricks so drauf hat. Es ist schon Betrieb in diesem Film, das Staraufkommen gewaltig. Aber man sitzt davor und denkt nur: Ach, Hund. Ach, Bart. Die Angelegenheit ist missraten, aber auch das noch auf sehr uninteressante Weise.

Ekkehard Knörer

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Paul Blart ist security guard, oder, eine Bezeichnung die er, der zu allem, vor allem aber zu Dingen, die keinen interessieren, eine Meinung und einen "fun fact" parat hat, bevorzugt, security officer in einem großen amerikanischen Einkaufszentrum. Als security officer darf er keine Waffe tragen. Er darf aber so tun, als ob. Dann dreht er sich zur Seite und greift sich mit der Hand hinten an die Hüfte. Leider glaubt kaum einer der so Bedrohten, dass hinter der Drohung etwas steckt. Seine Kollegen haben sich längst mit ihrer faktischen Funktionslosigkeit abgefunden. Paul jedoch denkt nicht daran, es ihnen gleich zu tun und gibt sich alle Mühe, den ihm anvertrauten Neuling Veck Sims in den Aufgabenbereich eines Mall Cops einzuweisen. Aber nicht einmal der Schlichtungsversuch eines Hausfrauenstreits im Kleidergeschäft geht ohne Demütigung Blarts vonstatten.

Wie nicht anders zu erwarten, zahlt sich das Berufsethos des rundlichen, gutmütigen Mannes auf dem Segway Scooter irgendwann dann doch aus. Paul Blarts große Stunde schlägt, als eine skateboardende und BMX fahrende Jugendgang, die bis zu den fantsievollen Frisuren haargenau so aussieht, als sei sie einem Achtziger-Jahre-Gangfilm entsprungen, das Einkaufszentrum überfällt und die Belegschaft als Geisel nimmt. Was folgt, ist eine mäßig komische Slapstickvariation auf "Stirb langsam". Blart ist durch einen Zufall als einziger Sicherheitsbeamte von der Gang übersehen worden und nimmt den Kampf auf. Ein Kampf, der gleichzeitig einer um das Herz der Blondine Amy (Jayma Mays) ist.

Der rundliche, schnauzbärtige, nerdige Paul Blart könnte, das zu vermuten liegt nach dem Überaschungserfolg des Films an den amerikanischen Kinokassen nahe, die Rolle sein, die Kevin James davor bewahrt, auf alle Zeiten der "King of Queens" zu bleiben. Schon parallel zu seiner Sitcom-Karriere hatte der langjährige Stand-up-Comedian erste Gehversuche im Kino unternommen, an der Seite Will Smiths in "Hitch" etwa, oder im Adam-Sandler-Vehikel "I now pronounce You Chuck and Larry". Sandlers Produktionsfirma Happy Madison ist denn auch für James' ersten "eigenen" Film verantwortlich.

Ein zunächst durchaus sympathische Angelegenheit ist "Der Kaufhaus Cop" geworden, weil der Film, wie schon manch andere Produktionen aus der Happy-Madison-Schmiede, ein wenig Distanz hält zu den Mechanismen des eigenen Genres. Diese Distanz ist, auch darin ähnelt James' Streifen zahlreichen Sandler-Filmen, keine ironisch-reflektierte, sondern eine ganz beiläufige, lässige, eine, die das Dargestellte nicht subversiv deuten, sondern mit Lebenswelt anreichern möchte. Die Regeln werden eingehalten, aber das Plotkorsett ist nicht allzu eng geschnürt, es bleibt, gerade in der ersten Hälfte, vor dem Überfall, Platz für Nebenfiguren und -handlungen, die nicht bedingungslos dem Hauptnarrativ untergeordnet werden. Eher geht es darum, ein heterogenes, vielgestaltiges Gesellschaftsbild zu zeichnen.

Nun ist ein sympathischer Film noch kein gelungener. Schon handwerklich stimmt das eine oder andere nicht, beispielsweise weiß das Drehbuch mit der Tochter Blarts wenig anzufangen, schleust sie aber dennoch immer wieder mehr schlecht als recht in den Plot ein. Das eigentliche Problem an Steve Carrs Film ist, dass er als Komödie einfach nicht recht funktionieren möchte. James geht mit seiner doch allzu eindimensional angelegten Rolle wenige Risiken ein. Paul Blarts Losertum ist, abgesehen von einer masochistischen Schlagseite, der der Film viel zu wenig Entfaltungsmöglichkeiten bietet, eines ohne Abgründe und Widerhaken. Es beginnt und endet im Körperlichen. Das initiale Scheitern am Polizeiübungsparkur wird aufgehoben in der Jagd auf die Skateboardgangster. Dazwischen leidet der Film nicht zuletzt unter seiner unbedingten Familientauglichkeit, die insbesondere dem Sprachwitz enge Grenzen setzt. Andererseits sorgt womöglich gerade diese Orientierung am breiten Publikum dafür, dass "Der Kaufhaus Cop" aus dem Nachnamen seiner Hauptfigur so wenig Kapital schlägt. Und das ist vielleicht doch wieder eine gute Sache.

Lukas Foerster

Inside Hollywood. USA 2008 - Originaltitel: What Just Happened? - Regie: Barry Levinson - Darsteller: Robert De Niro, Catherine Keener, Bruce Willis, Sean Penn, Stanley Tucci, John Turturro

Der Kaufhaus Cop. USA 2009 - Originaltitel: Paul Blart: Mall Cop - Regie: Steve Carr - Darsteller: Kevin James, Jayma Mays, Keir O'Donnell, Bobby Cannavale, Stephen Rannazzisi, Shirley Knight, Erick Avari, Dylan Clark Marshall, Raini Rodriguez