Heute in den Feuilletons

Heute in den Feuilletons

Die kommentierte Kulturpresseschau. Wochentags um 9 Uhr, sonnabends um 10 Uhr.
09.10.2003. Die Russen sind in der Welt, um Kafka wahr werden zu lassen, erklärt Andrej Bitow in der Zeit. Imre Kertesz erzählt in der FAZ, welche Freiheit er gern verliert. Die Historikerin Anne Applebaum spricht in der Welt von ihren Recherchen über den Gulag. In der SZ erklärt Robert Menasse, warum Arnold Schwarzenegger nie Gemeinderat in einem steirischen Kaff werden könnte. Die FR bewundert Joschka Fischers konspirativ gefaltetes Mündchen beim "Lesen!".

Zeit, 09.10.2003

Natürlich geht es heute um Russland. Der Schriftsteller Andrej Bitow (mehr hier) erzählt im Gespräch mit Iris Radisch zunächst einmal, warum nur Russland den Sozialismus überwinden konnte: "Russland ist wild und unzivilisiert. Es konnte nicht in diesem Korsett stecken bleiben. Einer auf der Welt musste die Erfahrung des Sozialismus machen. Wir haben das übernommen." Außerdem erklärt er uns, dass das Absurde die "echte Natur" der Russen ist, nicht so eine elitäre Angelegenheit wie etwa bei den Franzosen: "Für mich ist das Absurde die traditionelle, sich ununterbrochen fortsetzende russische Kultur, die schon immer unter unvorstellbaren Bedingungen existiert hat. Als ehemaliger Geologe weiß ich, wie Gesteinsschichten zustande kommen. Unter unglaublichem Druck, bei ungeheuren Temperaturen. Unter solchen Bedingungen verändert die Natur ihre Struktur. Nicht anders entstand das Absurde in Russland. Es ging nie darum, jemanden nur zu verblüffen. Im Gegenteil: Wir sind auf der Welt, um Kafka wahr werden zu lassen."

Die Literatur-Euphorie ist in Russland vorbei, weiß Johannes Voswinkel zu berichten. Heute darf ein Roman nicht mehr als zwei Flaschen Bier kosten und muss trotzdem als Hardcover erscheinen. "Rund 5000 private Verlage gibt es heute, von denen 20 mit Massentiteln die Hälfte der Gesamtauflage produzieren. Die Kleinen retten sich in Nischen. Neureiche Russen kaufen pompöse Kunstbildbände mit metallbeschlagenen Ecken, und für die gehobene Beamtenschaft gibt es patriotische Geschichtswerke mit dem Faksimile-Autogramm Putins. Lyrikbände erscheinen wieder in Samisdat-Auflagenhöhe."

In der Debatte um die Tagebücher der Anonyma ist auch Volker Ulrich auf Merkwürdigkeiten gestoßen. So berichtet er von einem Besuch bei der Witwe des Herausgebers Kurt Marek, Hannelore Marek. Dort habe bereits der Lektor der Anderen Bibliothek, Rainer Wieland, gesessen. Ulrich durfte zunächst Einblick in das Original-Exemplar nehmen. "Nun sollte es an die Prüfung der Manuskripte gehen, doch hier stieß ich plötzlich auf eine Mauer der Abwehr. Nein, das sei ganz und gar ausgeschlossen, denn dann würden mir Informationen zugänglich, die Rückschlüsse auf die Identität der Autorin zuließen. Meine Beteuerungen, es ginge mir gar nicht um die Frage der Anonymität, sondern der Authentizität, darum nämlich, an drei, vier Beispielen die Entstehungsgeschichte des Textes und die verschiedenen Stufen der Bearbeitung zu rekonstruieren, fanden kein Gehör. Philologische Akribie sei Sache späterer Historiker, meinte Lektor Wieland, wir müssten uns mit der von der Autorin autorisierten Fassung bescheiden. Punktum."

Weiteres: Der Lyriker Wjatscheslaw Kuprijanow (mehr zum Beispiel hier) schreibt eine hübsche Satire auf die russische Literatur-Branche, die uns zu dem modellhaften Verlag Orang-Utan-Press führt. Jörg Lau rät dem zukünftigen Generaldirektor der Berliner Opernstiftung, sich auf die Rückkehr des Verdrängten einzustellen. Bartholomäus Grill würdigt den in Südafrika so ungeliebten Literaturnobelpreisträger J.M. Coetzee (mehr hier). Jan Ross entlarvt den Entwurf für die EU-Verfassung als ein Werk der Ideologie. Jürgen von Rutenberg unterhält sich mit Regisseur Quentin Tarantino über dessen neuen Film "Kill Bill", das Kino und die Gewalt. Volker Hagedorn findet lobende Worte für die rheinland-pfälzische Orchesterlandschaft, der es nhatürlich an Geld, aber nicht an Reformideen fehle.

Besprochen werden eine Ausstellung zu Sigmar Polke in London, neue Theaterstücke von Falk Richter und Roland Schimmelpfennig ("Es ist Vorkrieg, Kinder!") und Elvis Costellos neues Album "North".

Die Literaturbeilage zur Frankfurter Buchmesse eröffnet Iris Radisch mit einer Besprechung von Imre Kertesz' neuem Roman "Liquidation".

FAZ, 09.10.2003

Im Gespräch mit Mark Siemons gibt sich Imre Kertesz (mehr) überrascht von der Aufmerksamkeit, die ihm seine Rede zum Tag der Deutschen Einheit (Text als pdf hier) in Magdeburg beschert hat. "In einer Diktatur wird man misstrauisch gegenüber der Politik. Am besten lebt man dort unbeachtet. Wer sich gut versteckt, der wird weise sein, sagt die römische Sage. Und so habe ich mich ferngehalten von der Öffentlichkeit im kommunistischen Ungarn und habe die Folgen getragen: Ich war nicht in der Nomenklatur, also wurde ich als Schriftsteller beiseite geschoben. Das war für mich natürlich nicht so gut, aber ich genoss auf diese Weise auch eine paradoxe Freiheit. Diese Freiheit ist jetzt weg, und das ist eine erfreuliche Entwicklung."

Der nationalistisch-bolschewistische Schriftsteller Eduard Limonow hat auf der Buchmesse in Frankfurt in Abwesenheit eine Grußadresse verlesen lassen, in der er Putins Regierung despotisch und korrupt nennt. Die FAZ findet, dass Limonow zum "Popstar der Skandalschriftstellerei" taugt und druckt den Text deshalb ab, hier ein Auszug. "Ich weiß, dass niemand mich vermissen wird. Das Kulturministerium der Russischen Föderation karrt eine Brigade fröhlicher Hausierer heran, die Unterhaltungsware feilbieten. Hundert oder zweihundert Schriftsteller, das heißt einige Tonnen Schriftsteller werden vom offiziellen Russland im offiziellen Deutschland abgeladen. Man wird mich mühelos ersetzen."

Weiteres: Steiermark fühlt sich nun wie das Kalifornien Österreichs, lästert "lac" in der Leitglosse. Kleine Skizzen von der Buchmesse liefern edo, gey, lue und rik. Jörg Bremer bangt (mit einer Bürgerbewegung) um Erich Mendelsohns Schocken-Villa und den Leumi-Bankpalast in Jerusalem. Dieter Bartetzko lobt die mustergültige Rekonstruktion des Hauses Nr. 5 am Neuen Markt in Potsdam. Thomas Wagner gratuliert Peter-Klaus Schuster, Generaldirektor der 17 Staatlichen Museen zu Berlin, zum Sechzigsten. Bert Rebhandl freut sich über die behutsame Renovierung des Österreichischen Filmmuseums in Wien. Für seine Äußerungen zum Irak-Krieg wird Roman Herzog von Patrick Bahners mit dem Ehrentitel "Poltergeist auf Zehenspitzen" gewürdigt. Eleonore Büning porträtiert den jungen estnischen Dirigenten und Workaholic Paavo Järvi. Gemeldet wird, dass auch die Grönemeyer-Biografie gerichtlich gestoppt worden ist.

Auf der Medienseite empfiehlt Dietmar Dath Amber Bensons nur über Umwege bestellbaren "Chance", den "echten Film zur wahren Jugend", wie Dath versichert. Und Michale Eichhammer hat miterlebt, wie Daniel Küblböck in Frankfurt seine Biografie und zarte Seele vorstellt.

Besprochen werden der hochgelobte Film American Splendor, der auf dem gleichnamigen autobiografischen Comic von Harvey Pekar basiert, die hinterlistige siebte Biennale zeitgenössischer Kunst in Lyon, eine Ausstellung über den traditionsreichen DDR-Trickfilm der Defa in Dresden, eine Schau von Betty Freemans Musikerfotos in der New Yorker Carnegie Hall, eine außergewöhnlich schöne und teure Schafleder-Edition des "Herrn der Ringe" von Tolkien, eine Werkausgabe Leopold Adrians sowie Edward Careys amüsanter Roman "Alva & Irva" (mehr in unserer Bücherschau ab 14 Uhr).

FR, 09.10.2003

Der Wahlsieg von Arnold Schwarzenegger ist in den Augen von Claus Leggewie die in Erfüllung gegangene Entertainisierung der Politik - Dieter Bohlen in Endstufe. "Zur Wahl standen Schausteller verschiedener Sparten, das Spektakel war kurzweilig und dabei so primitiv wie die Kür eines Superstars, und es mobilisierte auch Leute, die sich noch nie in ihrem Leben für Politik interessiert haben.Geboten wurde das Schauspiel einer direkt-demokratischen Wahl, die Rache nimmt an der Berufspolitik und den Traum des Spießbürgers erfüllt, der 'die da oben' schon lange zum Teufel jagen wollte."

Auf der Medienseite erzählt Albert Hefele, wie er in Elke Heidenreichs Büchersendung "Lesen!" Joschka Fischer von Wichtelhausen erzählen hörte und der Bundeaußenminister sich dabei in einen Uhu verwandelte: "Kriegt ein kleines, unternehmungslustiges Vogelgesicht über der staatsmännischen Krawatte: widerborstige Haarbüschel über den Ohren, plötzlich hinter der Brille aufgehende pfiffige Knopfaugen, konspirativ gefaltetes Mündchen. Eine Metamorphose, in Gang gesetzt durch die bloße Nennung des Namens Wichtelhausen, dem Ort, an dem sich die ersten literarischen Abenteuer des späteren marxistischen Buchhändlers Joschka Fischer ereigneten."

Weiter im Feuilleton: Drei Autoren schicken Messe-Splitter über den Einzug der Russen in Frankfurt, Körperfettmessung am Stand des Wessp-Verlags und Aufräumanfälle. Silke Hohmann porträtiert Muhammad Ali, der heute in Frankfurt seine Biografie vorstellt, als universellen Popstar. Oliver Herwig berichtet über die 6. Immobilienmesse "Real" in München. In der Kolumne Times Mager erfahren wir von Stefan Müller, dass die Weilheimer Band 'The Notwist' einen Millionendeal mit Vodaphone ausgeschlagen hat, weil man seine Seele nicht verkaufen, die Fans nicht enttäuschen und überhaupt sein Ruf nicht verlieren wolle. Und hier kann man ein kleines Mini-Armin-Petras-Drama lesen.

Besprochen werden Feridun Zaimoglus Ausstellung "Accessoiremaximalismus" in der Kieler Kunsthalle und Anselm Webers Inszenierung von Wassilij Sigarews "Plastilin" an den Münchner Kammerspielen.

Außerdem bietet die FR heute ein FR plus Kultur. Ursula März schreibt über die Harmlosigkeit als Prinzip der deutschen Gegenwartsliteratur. Der äthiopische Prinz Asfa-Wossan Asserate erklärt im Interview, was er mit seinem Buch über Manieren sagen will. Und die Künstlerin Michal Rovner, die Israel auf der 50. Biennale in Venedig vertritt, spricht im Interview über das Verhältnis von Kunst und Wissenschaft. (Lesen darf man die Artikel im Internet leider nicht.)

Welt, 09.10.2003

In der Welt ärgert sich Ulrike Ackermann (mehr) über die polnischen Proteste gegen ein deutsches Zentrum gegen Vertreibung: "Will man denn nicht wahrnehmen, dass sich die deutsche Gesellschaft seit den fünfziger und sechziger Jahren grundlegend verändert hat und die Bürger heute sehr wohl in der Lage sind, die eigenen Leiden und Verluste im historischen, also auch europäischen Kontext zu sehen? Jahrzehntelang ist die westdeutsche Nachkriegsgesellschaft den Vertriebenen gleichgültig, wenn nicht feindselig begegnet, deren Erinnerungen blieben im Privaten oder in Spezialöffentlichkeiten marginalisiert. Daran änderten die lautstarken, teils unerträglich revanchistischen Einlassungen der Vertriebenenverbände wenig. Aber auch diese Verbände haben sich verändert, was offenbar die polnischen und deutschen Gegner des Zentrums ungern zur Kenntnis nehmen."

Im Kulturteil finden wir ein Interview mit der Historikerin Anne Applebaum, deren Buch "Der Gulag" gerade auf Deutsch erschienen ist. Auf die Frage, wie es war, diese Orte zu besuchen, antwortet sie: "Ich war zum Beispiel in Workuta. Workuta könnte genauso gut auf dem Mond liegen. Es ist mitten in der Tundra, es gibt keinen einzigen Baum. Ich war im Sommer dort: Als ich neben die Betonpiste trat, versank ich bis zu den Knöcheln im Schlamm. Ich war sofort von Stechmücken bedeckt. Es ist ein sehr menschenfeindliches Klima. Normalerweise würde niemand daran denken, dort eine Stadt zu bauen. Ich war aber auch auf den Solowjezki-Inseln, wo das Gulag-System seinen Anfang hatte. Dort ist es so schön, dass man sterben möchte."

TAZ, 09.10.2003

"Man kann unterschiedlicher Meinung sein, ob religiöse Symbole wie das Kopftuch in der Schule einen Platz haben," schreibt der Islamwissenschafler Navid Kermani in einem offenen Brief an Spiegel-Herausgeber Stefan Aust, dem er falsche und tendentiöse Berichterstattung in der vorletzten Spiegelausgabe über Muslime in Deutschland vorwirft. "Aber wenn Sie jeder Frau, die es trägt, schon deshalb Umsturzpläne für Deutschland unterstellen und dass sie sich in die Unterdrückung ergeben hätte, ist das mehr als nur eine Verleumdung: Sie heizen jenes Klima noch an, in dem Musliminnen in Deutschland auf der Straße angespuckt oder aufgefordert werden, zu den Mullahs zurückzukehren."

Weitere Artikel: für Tobias Rapp ist Arnold Schwarzeneggers Wahlsieg der Beweis für die ungebrochene Anziehungskraft des amerikanischen Traums. Georg Blume hat den Pekinger Künstler Wu Wenguan interviewt, Kurator einer China-Reihe in der Hamburger Kampnagelfabrik mit Tanztheater, Video und Fotografie aus dem chinesischen Underground. Daniel Bax hat ein schönes Hanif-Kureishi-Porträt geschrieben. Und Gerrit Bartelt schreibt über Russen auf der Buchmesse und darüber, dass Putin nicht kommt, weil er fünfzig wird.

Besprochen werden Jaime Balagueros Film "Darkness", Markus Mischkowskis und Kai-Maria Steinkühlers Schwarz-Weiß-Komödie "Westend" und Roger Michells Film "Die Mutter".

Schließlich TOM.

NZZ, 09.10.2003

Immer wieder Muhammad Ali: Jürgen Teipel schwärmt von der neu erschienenen CD "Hits And Misses - Muhammad Ali And The Ultimate Sound Of Fistfighting" (hier reinhören). Sie zeige "sehr schön, dass die Leute nach jedem Kampf in die Tonstudios gingen, um das Unglaubliche auszudrücken, das sie gesehen, gefühlt und gedacht hatten. Vor allem vom legendären 'Rumble in the Jungle'-Kampf gegen Foreman scheint kein Moment unbesungen." Und warum das so ist, erklärt er auch: "Auf Ali konnte man alles projizieren. Nicht nur eigene Phantasien von Größe und Stärke. Es ging um Größeres: das Gute. Echtheit. Unbezwingbarkeit. Ali wurde zum Superman der Entrechteten. In ungerechten Zeiten ein verständliches Konzept. Eine Zeit lang war jeder Kampf ein Ereignis wie die erste Mondlandung."

Der Zürcher Musikwissenschaftler Laurenz Lütteken plädiert im siebten Teil der Reihe "Regie im Theater" für Ehrfurcht vor dem Originalwerk eines Künstlers, der "in der Vergangenheit agiert hat und sich in der Gegenwart nicht zur Wehr setzen kann": "Wann endlich erhält die Autorität des Textes, der Partitur wieder einen Rang, der den Begriff der 'Deutung' nicht in absurder Beliebigkeit auflöst? Sicher, Operntheater sind Museen, und Museen können auch langweilig sein. Wenn man freilich glaubt, sie können nur noch existieren, indem man ihr Inventar verfremdet, verzerrt, beschädigt oder zerstört, dann wäre es sicherlich ehrlicher, diese Museen ganz zu schließen."

Weitere Artikel: Andrea Köhler wundert sich über die Wählerinnen in Kalifornien und bezweifelt, dass Schwarzenegger mit "testosteronbeflügelten Schlagworten" viel ausrichten kann. Gabriele Detterer hat in Florenz die Kunstschau "Belvedere dell'Arte / Orizzonti" gesehen, die dem "pittoresken Altstadtidyll" ein wenig zeitgenössische Ansichten verleiht. (Auch die NZZ gibt nicht mehr alle Artikel im Netz frei.)

Besprochen werden einige Bücher, darunter das literarische Debut von Erwin Koch "Sara tanzt" und der neue Roman von Edward Carey "Alva & Irva" (siehe auch unsere Bücherschau heute ab 14 Uhr).

SZ, 09.10.2003

Die Wahl von Arnold Schwarzenegger zum Gouverneur Kaliforniens ist der SZ gleich drei Kommentare wert. Robert Menasse ("Die Vertreibung aus der Hölle"meint aus der österreichischen Perspektive: "Man muss weder in den Chor jener Österreicher einstimmen, die Schwarzenegger heroisieren, noch jene Zwischenrufe verstärken, die ihn als Idioten mit Muskeln denunzieren - im statistischen Mittel ist das Ergebnis so oder so eine idiotische Heroisierung -, interessanter ist die Frage, wieso die Österreicher einen so ausgeprägten Hang zu unumkehrbaren Vergleichen, zu Gleichsetzungen von Ungleichem haben: Emphatisch feiert Österreich die Tatsache, dass ein Immigrant Gouverneur von Kalifornien wurde, während im selben Österreich ein Volksaufstand ausbräche, wenn ein Immigrant versuchen wurde, Gemeinderat in einem steirischen Kaff zu werden."

"Es wird spannend sein, zu sehen," schreibt Wolf Lepenies, "wie gut es Schwarzenegger schafft, mit der 'Veralltäglichung des Charismas' zurecht zu kommen. Nicht unmöglich, dass ausgerechnet der ehemalige Bodybuilder von Kalifornien dem 'politischen Körper' Amerikas neue Impulse gibt." Und Fritz Göttler befindet "Der Amateur-Status, den Arnie explizit für sich reklamiert, macht seine Karriere definitiv zur märchenhaften Angelegenheit."

Weitere Artikel: Alexander Kissler hat zugehört, wie Roman Herzog in Münchens Katholischer Akademie als gutgelaunter Monarch des Wortes über die UN und den Irak gesprochen hat: "Am lautesten wurde Herzog, als er den Trugschluss kritisierte, Grundgesetz oder französische Verfassung seien die geeigneten Instrumentarien, mit denen sich Asien im allgemeinen und der Irak im besonderen demokratisieren ließen." Alexander Hosch hat auf Mallorca Daniel Libeskinds Villa für die amerikanische Künstlerin Barbara Weill gesehen und festgestellt, dass auch Dekonstruktivisten großbürgerliche Häuser bauen können. Fritz Göttler und Susan Vahabzadeh erörtern das Problem des verflixten 4. Films und haben sich außerdem mit "Superproduzent" Jerry Bruckheimer unterhalten. Bernd Noack befasst sich mit der Frage, ob das Durchhaltestück eines Nazi-Autors, (im vorliegenden Fall Hans Rehbergs Drama "Die Wölfe") heute (beispielsweise in Erlangen) so einfach inszeniert werden darf. Gert Kähler erläutert Pläne für den Hamburger Städtebau. Christine Brinck berichtet, dass Doris Schröder-Köpf auf der Buchmesse die Kampagne "Deutschland liest vor" eröffnet hat; auch wird vermeldet, dass das New York Philharmonic Orchestra seinen Plan, die Avery Fisher Hall im Lincoln Center zu verlassen und bei der Carnegie Hall einzuziehen, vorläufig fallen gelassen hat.

Besprochen werden Heinz Emigholz' Dokumentarfilm "Goff in der Wüste", Luigi Rossis Barockoper "Orfeo" an der Wuppertaler Oper, Michael Bays Film "Bad Boys 2", Anselm Webers Inszenierung von Wassilij Sigarews Drama "Plastilin" an den Münchner Kammerspielen und Bücher, darunter Christa Wolffs "Ein Tag im Jahr" (siehe auch unsere Bücherschau heute ab 14 Uhr).