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Erinnerungen/Autobiografien

Zwei große alte Männer des deutschen Konservatismus erinnern sich. Der Historiker Joachim Fest in "Begegnungen" an "nahe und ferne Freunde". Lob kommt dabei gerade von linker Seite. Die taz lobt das in den Porträts von Fests Zeitgenossen entstehende "Epochenbild mit Sinn für Schattierungen, Bizarrerien und Verrücktheiten". Die Zeit lobt Fest als "sensiblen und klugen Beobachter" und dem Rezensenten der SZ hat das Porträt Hannah Arendts neben manch anderem "brillanten" Stück am besten gefallen. Auch Wolf Jobst Siedler hat mit "Wir waren noch einmal davongekommen" () einen neuen Erinnerungsband (hier eine ) veröffentlicht. Die FR bewundert die Gedächnisleistung und bedauert nur, dass über die Verlegerjahre Siedlers nichts zu erfahren ist. Die NZZ lobt etwas zurückhaltender, bescheinigt aber Geschmackssicherheit auch beim Klatsch.

Als DDR-Erinnerung der gelungenen Art wird "Geboren am 13. August" () des heute für die SZ arbeitenden Journalisten Jens Bisky empfohlen. Gerade dass Bisky keine Anstrengungen unternehme, sich zum Sprecher einer Generation zu machen, findet die taz sehr angenehm. Die FAZ erfreut sich an faszinierenden "Detailbeobachtungen" und Biskys "Geschick für Dramaturgie". Noch persönlicher sind die autobiografischen Notizen von Jakob Hein. In "Vielleicht ist es sogar schön" () schreibt er über den Krebstod seiner Mutter. Dazwischen finden sich aber auch Rückblicke in die Kindheit, an denen der taz der Mangel an jeder Form von Ostalgie gefallen hat.

Einen neuen Blick auf vermeintlich Vertrautes hat Ulrich Enzensbergers "Die Jahre Kommune I" () zu bieten. Der Autor war damals das jüngste Mitglied neben den Kommune-Stars wie Rainer Langhans und Uschi Obermaier. Der 68er-Experte Wolfgang Kraushaar findet in der Zeit die Einordnung des Privaten ins Historische gelungen und lobt, dass hier eine "Ansammlung von Episoden zu einer Geschichte geworden" ist.


Tagebücher

Da ist vor allem das eine zu nennen, Peter Rühmkorfs "Tabu II" (),das überall pflichtschuldig und doch auch ergriffen gefeiert wurde. Es schließt an den legendären Band "Die Jahre, die ihr kennt" von 1971 und den Tagebuchband "Tabu I" an, erläutern die Rezensenten. Die Tagebuchaufzeichnungen, Aphorismen und "Prachtstücke aus dem ewigen Vorrat deutscher Fäkalpoesie" (Patrick Bahners in der FAZ) stammen immer noch aus den Jahren 1971 und 72 und sind auch als Zeitdokument zu lesen. Ein ganzes "Meinhof-Dossier" werde hier unter anderem zutage gefördert, berichtet Michael Baun in der NZZ, eine "Materialsammlung zu den politischen Verblendungen jener Zeit". In der Zeit feiert Gabriele Killert Rühmkorfs "desperate Heiterkeit".


Biografien

Es schillert gewaltig im Lande. Der große Dichter ist im nächsten Jahr zweihundert Jahre tot, und der lange verlachte kommt zu neuen Ehren. Rüdiger Safranskis große Schiller-Biografie () steht gar in den Top 20 beim Spiegel. Safranski gelinge es gerade, Schiller das Gespenst der "Plattheit" auszutreiben, meint Rolf-Bernhard Essig in der Zeit.Schiller werde als ein Dichter geschildert, dessen Modernität in bewusster Abkehr vom Nihilismus liege. Fesselnde Sachlichkeit attestiert Hans-Jürgen Schings in der FAZ. Und Manfred Koch beschreibt in der NZZ Safranskis Schiller als Sartre des 18. Jahrhunderts.

Durchweg gelobt wird die erste große Biografie "Friedrichs des Großen" () seit zwanzig Jahren, die der Historiker Johannes Kunisch verfasst hat. Die Rezensenten sind sich einig, dass hier erstmals ein durchweg modernes Bild des Monarchen entworfen wird - sie fragen sich allerdings auch etwas bedauernd, wohin die Größe Friedrichs in dieser Darstellung verschwunden ist. Für die FAZ erweist sich der Alte Fritz nach der Lektüre als "Achtundsechziger auf dem Thron". Die SZ kann sich nicht recht damit abfinden, dass Friedrich aufs Normalmaß eines spätabsolutistischen Herrschers schrumpft. In der Zeit zeigt sich Kunischs Kollege Hans-Ulrich Wehler aber fast restlos begeistert.

Lothar Gall hat diese Biografie des Bankiers Josef Abs ("Der Bankier - Hermann Josef Abs") () mit Unterstützung der Deutschen Bank geschrieben, die auch Einblick in Archive gewährte. Dennoch sei das Buch keine Apologie, schreibt Volker Ulrich in der Zeit und bechreibe Abs' Haltung in der Nazizeit "behutsam abwägend, frei von vorschnellen Schlüssen oder pauschalen Verdächtigungen". Ein Widerständler sei Abs nicht gerade gewesen, meint auch Jürgen Jeske in der FAZ, der Galls Biografie historische Seriosität und "fesselnde Geschichtserzählung" nachsagt.

Mit seiner Biografie des ungarischen Multitalents "Bela Balazs" () ist Hanno Loewy eher eine Neu- als eine Wiederentdeckung gelungen. War Balazs bisher vor allem als Klassiker der Filmtheorie eine feste Größe, so lässt sich in Loewys Buch nicht nur der Autor von Märchen und Romanen und Freund von Georg Lukacs kennenlernen, sondern auch der historische Hintergrund in Ungarn und später in Berlin. Die Zeit findet das Buch "aufregender als manchen Roman", die FAZ bewundert die Rechercheleistung dieser Dissertation. (Die Perlentaucher sind Balazs-Fans, seine Jugenderinnerungen () waren für uns eine der größten Wiederentdeckungen der letzten Jahre.)

Chinas berühmteste Dichterin Li Qingzhao lebte im 12. Jahrhundert hiesiger Zeitrechnung. In Deutschland ist sie allenfalls einschlägigen Akademikern bekannt, aber nun hat ihr Barbara Beuys eine Biografie ("Der Preis der Leidenschaft") () gewidmet. Zwar steht ihr das klassische Chinesisch nicht zur Verfügung, aber Jürgen Osterhammel lobt in der Zeit "Fleiß, Ernst und ihren Drang zur Vollständigkeit". Beuys sei "ein großes Zeitbild" des mittelalterlichen China" gelungen. Beuys weckt Interesse für das gegenwärtige und vergangene China, meint auch "lx" in der NZZ.


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