04.07.2014. Die NZZ würde gern mal lachen in Klagenfurt. Die Welt feiert das neue Album von La Roux. Tagesspiegel und Berliner Zeitung porträtieren die Künstlerin Corinne Wasmuth. Die taz vermisst die Anarchisten auf einer CD mit Liedern zum Spanischen Bürgerkrieg. Der Guardian tanzt den Madison.
Literatur, 04.07.2014
Roman Bucheli
berichtet in der
NZZ von einem eher mauen ersten Tag beim Wettlesen für den
Ingeborg Bachmann-Preis in Klagenfurt. Sowohl die Texte - obgleich "virtuos" - als auch die Jury - noch auf der Suche nach der "eigenen Virtuosität" - wollten nicht recht begeistern: "Kaum einmal geschah es, dass dem Publikum der Atem stockte, kaum ein Text brachte die Zuhörer zum
herzhaften Lachen", klagt Bucheli.
Harald Klauhs von der
Presse beobachtete eher eine Art Geschlechterkampf in Klagenfurt: "So waren am ersten Tag des Wettlesens die
bösen Frauen beherrschend, unterbrochen von
traumatisierten Männern. Anders als bei der Jury: Dort stritten sich Männer am liebsten mit Männern (Burkhard Spinnen gegen Hubert Winkels), und - Strigl gegen Feßmann - Frauen gern mit Frauen."
Außerdem: In der
Zeit berichtet Christoph Schröder aus Klagenfurt, in der
FAZ Sandra Kegel. Videoaufnahmen der
ersten Lesung finden Sie
hier.
Weitere Artikel: Der
Strauhof wird für die Literatur gerettet,
meldet Martin Ebel in der
Welt. Für die
SZ hat Burkhard Müller die Tagung des
Verbands der deutschen Übersetzer besucht.
Schriftsteller Michael Köhlmeier stellt in der
FAZ seinen
Lieblingsbuchladen in Innsbruck vor, dessen Betreiber seine eigenen Lieblingsbücher ganz nach oben stellt, damit sie nicht gekauft werden.
Besprochen werden
Bodo Morshäusers Erzählung "Und die Sonne scheint" (
SZ), ein neuer Comic aus dem "Planet der Affen"-Zyklus (
Tagesspiegel), gesammelte Briefe von
Hermann Hesse aus den Jahren zwischen 1905 und 1915 (
Tagesspiegel)
und
Karl Ove Knausgårds "Leben" (
Tagesspiegel)
.Musik, 04.07.2014
Synthiepop vom Feinsten! Das neue Album von
La Roux führt einen freudig erregten Michael Pilz (
Welt) direkt zurück in die Achtziger: ""La Roux", das erste Album, feierte den Synthpop als spartanische Folklore des Maschinenzeitalters. "Trouble In Paradise"
öffnet den Raum, die Sonne scheint, und es wird Funk gespielt. Man weiß nie, ob es die Gitarren, die man hört, tatsächlich gibt oder nur in den Schaltkreisen. Sogar die Stimme hört sich heller an, mit einem
Hauch von Autotune. So hat sich die Musik schon damals aufgetan bei "Tears For Fears", "Talk Talk" oder "A Flock of Seagulls". Es passte auch mehr hinein: politische Programme wie bei "Heaven 17" oder soziale Studien wie bei "ABC"."
Hier eine Kostprobe:
Jörg Sundermeier
staunt in der
taz über Umfang und Qualität einer von
Jürgen Schebera zusammengestellten, mit Begleitbuch und -DVD versehenen
CD-Edition mit Liedern zu und über den
Spanischen Bürgerkrieg. Dennoch trübt Schatten das Licht: "Schebera wiederholt (...) nahezu ausschließlich die Erzählung des Spanischen Bürgerkrieges, wie sie
in der DDR üblich war. Ein anarchistischer Volksheld wie
Buenaventura Durruti scheint Schebera daher völlig egal zu sein. ... Dieses Beschweigen hat Gründe: In mehreren Scharmützeln
töteten die von der Sowjetunion gesteuerten Kommunisten während des Bürgerkrieges unliebsame Genossinnen und Genossen oder vertrieben diese."
Außerdem: Markus Brandstetter und Sandra Manhartseder
warnen in der
taz vor dem volkstümelnden österreichischen Musiker
Andreas Gabalier.
Markus Schneider
unterhält sich für die
Berliner Zeitung mit dem Rapper
Cro. Ebenfalls in der
Berliner Zeitung befragt Katja Schwemmers
James Dean Bradfield, Sänger der
Manic Street Preachers, unter anderem zu seinem Verhältnis zu Berlin.
Besprochen wird
Niobes Album "Child of Paradise", das Stephanie Grimm von der
taz erst nach mehrmaligem Hören wirklich Freude macht.
Bühne, 04.07.2014
Völlig
entrückt, und zwar "auf protestantische Weise",
fühlte sich NZZ-Rezensent Peter Hagmann bei der Aufführung von
Luigi Nonos Hörtheater "Prometeo" in der
Tonhalle Zürich mit
Ingo Metzmacher am Pult: "Das SWR-Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg, das von der Auflösung bedroht ist und um dessen Erhaltung nach wie vor gerungen wird, vermag aufgrund seiner Erfahrung mit neuer Musik
das Ultraleise dieser Partitur vorzüglich zu realisieren - was für das Ensemble Recherche erst recht gilt. Großartig auch die von Walter Nussbaum einstudierte Schola Heidelberg, die ihr
heikles A-cappella-Stück vor dem dritten Drittel blendend meisterte. Und unter den sieben Vokalsolisten ist die Altistin Els Janssens-Vanmunster zu nennen, die in ihrem großen Solo etwas heller klang als seinerzeit Susanne Otto, aber
im Gehauchten eine ungeheure Intensität erzielte, sowie die Sopranistin Susanna Andersson, deren leiser Spitzenton am Ende auf manchem Rücken Schauer erzeugt haben dürfte."
Kunst, 04.07.2014

Der
Käthe-
Kollwitz-
Preis geht in diesem Jahr an die Malerin
Corinne Wasmuht. In ihrem Porträt für die
Berliner Zeitung schreibt Ingeborg Ruthe über die Künstlerin: Sie "stellt - mit enormem Kopf- wie Körpereinsatz, zudem mit altmeisterlichem, peniblem Pinselstrich - das Moderne, Rasante,
Gleichzeitige von Oben und Unten, von Benennbarem und Anonymem, Rationalem und Irrationalem in aller Ambivalenz dar. ... Die wandfüllenden Motive [sind] allesamt
extreme Verdichtungen, nämlich aus vielen kleineren Bildteilen puzzleartig zusammengefügte, zu Panoramen ausgebreitete
Verfremdungen der Realität." (
Bild: Corinne Wasmuht, DFW-CDG, 2010, Foto Stefanie Seufert)
Christiane Meixner
porträtiert die Künstlerin im
Tagesspiegel: Dieser "als Motive dienen
technoide Flughäfen, Bahnhöfe oder Fußgängerzonen, in denen permanent Bewegung herrscht und sich ein Bild ohnehin immer nur für Sekunden fixieren lässt. ... Es entstehen Simultanbilder, in denen die Künstlerin zeitlich und räumlich verknüpft, was in alle Richtungen driften will. Solche Gemälde haben Corinne Wasmuht zu
einer der wichtigsten Künstlerinnen ihrer Generation gemacht." Wasmuhts Arbeiten können derzeit in der Berliner
Akademie der Künste betrachtet werden.
Besprochen werden eine Ausstellung im Berliner
Bauhaus-Archiv über
Wassily Kandinskys Jahre als Bauhaus-Lehrer in Weimar (
taz), eine Ausstellung über
französisches Kunstgewerbe im Louvre (
NZZ), die große Ausstellung über
Karl den Großen in Aachen (
FAZ),
Stan Douglas" Ausstellung "Mise en Scène" im
Münchner Haus der Kunst (
SZ), die Ausstellung "
Heidelbergs wilde Siebziger" im
Kurpfälzischen Museum in Heidelberg (
FAZ) und die
Per-
Kirkeby-Ausstellung in der
Pinakothek der Moderne in München (
SZ).
Film, 04.07.2014
Im
Guardian freut sich Michael Newton über die Filmreihe "
Gotta Dance,
Gotta Dance!" im British Filminstitut in London. Gezeigt werden Musicals, Tanzfilme und Filme, in denen nur einmal getanzt wird, wie zum Beispiel in
Jean-Luc Godards "Bande à Part" von 1964: "Zwei Männer und eine Frau stehen in einem Café auf und
tanzen den Madison. Es dauert ungefähr dreieinhalb Minuten und die ganze Zeit, ohne einen Schnitt, beobachtet sie die Kamera, bewegt sich mit ihnen, nimmt den reinen absichtlosen Charme auf, wie attraktiv die Männer sind, wie schön die Frau. Gesten werden zu einem Muster, ihnen zuzusehen, hypnotisiert den Zuschauer. Es ist kein Tanzfilm, aber hier sind sie, tanzend, und jeder richtig bemessene Schritt führt uns
zur Freiheit."
Der
Madison, mit Claude Brasseur, Anna Karina und Sami Frey:
Weitere Artikel:
Richard Raymonds Film "Wüstentänzer" nimmt für sich in Anspruch, das Leben des iranischen, 2009 nach Frankreich ausgewanderten Tänzers
Afshin Ghaffarian zu erzählen. Schon gestern
monierte Matthias Dell in der
taz, dass der Film diese Geschichte vor allem in Form von Betroffenheitskitsch seinem westlichen Publikum andiene. Im
Tagesspiegel bringt nun Deike Denning Hintergründe dazu, dass sich mittlerweile auch Ghaffarian selbst von dem Film mit der lapidaren Behauptung
distanziert, gar nicht geflohen, sondern 2009 einfach in Frankreich geblieben zu sein. Das
deutsche TV produziert immer mehr
Krimis, stellt Rainer Gansera in der
SZ nach dem Besuch der Reihe "Neues Deutsches Fernsehen" des Filmfests München fest: Insbesondere
Florian Schwarz" leichengesättigter
"Tatort: Im Schmerz Geboren" findet dabei sein Wohlwollen. Für den
Perlentaucher hat sich Thomas Groh in München neue Filme
angesehen, darunter
Jonathan Glazers "Under the Skin".
Besprochen werden
Fabian Moehrkes "Millionen" (
Zeit)
und die erste Staffel der Serie "Copper" mit
Franka Potente (
Tagesspiegel)
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