31.03.2007. Richard Yates hat mit "Easter Parade" das beste Timing hingelegt, Ulf Erdmann Ziegler und Harald Martenstein die besten Romandebüts von Journalisten. Viel Spaß mit den besten Büchern im April!
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Noch mehr Anregungen gibt es natürlich weiterhin
- im vergangenen
Bücherbrief- in
Vorgeblättert- in der
Krimikolumne "
Mord und Ratschlag"
Die besten Bücher der zweiten Jahreshälfte finden Sie übrigens in den
Büchern der Saison. Und natürlich haben wir ständig die neuesten
Literaturbeilagen ausgewertet.
Buch des MonatsUlf Erdmann ZieglerHamburger HochbahnRoman
Ein neuer Romancier ist geboren! Überraschend, ja sensationell findet es Stephan Wackwitz in der
taz, dass der als Journalist bekannte
Ulf Erdmann Ziegler nun plötzlich "den" Zeitroman der späten Siebziger und frühen Achtziger vorlegt. Die Geschichte sei
originell ohne Beispiel, auch wenn die Rahmenhandlung das nicht vermuten lasse. Ein Architekt, der nicht recht weiß, was er als Begleitung seiner in den USA tätigen Frau tun soll, schreibt über seine Jugend. Mit Sinn für
subtile Verschweigungen und souverän in den Stilmitteln wird das Debüt auch für die
NZZ zum Geheimtipp. Hier eine
Leseprobe.
LiteraturHarald MartensteinHeimwegRoman
Ein Kind erzählt die Liebesgeschichte seiner Großeltern. Hört sich wie ein normaler Familienroman an. Ist es aber nicht, versichert die
SZ. Denn
Harald Martenstein verweigere sich nicht nur der Chronologie, sondern zunehmend auch dem Realismus. Harmlos ist dieses Buch nur auf den ersten Blick, erklärt die
FAZ. Nach und nach entblättert sich ihr nämlich eine hintersinnige und
raffinierte Gesamtkonstruktion, die das nicht kleine Kunststück vollbringt, die doch recht brave BRD als unheimliches Zwischen- und Schattenreich zu präsentieren. Und die
taz reizen die Verwischungen von
Wahn und Wirklichkeit, von Schuld und Wahrheit.
Natasha RadocjcicHalids HeimkehrRoman
Ein Bosnier kehrt aus dem Krieg zurück, er hat viel Geld geraubt, sich aber auch die Hände
schmutzig gemacht. Der Krieg verfolgt ihn, er findet nicht mehr in den Alltag zurück. Mal schnörkellos realistisch, mal unwirklich fantastisch erzählt die in Belgrad geborene Amerikanerin
Natasha Radojcic diese große, fast
archetypische Tragödie, schwärmt die
Zeit. Und obwohl sie derartige Geschichten schon öfter gelesen hat, kommt es ihr bei Radojcics Erstling so vor, als höre sie all das zum ersten Mal.
Richard YatesEaster ParadeRoman
Großartig, dass die Wiederentdeckung von
Richard Yates, der so stur wider den amerikanischen Traum anschrieb, mit jeder weiteren Neuauflage seiner Romane an Fahrt gewinnt, frohlockt die
taz. Die
Zeit stimmt eifrig zu und beobachtet interessiert, wie Yates die zunächst aussichtsreichen Leben einer Frau und ihrer beiden Töchter geduldig
zermalmt. Die
FAZ betört an dem Kontrastprogramm zu Ostern die bezwingend schlichten Sätze, die sich zu einer
durchsichtigen Sprache formen, die dann auch noch elegant übersetzt wurde.
SachbuchIris Radisch Die Schule der FrauenWie wir die Familie neu erfinden
Höchst mutig und erfreulich findet die
FR, dass sich
Iris Radisch hier mit allen anlegt: mit den Powerfrauen, die sich in die Tasche lügen, mit
verantwortungslosen Männern und vor allem mit den Hausfrauen. Die schonungslose Bestandsaufnahme der Familienmisere ruft auch bei der
SZ Beifall hervor. Schlagfertig und vor allem ohne einen Hauch von Ideologie stelle Radisch fest, dass es so wie jetzt nicht weitergehe. Ihr Plädoyer für die
Familienzeit unterschreibt die
SZ nach der Lektüre anstandslos.
Günther Rühle Theater in Deutschland 1887-1945 Alle Rezensenten sind sich einig, dass der Kollege
Günther Rühle hier ein
Standardwerk verfasst hat. Rühle versteht Theater als Reaktion auf die Zeitgeschichte und verwebt beide Sphären aufs Innigste. Ein kulturgeschichtliches Panorama, wie es selten ein Buch entfaltet, notiert die
FAZ ehrfürchtig, und die
SZ begreift das Theater dank Rühle nun endlich als lebendigen, in die Zeit eingebetteten
Organismus. Nur die
FR besteht auf einer größeren Eigenständigkeit des Theaters. Der einzigartigen und
schönen Ernsthaftigkeit des voluminösen Bandes kann aber auch sie sich nicht entziehen.
Jörg Heiser Plötzlich diese ÜbersichtWas gute zeitgenössische Kunst ausmacht
Ein
erstaunlich erhellendes Buch über die
Gegenwartskunst, stellt die
FAZ mit anerkennend hochgezogener Augenbraue fest. Der subjektiv bis polemische Essaystil nach angelsächsischem Vorbild gefällt ihr genauso gut wie die Tatsache, dass man
Jörg Heisers Kunstverständnis mit den Handreichungen, die dieser
stringent argumentierende Band biete, auch wieder konstruktiv zerlegen könne.
Gerard PrunierDarfurDer "uneindeutige" Genozid
Der Ostafrika-Experte
Gerard Prunier hat schon ein Standardwerk zum Völkermord in Ruanda vorgelegt und enttäuscht die
SZ auch beim Thema Darfur nicht. Hier sei Prunier aber weniger an einer Definition des Genozids interessiert, hier benenne er Taten,
Täter und Tatorte. Und decke auf erfrischende Art die oft banalen Motive des Völkermords auf.
Äußerst wertvoll, und zwar sowohl in analytischer als auch politischer Hinsicht, urteilt die
SZ.
HörbuchRobert MusilDer Mann ohne EigenschaftenZweites Buch. 2 MP3-CDs, gelesen von Wolfram Berger
Beim
warmen Timbre von
Wolfram Berger schmilzt die
FAZ dahin. Eine großartige Lesung, jubelt sie, in der Berger jeder Figur des komplexen Romans eine eigene Identität verleihe. Einzigartig aber ist laut
FAZ der
höhere Dilettantismus Bergers, der vor allem in den späteren Kapiteln erst während des Vorlesens zu einer Haltung gegenüber dem Werk zu finden scheint. Die Melancholie Bergers passe hier auch besser als beim
ersten Band, den er vor drei Jahren ebenfalls grandios eingelesen habe.
BildbandMaria LafontSoviet PostersThe Sergo Grigorian Collection
Die sowjetische Plakatkunst vom zaristischen Russland bis zum Ende der Sowjetunion in über
300 Beispielen: Die
SZ sieht rot und ist begeistert. Es gehe in den Exponaten der Sammlung von Sergo Grigorian erfreulicherweise nicht vorrangig um die Agitation gegen Gegner des Kommunismus, sondern um die
innere Bildung des Sowjetbürgers. Die
FAZ begrüßt den Band ebenso, beschwert sich aber nebenbei über die unbefriedigenden Begleittexte von
Maria Lafont.