Die Buchmacher

Die Buchmacher

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
19.03.2007. Warum die lit.cologne selbst Münchner Köln-Skeptiker begeistert. Wie der Börsenverein mit dem BAG-Streit umgeht. Wie der größte deutsche Fachverlag abspeckt. Und warum amazon.de nicht mehr so viel besser ist als buch.de und weltbild.de.

buchreport.express

Die Querelen im Börsenverein halten an (zur Vorgeschichte siehe Buchmacher vom 12. März 2007). Nach Recherchen des buchreport lässt der Verband inzwischen keinen Zweifel mehr daran, dass "seine kreditgestützte Umarmung die bisher eigenständige BAG unter das Dach seiner Wirtschaftstochter MVB führen soll." (hier der Artikel, hier die Fortsetzung) Demgegenüber habe die BAG geklagt, dass sein Vorstand "der Not gehorchend" einen "eigentlich unzumutbaren Vertragstext" - es geht um ein Darlehen, das die Verbandstochter MVB der BAG zuschustert - unterzeichnet habe. Die aus dem BAG-Streit resultierende Spaltung des Verbands zeige sich an den Vorstands-Rücktritten von Ole Schultheis (stellvertretender Vorsteher) und Schatzmeister Martin Ludwig.

Ebenfalls zum Thema BAG meldet buchreport, dass die mehrheitlich der BAG gehörende ZMV Medien Vertriebs GmbH verkauft werden soll - die Kölner ZMV war gegründet worden, um die Restbestände aus der Zanolli-Pleite zu verkaufen. Derzeit lagerten noch sieben der einst 14 Millionen Bücher am Rhein; 2006 habe die ZMV mit einem Umsatz von 8,7 Millionen Euro und einer schwarzen Ergebnis-Null abgeschlossen. Lesetipp am Rande: Die Pleitegeschichte von Zanolli hat Roman-Qualitäten; bei boocompany.com lassen sich einige schöne Kapitel nachlesen.

Die Private-Equity-Gruppe GMT Communication Partners (London) übernimmt mit dem Springer-Bereich B2B Construction die Bau-Aktivitäten des größten deutschen Fachverlags Springer SBM. Ob die 2003 von den Private-Equity-Firmen Cinven und Candover für rund 1 Mrd Euro gekaufte Verlagsmutter, wie seit Jahren spekuliert, nun verschlankt an die Börse strebt, bleibt offen. "Die Vorbereitungen für einen Börsengang in diesem Jahr müssten längst getroffen sein. Dies ist aber nicht der Fall", zitiert buchreport einen Verlagssprecher (hier der Artikel).

Nach einer Studie der Unternehmensberatung SirValUse büßt amazon.de an Vorsprung gegenüber buch.de ein. "Amazon gilt immer noch als Paradigma für Kaufvorbereitung und Kaufprozesse, spielt aber aus Usability-Gesichtspunkten nicht mehr die führende Rolle", zitiert buchreport SirValUse-Mitarbeiterin Silja Harm. Die Startseite von buch.de sei von den Probanden als besonders informativ, gut strukturiert und übersichtlich gelobt worden; demgegenüber seien die amazon.de- und weltbild.de-Startseiten als "blass und kalt" beziehungsweise "zu überladen" empfunden worden. Auch beim Warenkorb habe buch.de die Nase vorn gehabt, während sich die Nutzer von amazon.de vor allem durch die Produktempfehlungen gestört gefühlt hätten.

Weitere Themen: Suhrkamp will auf der Leipziger Buchmesse das neue Programm für den Verlag der Weltreligionen im Insel Verlag (VDWR) vorstellen. Die Tochter des Oetinger Verlags, Ogglis Film Productions, hat sich die Filmrechte an dem Kinderbuchklassiker "Tomte Tummetott" von Astrid Lindgren gesichert.

Börsenblatt

Im Gastkommentar gibt sich der Random-House-Justiziar Rainer Dresen als Möchtegern-Kölscher-Jung zu erkennen. "Als Münchner käme man sonst kaum auf die Idee, einfach nur so zum Spaß nach Köln zu fahren. Denn dafür ist einem Fremden diese Stadt mit ihrer so offensichtlich zur Schau gestellten Lebensfreude und der Vorliebe für dünnes Bier aus Reagenzgläsern doch zu rätselhaft." Bei der lit.cologne hat Dresen dann seine Meinung geändert. "Glänzend unterhalten, merke ich gar nicht, dass mir Bernd Schroeder ein Kölsch nach dem anderen bringt, das gegen jedes Vorurteil sehr gut schmeckt, und sogar die kleinen Gläser finde ich auf einmal sehr praktisch, denn bevor das Bier warm werden kann, ist es schon ausgetrunken." Nett geschrieben, denkt der gemeine Leser - aber bewegen die Branche und den Börsenverein nicht gerade andere Probleme, die im Kommentar aufgegriffen werden müssten? Aber vielleicht interessieren sich die Verbandsmitglieder gar nicht dafür? Im Online-Forum des Börsenblatt, wo über die BAG diskutiert werden soll, herrscht gähnende Leere. Gleichwohl gibt es einen interessanten, da wichtige Fragen aufwerfenden Beitrag, in dem - by the way - auch die Zusammenfassung der Zanolli-BAG-Pleite bei den Perlentaucher-Buchmachern zitiert wird. Hier eine Mail, die in BAG-Kreisen verteilt wird und in der Lorenz Borsche schweres Geschütz gegen den Börsenverein auffährt.

Zum Thema BAG liefert das Börsenblatt diesmal einen vierseitigen Artikel, in dem hauptsächlich die Chronik der und Stimmen zur Misere dargestellt werden. Vorsteher Gottfried Honnefelder verteidigt die Vorstands-Politik zur Rettung (und Übernahme?) der BAG durch die MVB sowie den Artikel im Börsenblatt (hier die Zusammenfassung, hier das Corpus delicti als PDF), der die Rücktritte der Vorstände Ole Schultheis und Martin Ludwig ausgelöst hat. Online hat das Börsenblatt einen Offenen Brief der Buchhändler Christian, Heinrich und Hermann-Arndt Riethmüller (Inhaber der Osianderschen Buchhandlung in Tübingen) veröffentlicht, die schreiben: "Wir betrachten mit großer Sorge, wie aus der existentiellen wirtschaftlichen Krise der BAG eine Krise des Buchhandels zu werden droht, weil persönliche und sachliche Interessen, Eitelkeiten, Vorwürfe und Gegenvorwürfe ein explosives Gemisch ergeben, das Lösungen, die an der Sache orientiert sind,immer schwieriger macht."

Sybille Fuhrmann besucht die lit.cologne und ist ebenfalls begeistert. Der Mix aus Anspruch, Unterhaltung und überraschenden Begegnungen mache den Reiz des Lesefestivals aus.

Weitere Themen: Der Onlineshop booxtra.de ist in der Marke buecher.de aufgegangen. Ex-Dussmann-Chefin Martina Tittel steigt als Partnerin bei der Branchenunternehmensberatung Bommersheim Consulting ein (hier die Meldung). Beim "Rundruf" hat das Börsenblatt Buchhändler nachgefragt, ob denn zu Hause bei den Kunden vermutlich viele ungelesene Bücher herumliegen (seltsame Frage). Im "Menschen"-Ressort stellt Nicola Bardola den persischen Sortimenter Enayatollah Rezai vor, der vier Buchhandlungen am Ammersee leitet. Der "Fragebogen" fällt diesmal flach.
Archiv: Börsenblatt
Stichwörter: Lit.cologne, Kölsch