Efeu - Die Kulturrundschau

Kommunikation: Totalausfall

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20.06.2022. Am Wochenende eröffnete die Documenta 15 in Kassel. Bei seiner Eröffnungsrede erinnerte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier daran, dass die Freiheit der Kunst endet, wenn das Existenzrecht Israels in Frage gestellt wird. Macht aber niemand, entgegnen monopol und FAZ. Die Welt schlendert derweil einsam durch die Ausstellungen, sieht aber statt der versprochenen Kommunikation nur einsame Menschen über ihre Handys gebeugt. Außerdem: Das klassische Ballett ist in der Krise, diagnostiziert die FAZ. ZeitOnline dokumentiert die großartige Rede der ukrainischen Lyrikerin Halyna Kruk beim Poesiefestival Berlin.
9punkt - Die Debattenrundschau vom 20.06.2022 finden Sie hier

Kunst

Überraschend deutlich wurde Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei der Einweihung der Documenta 15 am Wochenende. "Ich will offen sein: Ich war mir in den vergangenen Wochen nicht sicher, ob ich heute hier bei Ihnen sein würde", begann er seine Rede und ging dann kritisch auf das Verhalten der Kuratoren und Organisatoren bei der Antisemitismus-Debatte ein. "Wer als Künstlerin oder Künstler in das Forum der Politik eintritt, muss sich nicht nur der ästhetischen, sondern auch der politischen Debatte und Kritik stellen. Und dort gibt es Grenzen", mahnte er. Und würde die "Weltoffen"-Initiative deutscher KulturfunktionärInnen wohl nicht unterschreiben: "Ein Boykott Israels kommt einer Existenzverweigerung gleich. Wenn unabhängige Köpfe aus Israel unter ein Kontaktverbot gestellt werden; wenn sie verbannt werden aus der Begegnung und dem Diskurs einer kulturellen Weltgemeinschaft, die sich ansonsten Offenheit und Vorurteilsfreiheit zugutehält; dann ist das mehr als bloße Ignoranz. Wo das systematisch geschieht, ist es eine Strategie der Ausgrenzung und Stigmatisierung, die dann auch von Judenfeindschaft nicht zu trennen ist."

Bei monopol ist Elke Buhr empört: Wo bitte werde denn auf der Documenta das Existenzrecht Israels in Frage gestellt? "Das Rätsel löst sich ein paar Sätze später: Ein Boykott Israels käme einer Existenzverweigerung gleich. Aus der puren Tatsache der Abwesenheit von Israelis - nicht von Juden übrigens - schließt diese Argumentation bereits, hier läge ein Boykott vor. Muss ab jetzt jede Gruppenausstellung in Deutschland eine entsprechende Quote einhalten?" Auch Niklas Maak (FAZ) sieht das so: "Es gibt viele Ausstellungen, bei denen israelische Kunst nicht vertreten ist; der Verdacht eines Zusammenhangs mit den Boykottforderungen des BDS ist in Kassel aber wohl nicht mehr auszuräumen. Wenn die Bild-Zeitung allerdings titelt, Steinmeier eröffne die 'Kunstmesse der Schande' (als handele es sich um die Ausstellung 'Entartete Kunst') einer Gruppe, die 'durchtrieben von Hass gegen Israel' sei, dann ist das ebenfalls eine beunruhigende Form von suggestivem Rassismus gegenüber einem Kollektiv, von dem kein antisemitischer Satz zu hören war."

Bei Spon ist Ulrike Knöfel auch nicht sehr glücklich mit der Steinmeier-Rede, aber aus anderen Gründen: Sie irritierte die "Uneindeutigkeit": "Letztlich blieb es bei einer ungelenken Ja-Aber-Haltung, die dazu führte, dass man doch nicht wusste, wo er steht, wo Deutschland steht." Und im Tagesspiegel weiß Birgit Rieger gar nicht mehr, was sie denken soll: "Niemand weiß genau, wie Ruangrupa zum BDS und zu Israel stehen. Es gibt keine jüdisch-israelischen Künstler bei dieser Documenta. Ist das Ausdruck eines Boykotts oder Zufall? Man hätte von der Documenta gern eine konkrete Antwort dazu gehabt." Im Interview mit der SZ bekräftigt Kulturstaatsministerin Claudia Roth diesen Eindruck indem sie allen Fragen zur Antisemitismusdebatte konsequent ausweicht (Interviewerin Catrin Lorch erspart ihr allerdings auch jede Nachfrage). Nur einmal ahnt man ihre Position: Das Thema Antisemitismus "muss diskutiert werden. Ich warne allerdings davor, die spezifisch deutschen Fragen dieser Auseinandersetzung einem Kollektiv aus Mali oder Kuba überzustülpen."

Derweil streift Swantje Karich für die Welt durch die Ausstellungen und fühlte sich dabei ziemlich allein: "Wer sich nun auf die Reise in Ruangrupas vollgepackte Vorratskammer, ihr 'Lumbung' für Reisscheune, einlassen will, sollte Zeit, keine Erwartungen und gute Nerven mitbringen für die 32 Stationen. Das als revolutionärer Versammlungsort gepriesene RuruHaus von Ruangrupa ähnelt bisher eher einer Kantine mit Holzverkleidung für Menschen, die am liebsten einsam auf ihren Smartphones rumtippen. Kommunikation: Totalausfall. Es ist überhaupt ein prägendes Bild: Menschen mit Handy auf Stuhlkreisen, die sich um Bäume winden oder wie kleine Amphitheater in die Höhe führen. ... Der Austausch mit den Künstlern ist, in diesen ersten Tagen zumindest, nur mit Händen und Füßen möglich. Gemeinsam eine neue Sprache zu lernen, wie Ruangrupa es angekündigt hat, schaffen wir nicht - und verabschieden uns peinlich berührt."

Auch Eva-Maria Magel (FAZ) würde auf der Documenta gern über die Kunst diskutieren, aber es scheint irgendwie nicht dazu zu kommen. Also hängt sie "fabrikneu und stylish ab. Und wer mit Souvenirkäufen in 'Kios' und 'Gallery' dazu beitragen will, die alternative Ökonomie, die Ruangrupa vorschwebt, weiter zu unterstützen, kann im 'Ruru-Haus' für 17,50 Euro Kasseler Ahle Worscht im Documenta-Design kaufen. Hält womöglich auch hundert Tage, wie das Ausstellungsfestival selbst." Im Tagesspiegel sieht Nicola Kuhn im Selbstverkauf der Documenta-Künstler eine Alternative zum Turbo-Kapitalismus des Marktes.

Weiteres: Im Standard unterhält sich Stefan Nederwieser mit dem Künstler Theaster Gates, der gerade den Friedrich-Kiesler-Preis bekommen hat. Besprochen werden außerdem die Ausstellung "Die Form der Freiheit" in Potsdamer Museum Barberini (taz), die Ausstellung "Give and Take. Bilder über Bilder" in der Hamburger Kunsthalle (taz), die auf sechs Berliner Museen verteilte Ausstellung "Jeden Tag im Museum. Aufsichten präsentieren ihre Lieblingswerke" (Tsp) und die Schau "Worldbuilding - Gaming and Art in the Digital Age" in der Julia Stoschek Collection in Düsseldorf (SZ).
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Bühne

Das klassische Ballett ist in der Krise, diagnostiziert Wiebke Hüster in der FAZ. "Die Klassiker werden in nichtssagenden neuen Versionen gespielt" und neue Choreografie zu zeitgenössischen Stoffen traut sich kaum jemand: "Wo entsteht das Repertoire des einundzwanzigsten Jahrhunderts, und wo wird das des zwanzigsten Jahrhunderts wirklich gepflegt? Wo sind die Häuser, an denen es Pflicht ist, die Tanzgeschichte in dramaturgischer Hinsicht zu studieren und Thesen über sie zu formulieren, die sich dann in der Auswahl der Stücke niederschlagen? Wir verlieren die Vergangenheit, weil wir sie uns nicht mehr neu erschließen. Gleichzeitig ist Originalität rar."

Weiteres: Im Tagesspiegel resümiert Patrick Wildermann die Lange Nacht der Autor:innen am Deutschen Theater: "Ausgerechnet dieses Festival der Gegenwartsdramatik macht am Ende Lust darauf, sich mehr Shakespeare-Stücke anzusehen." Wenigstens Raphaela Bardutzky greift in ihrem Stück "Fischer Fritz" Probleme auf ohne gleich den ideologischen Holzhammer" zu schwingen, resümiert in der FAZ Irene Bazinger. In der Berliner Zeitung resümiert Doris Meierheinrich die Autorentage. Andreas Hartmann annonciert in der taz das "Berlin bleibt!"-Festival des Hau-Theaters.

Besprochen werden Luk Percevals Inszenierung von Mozarts "Entführung aus dem Serail" am Nationaltheater Mannheim (nachtkritik), Philipp Stölzls Inszenierung von Puccinis "Turandot" an der Berliner Staatsoper (nmz, FAZ), Max Simonischeks Adaption von Kafkas letzter Erzählung an den Kammerspielen des Tiroler Landestheaters in Innsbruck (nachtkritik), Oliver Frljićs Adaption von Dostojewskis "Schuld und Sühne" am Schauspiel Stuttgart (nachtkritik), die Uraufführung von Stephan Teuwissens Vampirklamotte "Nosferatu" am Theater Konstanz (nachtkritik), Liesbeth Coltofs Inszenierung von Akın Emanuel Şipals Stück "Nadzieja i tęsknota / Umut ve Özlem / Hoffen und Sehnen" am Schauspielhaus Bochum (nachtkritik), Achim Freyers Inszenierung von Mozarts "Zauberflöte" am Staatstheater Meiningen (nmz), Giuseppe Scarlattis "I portentosi della Madre Natura" (Die wundersamen Wirkungen von Mutter Natur) bei den Musikfestspielen Potsdam Sanssouci (nmz), eine performative Installation zu Medikamententests in der DDR vom Panzerkreuzer Rotkäppchen in der ehemaligen Stasi-Zentrale in Berlin-Lichtenberg (taz) und Ersan Mondtags "Geschwister" am Berliner Maxim-Gorki-Theater (SZ).
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Literatur

ZeitOnline dokumentiert die großartige Rede der ukrainischen Lyrikerin Halyna Kruk beim Poesiefestival Berlin. Wenn russische Kollegen ihr erklären, Dichter sollten nicht über Politik und Krieg sprechen, sondern "über all das erhaben sein", sieht sie nur den tiefen Graben zwischen denen, die Krieg erlebt haben, und allen anderen. Unter Kriegsbedingungen "ist es schwer, erhaben zu sein. Dichtung fasst sich dann in eigenen Formen, als spontanes Gebet, als Lamento oder sogar Fluch wider den Feind. Der zeitgenössischen europäischen Dichtung sind diese Formen der Dichtung fremd, sie sind funktional und rituell, äußerst kreatürlich in ihren Emotionen, überaus subjektiv, sehr pathetisch und intolerant. ... Der Krieg vereindeutigt alles in einem Maß, dass für Dichtung praktisch kein Raum mehr bleibt. Nur noch für Zeugenschaft. Unsere russländischen Kollegen schaffen unterdessen anrührende und tiefe Dichtung für die Ewigkeit, an einem sicheren Ort, in der Emigration, wo nicht geschossen wird, den künstlerischen Zugang im Blick und ohne Ablenkung durch den Schmutz und die Widrigkeit der Wirklichkeit. Und weder eine Sirene noch Geschosse noch ein Besatzer mit einem Maschinengewehr oder einem Panzer halten sie von ihrem konzentrierten Schaffen ab."

Für einen neuen PEN-Aufbruch in Deutschland ist gerade jetzt die beste wie die höchste Zeit, meint die Schriftstellerin Eva Menasse, neben Deniz Yücel frisch gewählte Sprecherin des PEN Berlin, in einem Kommentar in der FAZ. Mehr denn je wollen die Gründerinnen und Gründer verfolgten Literaten weltweit zur Seite stehen: "Die westlichen Gesellschaften sind aus vielen Gründen erbittert, zerfallen, gespalten, die faktische Verwirrung und der täglich exekutierte Moralismus schier grenzenlos." Doch "in diesem heißen Klima von aggressiv-binärem Denken gelingt es, fast 370 Individualisten, Schriftsteller, Lyrikerinnen, Übersetzer, Dramatikerinnen und Essayisten hinter dieser Idee zu vereinen, darunter etliche, deren Spinnefeindschaft zu verschiedenen Themen längst twitterkundig ist. ... Gelungen ist das nicht zuletzt dank der Persönlichkeit von Deniz Yücel", einem "hochkommunikativen Temperamentsbolzen, jemand, der keine Berührungsängste kennt und zögernde Autoren von weit links bis relativ konservativ persönlich vom Mitmachen überzeugt hat. Er ist manchmal laut und polemisch, beides schadet dem typisch deutschen Umgangston nicht, der seine Gemeinheiten lieber wohltemperiert platziert. Er will sie wirklich, die schlagkräftige NGO, die verfolgten Kolleginnen effizient hilft. Aber jetzt, gelöst von den skurrilen alten Darmstädter Fesseln, sind beeindruckend viele, gerade auch jüngere da, die sich mit ihm engagieren wollen."

Die NZZ hat Meral Kureyshis Essay über Heimat und Muttersprache aus der Samstagsausgabe online nachgereicht. Ursprünglich stammt die Schriftstellerin aus dem Kosovo, heute hat sie die Schweizer Staatsbürgerschaft. "Das Dazugewinnen neuer Sprachen, eines neuen Zuhauses, einer neuen Kultur, das alles fordert auch Verluste. Es fühlt sich an, als wäre ich in keiner Sprache zu Hause, an keinem Ort, als suchte ich nach Worten und Bildern, um mich verständigen zu können, aus Angst, nicht verstanden zu werden, an Orten, wo ich mich nicht gut auskenne. Wenn einem sein Zuhause weggenommen wird, die Familie, alles, was man kannte, dann fängt alles andere neu an, in diesem Moment des Ankommens. ... Meine ersten drei Sprachen verstummten vorübergehend, als ich zehn Jahre alt war. Neue Sprachen nahmen zunächst ihren Platz ein. Irgendwann fühlte ich mich sprachlos, da keine Sprache mehr da war, die mich seit Beginn begleitete und weiterwuchs."

Weitere Artikel: Alva Gehrmann berichtet in der FAS von Tsitsi Dangarembgas Fahrt nach Oslo: Die Schriftstellerin, der in ihrer Heimat Simbabwe gerade der Prozess gemacht wird, besuchte dort an der Seite von Karl Ove Knausgård den von der Künstlerin Katie Paterson gepflanzten Wald der ungelesenen Bücher, um dort ein bis zum Jahr 2114 unveröffentlicht bleibendes Manuskript zu hinterlegen. Andreas Platthaus resümiert in der FAZ den Comicsalon Erlangen. Der Schriftsteller Jonas Lüscher ist mit dem Max-Frisch-Preis ausgezeichnet worden, meldet Thomas Ribi in der NZZ. Der französische Schriftsteller Frédéric Beigbeder will kein Kokain mehr nehmen, meldet Johanna Adorján in der SZ.

Besprochen werden unter anderem Mikita Frankos "Die Lüge" (taz), André Dhôtels "Bernhard der Faulpelz" (Tsp), Mareike Fallwickls "Die Wut, die bleibt" (Standard), die Ausstellung "Litafrika - Poesien eines Kontinents im Literaturmuseum Strauhof in der Schweiz (NZZ) und neue Hörbücher, darunter Michael Rotschopfs Lesung von Pasolinis "Ragazzi di Vita" (FAZ).

In der online nachgereichten Frankfurter Anthologie schreibt Matthias Weichelt über Franz Fühmanns "Der Übersetzer":

"Sein Kopf ist müd. Er stützt ihn in die Hand,
jedoch das Denken drängt ihn: Übertrage ..."
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Film

Pure Musik, reiner Sex: "Elvis" zeigt den Weg zum Paradies

Für die FAS hat Bert Rebhandl Baz Luhrmanns kommenden Donnerstag startendes Biopic "Elvis" gesehen, der Leben und Wirken Presleys zu einer Art mystisch-ekstatischen Geschichte formt: In den "vielen impliziten Zeitlichkeiten" des Films "zeigen sich Aspekte einer Paradieserzählung, in der Elvis sich gleichsam in aller Unschuld die schwarze Musik aneignen kann, woraufhin der Sündenfall nun eher darin bestehen würde, dass die Schlange Parker ein Geschäft aus etwas machte, was bei Elvis noch pure Musik und reiner Sex ist. Dem Problem der kulturellen Aneignung tut Luhrmann geschickt Genüge, indem er die Musik von Elvis wie ein Kollektivgut betrachtet, das durch den weißen Sänger hindurchgegangen ist, ihm aber nie allein gehörte. Viele der geläufigen Titel sind wie mit verteilten Rollen zu hören, sie werden in heute geläufige Hip-Hop-Idiome übertragen, sie gehören hier der Popkultur insgesamt, namentlich wieder vor allem der schwarzen."

Weiteres: Lest mehr Roland Barthes, ruft uns Rüdiger Suchsland in seiner wöchentlichen Artechock-Kolumne entgegen, nachdem er bei Barthes Stellen zum Kinobesuch nachgelesen hat: "Fünf Seiten genügen, dann ist der Tag gerettet." Hanns-Georg Rodek erinnert in der Welt an die Nonsense-Komödien von Thomas Gottschalk und Mike Krüger, die vor 40 Jahren die deutschen Leinwände fest im Griff hatten. In der FAZ gratuliert Patrick Bahners dem Schauspieler John Goodman zum 70. Geburtstag.

Besprochen werden Dario Argentos "Dark Glasses" (Artechock, Filmfilter, critic.de, unsere Kritik hier), Nicolette Krebitz' "AEIOU" (taz, Artechock, Jungle World, mehr dazu hier), Simon Brückners AfD-Doku "Eine deutsche Partei" (Artechock, unsere Kritik hier), die vom ZDF online gestellte, ukrainische Serie "Hide and Seek" (taz, mehr dazu bereits hier), die Groteske "Massive Talent", in der Nicolas Cage sich selbst spielt (Artechock, Standard, mehr dazu hier), Greg Björkmans "Press Play and Love Again" (Artechock), Max Feys "Zwischen uns" (Artechock) und das deutsche TV-Comedy-Stelldichein "Die Geschichte der Menschheit (leicht gekürzt)" (Welt).
Archiv: Film

Musik

Im Tagesspiegel-Kommentar ärgert sich Joachim Huber darüber, dass die European Broadcasting Union erklärt hat, den Eurovision Song Contest im nächsten Jahr nicht in der Ukraine abzuhalten, worauf das Land nach seinem Erfolg in diesem Jahr eigentlich einen Anspruch gehabt hätte: "Schon erstaunlich, dass so viele Monate vor dem Termin Gewissheit darüber herrscht, wie unmöglich ein ESC in der Ukraine ist. Beschäftigt die EBU im wohltemperierten Genf eigentlich Propheten? Vor der Absage galt und danach gilt immer noch die Überzeugung, dass die Kunst und Kultur der Ukraine am besten geschützt und bewahrt wird, indem Kunst und Kultur, hier gemünzt in Popkultur und Entertainment, in der Ukraine stattfinden. Weil es eben einen vehementen Unterschied ausmacht, ob Kultur im Land oder als Exilkultur betrieben wird."

Außerdem: Für die taz hat Katharina Granzain John Anderson (auf dessen Kosten) in Italien besucht, wo dieser sein Jazzlabel Odradek betreibt, das es sich zum Ziel gesetzt hat, hochwertige Aufnahmen erschwinglich umzusetzen und alle Entscheidungen von einer demokratischen Jury fällen zu lassen. Ebenfalls in der taz unterhält sich Ardy Beld mit Maksim Pokrovsky von der Moskowiter Band Nogu Svelo!, der wegen seiner Sympathien für Putin-Kritiker Nawalny nach New York emigriert ist. Im Tagesspiegel gratuliert Gerrit Bartels Beach Boy Brian Wilson zum 80. Geburtstag.

Besprochen werden ein Konzert von Björk mit dem Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin (Tsp), ein Wanda-Konzert (Standard), ein Auftritt von Wilco (FAZ), ein Abend mit Gianna Nannini in Frankfurt (FR, FAZ) und Eli Preiss' "LVL UP", ein Album, das laut Freitag-Kritiker Till Wilhelm "einen wachträumenden Retrofuturismus" pflegt, "der die musikalische Gegenwart, um die er sich so wenig kümmert, mit Sicherheit prägen wird". Wir hören rein:

Archiv: Musik