Die Buchmacher

Verleger im Web 2.0

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
18.06.2007. Mit wem Guido Zanolli am liebsten nächtelang über seine Pleite spricht. Welche Zukunft die kriselnde Verbandsinstitution BAG hat. Wie sich die Aufgabe der Verleger im Web 2.0 ändert. Und welche Themen die Branche am meisten bewegen.
(Die Buchmacher sind noch im Urlaub. Die nächste Ausgabe erscheint am 23. Juli 2007)

Börsenblatt

Abseits vom Printheft hat das Börsenblatt die Buchhändlertage in Berlin groß und breit im Internet begleitet - hier etwa mit einem Live-Ticker die Hauptversammlung. Höhepunkte: Der Börsenverein plant 2007 einen ausgeglichenen Haushalt ein - vielleicht sogar ein Plus von rund 150.000 Euro. Vorsteher Gottfried Honnefelder wurde mit 273 von 323 Stimmen im Amt bestätigt. Der neue BAG-Vorstand (die Sortimenter Andreas Meier und Peter Peterknecht, der Verleger Volker Neumann und der Zwischenbuchhändler Helmut Richter) verhandelt mit dem Vorstand des Börsenvereins über das Kölner Modell, mit dem Ziel, den Anteil des BAG-Vereins von 25 Prozent auf 25,1 Prozent zu erhöhen und so dem Verein ein größeres Mitspracherecht zu sichern. Im Heft vermelden die Frankfurter, dass vier von fünf Geschäftsbereichen der BAG 2006 mit roten Zahlen abgeschlossen haben (insgesamt minus 14 Millionen Euro).

Schönstes Stück im Heft ist ein Porträt von Guido Zanolli (Autor: Holger Heimann) - dem Mann, der wie kein anderer in den letzten Jahren für (zuletzt meist negative) Schlagzeilen gesorgt hat. Etliche Wochen, nachdem Zanolli dem Buchmarkt (also dem mit ihm befreundeten Herausgeber Christian von Zittwitz) für ein Interview parat stand, bricht der spektakulär mit seinem Modernen-Antiquariat-Großhandel in die Pleite gesteuerte Kölner also auch gegenüber den Frankfurtern sein Schweigen. Zanolli erklärt, dass er nächtelang mit seiner Frau über seine Pleite geredet und auch die eine oder andere Träne vergossen habe. Nein, Suizid-Gedanken habe er nicht gehabt. "Das Verlagsgeschäft war eine Nummer zu groß für uns", räumt der Kölner ein. Aber andererseits habe er auch "ein großes Rad gedreht". Inzwischen arbeite er als Makler im MA-Geschäft - ein Großteil des Einkommens muss der Köln-Italiener jedoch an die Gläubiger abführen. "Der 47-Jährige schuldet ihnen Millionen, und er haftet persönlich. Möglicherweise wird er für den Rest seines Lebens bezahlen müssen", schreibt Heimann.

Weitere Themen: Das pfälzische Edenkoben will sich als Bücherstadt präsentieren - sechs bis zehn Antiquariate sollen in den kommenden 18 Monaten angesiedelt werden. Michael Roesler Graichen stellt eine Studie vor, die den Wandel der Verlagshersteller untersucht. Fazit: "Aus dem Hersteller wird der Content-Logistiker, der den digitalen Workflow managt." Der Autor Jochen Schimmang beklagt sich, dass Buchhandlungen seit gut zehn Jahren ihre Seele verloren haben (Angst um die Existenz, Arroganz und Ignoranz herrschten inzwischen vor). Den Fragebogen hat der C.H. Beck-Belletristik-Chef Martin Hielscher ausgefüllt. Schwerpunkt des Heftes ist der Markt für Kunstbücher.
Archiv: Börsenblatt

buchreport.express

Im Interview mit Thomas Wilking beschreibt Hans Huck-Blänsdorf (Chef bei Brockhaus Duden Neue Medien) die Herausforderungen der Verlage im Web 2.0. "Die verlegerische Rolle ändert sich beispielsweise dadurch, dass wir Plattformen bieten und die Kunden dafür zahlen, dass sie dort mitmachen können, also nicht wie bisher für die Lieferung eines geschlossenen Produkts." Die Verlage organisierten nicht mehr Inhalte und Vertriebswege, sondern Kunden.

Anlässlich der Buchhändlertage in Berlin hat buchreport die zentralen Themen der Branche destilliert, als da wären: die Unsicherheiten rund um das Urheberrecht, die Online-Herausforderungen vom Mitmach-Web 2.0 über illegale Buch- und Hörbuchkopien im Netz bis zum mühsam anlaufenden Verbandsprojekt Volltextsuche Online, die Überschüsse der Wirtschaftsbetriebe und die weiter sinkenden Beitragseinnahmen im Verein sowie die Herausforderungen nach dem Fall der Buchpreisbindung in der Schweiz. Besonders verbandsintern stehen die Zeichen auf Sturm - besonders wegen der Krise der Buchhandels-Abrechnungs-Gesellschaft BAG. Erste Ergebnisse der Buchhändlertage lagen vor Redaktionsschluss nicht vor (hier die Online-Zusammenfassung des Börsenblatt).
 
Die Mayersche Buchhandlung stärkt ihr Filialnetz durch zwei Übernahmen: die Buchhandlung Albert Röder in Wuppertal-Barmen sowie C. L. Krüger in Witten - beide sind laut buchreport (hier der Artikel) mittelständische Unternehmen mit einer langen Tradition von 150 Jahren (Röder) bzw. 149 Jahren (Krüger).

Weitere Themen: Der Börsenverein hält an seinem Ziel fest, mit dem Projekt "Volltextsuche Online" - nach etlichen Verzögerungen - definitiv noch in diesem Jahr an die Öffentlichkeit zu gehen. Derzeit suchen die Volltextsucher nach einem Dienstleister, der die Verlage beim Scannen der Bücher unterstützen soll. Das Hörbuch zum letzten "Harry Potter"-Band erscheint erst nach dem Weihnachtsgeschäft 2007 - also wohl erst Anfang 2008; der deutsche Print-Potter ist ab 27. Oktober zu kaufen. Das französische Medienkaufhaus Fnac will mit Filialen in der deutschsprachigen Schweiz (Zürich, Basel, Bern) wachsen. Die US-Marktforscher der Book Industry Study Group erwarten für 2007 ein Umsatzwachstums des US-Marktes von 4,1 Prozent auf 39,65 Milliarden Dollar.