Heute in den Feuilletons

Heute in den Feuilletons

Die kommentierte Kulturpresseschau. Wochentags um 9 Uhr, sonnabends um 10 Uhr.
10.02.2007. In der NZZ überlegt Jürgen Habermas, wie sich eine authentisch 'aus dem Glauben' geführte Existenz mit den Anforderungen des liberalen Staates vereinbaren lässt. In der Welt hält Georg Baselitz der Neuen Nationalgalerie vor: ohne Bild von ihm kein Weltniveau. In der FR erinnert Jochen Hörisch die Geisteswissenschaftler an ihre Relevanz. In der taz spricht Fischer-Lektor Hans-Jürgen Balmes über die Produktion von Literatur im Zeitalter der Globalisierung. In der SZ schlägt Dirk Stempel vom Hanser Verlag den Übersetzern vor, einfach mehr zu arbeiten, wenn sie mehr verdienen wollen. Die FAZ unterstützt den Vorschlag Gerd Koenens, Anna Politkowskaja posthum den Friedenspreis zu verleihen.

NZZ, 10.02.2007

In Literatur und Kunst denkt Jürgen Habermas über Vernunft und Religion nach. "Statt sich widerwillig an extern auferlegte Zwänge anzupassen, muss sich die Religion inhaltlich auf die normativ begründete Erwartung einlassen, die weltanschauliche Neutralität des Staates, gleiche Freiheiten für alle Religionsgemeinschaften und die Unabhängigkeit der institutionalisierten Wissenschaften aus eigenen Gründen anzuerkennen. Das ist ein folgenreicher Schritt. Denn dabei geht es nicht nur um den Verzicht auf politische Gewalt und Gewissenszwang zur Durchsetzung religiöser Wahrheiten, sondern um ein Reflexivwerden des religiösen Bewusstseins angesichts der Notwendigkeit, die eigenen Glaubenswahrheiten sowohl zu konkurrierenden Glaubensmächten wie zum Monopol der Wissenschaften auf die Produktion von Weltwissen in Beziehung zu setzen. Umgekehrt muss sich allerdings auch der säkulare Staat, der mit seiner vernunftrechtlichen Legitimation als eine Gestalt des Geistes und nicht nur als empirische Gewalt auftritt, fragen lassen, ob er seinen religiösen Bürgern nicht etwa asymmetrische Verpflichtungen auferlegt. Der liberale Staat gewährleistet nämlich die gleichmäßige Freiheit der Religionsausübung nicht nur, um Ruhe und Ordnung aufrechtzuerhalten, sondern aus dem normativen Grunde, die Glaubens- und Gewissensfreiheit eines jeden zu schützen. Er darf deshalb von seinen religiösen Bürgern nichts verlangen, was mit einer authentisch 'aus dem Glauben' geführten Existenz unvereinbar ist."

Weitere Artikel: Der Schriftsteller Michel Mettler erzählt von seiner Reise durch die Werke von Gerhard Meier. Rainer Weiss, fast dreißig Jahre lang Lektor bei Piper und Suhrkamp, erinnert sich an Schweizer Schriftsteller.

Auch im Feuilleton geht es um Religion. Der in Hongkong wirkende Theologe Jochen Teuffel vergleicht in der Reihe "Was ist eine gute Religion" europäische Religionen mit asiatischen: "Für Europäer scheint Religion eine Identitätsfrage zu sein; man hat eine Religion oder keine und ist deshalb entweder Christ, Muslim, Buddhist oder Atheist. Hingegen können Chinesen, die an einem Ritus im taoistischen Tempel teilnehmen, nicht ohne weiteres als Taoisten gelten. Es gibt zwar definierte Riten, gemeinsame Feiern, einen Schriftenkanon, Lehreinrichtungen, Tempel sowie 'Priester', die sich eindeutig einer taoistischen, buddhistischen oder konfuzianischen Lehre zuordnen lassen, dennoch entsprechen solchen Lehren keine Religionsgemeinschaften mit exklusiver Mitgliedschaft."

Weiteres: Für Christoph Egger war der koreanische Wettbewerbsbeitrag, "Ich bin ein Cyborg, aber das macht nichts" von Park Chan-wook der bisher herausforderndste Film auf Berlinale. Joachim Güntner beschreibt das Dilemma von Bundespräsident Horst Köhler, der über eine Begnadigung von Christian Klar entscheiden muss.

Besprochen werden eine Rodin-Ausstellung im Kunsthaus Zürich und Bücher, darunter Tomas Venclovas Essay über "Vilnius", Urs Faes' Roman "Liebesarchiv" und Molly McCloskeys Romandebüt "Wie wir leben" (mehr in unserer Bücherschau heute ab 14 Uhr).

Welt, 10.02.2007

Im Interview mit Johanna Schmeller schimpft Georg Baselitz auf Berlin: "In Berlin gibt es ein Kunst-Museum, dem Namen nach eine 'Neue Nationalgalerie', die hat noch nie ein Bild von mir gekauft! Sie nimmt ihre Verantwortung nicht wahr! Zeitgenössische Künstler - und ich bin ein zeitgenössischer Künstler, auch wenn ich schon ziemlich alt bin - kommen dort nicht vor. Das müssen Sie sich mal vorstellen! Und so was will Weltniveau sein!"

Weitere Artikel: In der Leitglosse fragt Uwe Wittstock, ob die Buchmesse Frankfurt nach dem Mord an Hrant Dink und der Quasi-Emigration Orhan Pamuks in die USA die Türkei noch zum Gastland des nächsten Jahres machen sollte. Manuel Brug gratuliert der Sopranistin Leontine Pryce zum Achtzigsten. Besprochen werden Neil LaButes neues Stück "Helter Skelter" in Bonn und einige Berlinale-Filme, darunter Steven Soderberghs Film "Der gute Deutsche"

In der Literarischen Welt schreibt die Romanautorin Lily Brett zum Valentinstag eine Liebeserklärung an ihren Mann, den Maler David Rankin. Julian Nida-Rümelin bespricht Volker Gerhardts Studie "Partizipation - Das Prinzip der Politik". Gerhard Gnauck stellt Joanna Olczak-Ronikiers Familiensaga "Im Garten der Erinnerung" vor. Und Tilman Krause spricht Klartext über die Begnadigungsfrage. Im Forum porträtiert Uwe Schmitt Robert de Niro, dessen Regiearbeit "Der gute Hirte" auf der Berlinale läuft.

FR, 10.02.2007

"Wie wäre es, wenn Geister/swissenschaften sich konzentriert Problemen stellten, zu denen sie Erhellendes zu sagen haben", fordert der Literaturwissenschaftler Jochen Hörisch, da wir uns nun im Jahr der Geisteswissenschaften befinden, diese Wissenschaften sich jedoch durch andauernde selbstreferenzielle Diskursabgrenzungsmanöver und andere Unerheblichkeiten magrinalisiert haben. "Die Geisteswissenschaften sind heute in glänzender und elender Verfassung zugleich. Die Naturwissenschaften und auch die heute gehätschelten life-sciences wie Genetik und Neurophysiologie können zur Lösung der heißen Problemlagen (Stichwort 9/11) schier nichts beitragen; Arabisten, Byzantinisten und Religionswissenschaftler durchaus. Es kommt darauf an, dass die Geisteswissenschaften sich daran erinnern lassen, dass sie nicht etwa 'noise' zu sein haben, sondern dem vermeintlichen 'noise' distinkte Botschaften entnehmen können."

Weiteres: Martina Meister berichtet staunend von einem Dorf mit 1663 Einwohner am Rand der Bretagne, wo vergangenes Jahr 33 Babys zur Welt kamen, wodurch das Dorf zur Tourismusattraktion wurde. (Das sind ja fast soviele wie in Deutschland!) "Was ist eigentlich ein Star?" fragt Marc Hairapetian im Angesicht der Berlinale, wo sich deutsche Schauspieler offensichtlich recht gut in internationalen Produktionen schlagen, und stellt fest, dass die Deutschen ihre lebenden Stars nicht so zu schätzen wissen und lieber die toten verehren.

Besprochen werden die Ausstellung mit Monika Zuchts Porträtfotografien zu Martin Doerrys Interviewbuch "Nirgendwo und überall zu Haus - Gespräche mit Überlebenden des Holocaust" in den Hamburger Deichtorhallen, drei Einakter von Neil LaBute in der Werkstadt des Bonner Theaters und Thilo Reinhardts Inszenierung von Jacques Offenbachs "Hoffmanns Erzählungen" an der Berliner Komischen Oper.

Berliner Zeitung, 10.02.2007

Martina Gedeck spricht mit Christina Bylow über die Dreharbeiten zu Robert de Niros Film "Der gute Hirte", der in einem in New York nachgebauten Westberlin spielt, was Gedeck zu geradezu philophischen Bemerkungen inspiriert: "Die Auflösung von Zeit und Raum im Film beschäftigt mich immer sehr. An einem Drehtag bewältigt man ein, zwei Filmminuten, und am Abend meint man, auch nur ein, zwei Minuten gelebt zu haben. Man spielt immer mit der Zeit, beginnt häufig von vorn, wiederholt Vergangenes. Die Zeit löst sich auf. Kommt dann noch dazu, dass man in einer Umgebung arbeitet, in der die Vergangenheit bis ins kleinste Detail nachgebaut ist, existiert eine neue Wirklichkeit neben der anderen." Im Feuilleton wird der Film von Anke Westphal besprochen.

TAZ, 10.02.2007

"Früher war es tatsächlich noch so, dass man in den einzelnen Ländern wie ein Goldgräber nach Büchern suchen musste", beschreibt Fischer-Lektor Hans-Jürgen Balmes im Gespräch mit Christoph Schröder den Paradigmenwechsel auf dem Markt für ausländische Literatur. "Mittlerweile werden uns Bücher in dem Augenblick von Agenten angeboten, da der erste Vertrag mit einem Verlag in New York oder London gerade unterzeichnet wird. Das heißt, unsere Entscheidung, einen Titel zu machen oder nicht, fällt nahezu zeitgleich mit der des amerikanischen Lektors. Deshalb muss unser Informationsnetz immer dichter werden, denn es ist für uns von entscheidender Bedeutung, welcher Originalverlag einen Roman druckt. Wenn ein Buch in den USA untergegangen ist, ist es erfahrungsgemäß nahezu unmöglich, es in Deutschland durchzusetzen - das gilt vor allem für etwas populärer angelegte Bücher, aber auch zunehmend für literarische."

Auf der Meinungsseite beschreibt Burhan Ghalioun, gebürtiger Syrer und Soziologe an der Sorbonne, die Finten der autoritären arabischen Regimes, die die Verhinderung demokratischer Wahlen mit dem drohenden Sieg des Islamismus begründen: "Auch die tonangebenden Kreise und die politischen Strategen der westlichen Industrieländer bauen auf diese Argumentation. Ungeachtet ihrer Rhetorik von ihrem Willen zur 'Demokratisierung der arabischen Welt' fürchten sie, massiver Druck auf die diktatorischen Regimes könnte deren Stabilität gefährden und einer Machtergreifung extremistischer, radikalislamischer und antiwestlicher Bewegungen Tür und Tor öffnen." Außerdem unterhält sich Robert Misik mit der jungen Philosophin Rahel Jaeggi über ihren Begriff der "Entfremdung".

Weiteres: Auf der Berlinaleseite spricht Dietmar Kammerer mit Astrid Schult und Bettina Blümner über ihre Dokumentarfilme "Zirkus is nich" und "Prinzessinnenbad", in denen es um heranwachsende Kinder und Jugendliche geht. David Denk porträtiert Cate Blanchett. Besprochen werden außerdem Steven Sonderberghs Wettbewerbsbeitrag "The Good German" ("Grandios das Berlinbild, das Soderbergh zeichnet: ein zerbombtes Paradies für Schieber," freut sich Tobias Rapp), Robert de Niros CIA-Film "Der gute Hirte" (den Stefan Grissemann monoton und konventionell fand), Pascal Ferrans D.H.Lawrence-Verfilmung "Lady Chatterley" ("so zurückhaltend, so zart und dabei so genau", seufzt Cristina Nord), Park Chan-wooks Wettbewerbsfilm "Ich bin ein Cyborg, aber das macht nichts" und Tony Ayres Film "The Home Song Stories". Im tazmag singt Wolfgang Müller eine "längst fällige Ode auf das Odinshühnchen".

Besprochen werden weiter ein Konzert der Allstarband "The Good, The Bad & The Queen" im Berliner Postbahnhof (das offenbar sehr erfolgreich der Berlinale-Eröffnung Konkurrenz machte), eine Julie-Mehretu-Ausstellung im Kunstverein Hannover, und Bücher, darunter Bernd Volkerts politische Ideengeschichte "Der amerikanische Neokonservatismus".

Und Tom.

SZ, 10.02.2007

"Beide habe Recht, aber damit ist nichts gewonnen, sondern viel verloren", kommentiert Dirk Stempel, im Hanser-Verlag für Rechte und Lizenzen zuständig. "Auch wenn sich die Parteien auf der Mitte träfen, dann würden auf die Verlage Kostensteigerungen von 150 Prozent zukommen, die kein Unternehmen verkraften kann." Den niedrigverdienenden Übersetzern empfielt er ansonsten, mehr Aufträge zu aquirieren: "Dies vor Augen lassen sich die behaupteten 1000 Euro-Einkommen überprüfen. Bei einem durchschnittlichen Seitenhonorar von 18,50 Euro entspricht das genannte Einkommen aufs Jahr gerechnet einem Übersetzungsvolumen von 648 Seiten pro Jahr. Bei einer durchschnittlichen Leistung von einer Seite je Stunde werden dafür 648 Stunden benötigt. Die tarifliche Arbeitszeit für Angestellte beträgt in der Verlagsbranche 163 Stunden im Monat. Folglich arbeitet jemand, der monatlich 1000 Euro Einkommen hat rund 4,5 Monate dafür, wenn man zur Übersetzungszeit noch die Korrekturgänge hinzurechnet. Der Schluss darf gezogen werden, dass jener Mensch zu wenige Übersetzungsaufträge hat." (Stempel nimmt hier auch Bezug auf Burkhart Kroebers Perlentaucher-Artikel und Kroebers Rechnung in der NZZ - wo Kroeber allerdings nicht von Einkommen, sondern von Brutto-Verdienst spricht.)

Weitere Themen: Alex Rühle und Christoph Bartmann porträtieren zwei einstige Traumstädte des freien Lebens in reaktionären Zeiten, Amsterdam und Kopenhagen. Jeny Bisky legt mal wieder seine journalistischen Finger in Berliner Wunden: heute unvollendete Gedenkstättenprojekte und Schlossnutzungspläne. Anke Sterneborg befasst sich mit Berlinale-Regisseuren, die im Hauptberuf eigentlich Schauspieler sind, zum Beispiel Clint Eastwood und Antonio Banderas. Olaf Arndt erzählt die Erfolgsgeschichte des Kommando-Sessels der Firma JTS, von dem aus Salvatore Allende ebenso regierte, wie Kapitäne der Hochfinanz. Adrienne Braun war auf einer Tagung an der Stuttgarter Akademie Schloss Solitude zur Frage "Wann stirbt ein Kunstwerk?". Zur Verdeutlichung wurde unter anderem Damien Hirsts verfaulender Hai herangezogen, der nun in seinem Formalinbad durch ein frisches Exemplar ausgetauscht werden soll. Jens Malte Fischer gratuliert der Opernsängerin Leontyne Price zum 80. Geburtstag, Albert von Schirnding überbringt Inge Jens Gratulationen, die ebenfalls achtzig wird. Ralf Dombrowski kommentiert die Grammy-Nominierungen. Der britische Künstler Damien Hirst schließlich spricht mit der japanischen Künstlerin Yayoi Kusama, die seit 1974 in einer psychiatrischen Klinik bei Tokyo lebt, über ihre Kunst und ihre Krankheit. Ab heute zeigt das Münchner Haus der Kunst einige ihrer Werke.

Bespochen werden die Berlinalefilme "The Good German" von Steven Sonderbergh und Charles Burnetts 1977 entstander Forumsbeitrag "Killer of Sheep", eine Ricardo-Muti-Konzert in der Münchner Herkuleshalle, Ian Ricksons Abschiedsinszenierung am Londoner Royal Court Theater, Anton Tschechows "Die Möwe" und Bücher, darunter Gianni Celatis Roman "Fata Morgana".

In der SZ am Wochenende beschreibt Hans Leyendecker am Beispiel des Falls Murat Kurnaz, wie sich die Geheimdienste heute schützen. Ralf Niemczyk stellt den "König vom Montmartre", den stoppelbärtigen Popsänger Vincent Delerm vor. Ingrid Loschek schreibt über die Ausstellung "Christian Dior und Deutschland 1947 bis 1957" im Kulturforum Potsdamer Platz. Gregor Schöllgen beschreibt die mehr als fünfzigjährige Tradition der deutsch-russischen Energiegeschäfte. Und Ingo Schulze erinnert sich in einer Erzählung an Milva.

FAZ, 10.02.2007

Der Historiker Gerd Koenen hat vorgeschlagen, Anna Politkowskaja posthum mit dem Friedenspreis des deutschen Buchhandels auszuzeichnen. Julia Voss findet die Idee ganz ausgezeichnet: "Der Preis, die Verleihung in der Frankfurter Paulskirche, die Laudatio vor einem internationalen Publikum, vor Prominenz aus Politik und Kultur würde die Frage, wer Politkowskaja ermorderte, wieder in alle Schärfe stellen. Schweigen wäre diesmal keine Antwort. Das Erinnern an die Bluttat wäre endlich nur privaten Solidaritätsbekundungen entzogen." Von Moskau aus stimmt Kerstin Holm zu: "Vor allem wäre es ein Solidaritätssignal an die verbliebenen Idealisten."

Weitere Artikel: Jordan Mejias berichtet von einem heftigen Streit über Bruce Bawers Islam-Buch "While Europe Slept", das in der Sparte "Kritik" für den amerikanischen National Book Critics Circle Award nominiert wurde: Eliot Weinberger hatte dem Buch bei der Bekanntgabe der Nominierung Rassismus vorgeworfen. Rtg. wendet sich in der Leitglosse angewidert von nackten alten Frauen auf den Werbeplakaten der Firma Dove ab. Eva-Maria Magel besuchte eine Lesung mit Texten aus dem Archiv der Peter Suhrkamp Stiftung zu Proust-Übersetzungen. Jürg Altwegg wirft einen Blick in die französische Zeitschrift Medias, wo Michel Serre vom Internet schwärmt. Heinrich Detering gratuliert Inge Jens zum Achtzigsten. Auf der letzten Seite stellt Tilman Spreckelsen einen Bildband mit Fotos von Astrid Lindgren vor.

In Bilder und Zeiten überlegt die Schauspielerin Jutta Lampe im Interview mit Irene Bazinger, warum junge Regisseure glauben, sie sei von gestern: "Ich bin trotz der verschiedenen Ästhetiken, die ich kennenlernen durfte, nie auf die Idee gekommen, an großen Texten etwa von Schiller, Goethe oder Kleist zu zweifeln oder sie zertrümmern zu wollen. Manchmal habe ich das Gefühl, die Schauspielkunst geht wieder ein bisschen in Richtung Brecht. Ich dagegen halte mich an Stanislawski, der fordert, dass man sich in jeder Sekunde mit seiner Figur identifiziert. Das wird heute allerdings kaum noch geschätzt."

Außerdem: Niklas Maak berichtet vom Prozess gegen die Kuratorin Marion True, die in Italien angeklagt wurde, Kunstwerke aus illegalen Quellen für das Getty-Museum erworben zu haben.

Besprochen werden eine Ausstellung mit den Kostümen von Kylie Minogue im Londoner Victoria and Albert Museum, eine Ausstellung des Fotografen Henry Wessel in Köln, ein Konzert der "Eagle Seagull" in Köln, drei Berlinalefilme: Steven Soderberghs "The Good German" (hier), Yoji Yamadas Samuraifilm "Ehre und Liebe" und ein Film über den ungarischen Aufstand 1956, "Children of Glory" sowie Bücher, darunter Mark Z. Danielewskis Roman "Only Revolutions" und Peter Hoegs Roman "Das stille Mädchen".

Auf der Schallplatten- und Phono-Seite geht's um "Fräuleinwunder im Geigenbereich", die die "kleinen, dicklichen Jungmanngenies" vertrieben haben, so Ulrich Schreiber, eine CD von Jamie T., eine CD der "Rockformation Diskokugel", eine Aufnahme mit Werken von Claude Vivier und eine Aufnahme von Schostakowitschs "Lady Macbeth von Mzensk".

In der Frankfurter Anthologie stellt Ruth Klüger ein Gedicht von Walther von der Vogelweide vor: "Der erste Reichsspruch".