Die Buchmacher

Die Buchmacher

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
28.03.2006. In dieser Woche: Wie sich kleine Verlage auf große Veränderungen einstellen. Und wo die juristischen Verlage kräftig beben.

buchreport.express

Seit Wochen verfolgt der buchreport die neuen Einkaufsmodelle, mit denen die Barsortimente und Einkaufsgenossenschaften der Buchhändler zur überfälligen Rationalisierung im Bücherbetrieb beitragen wollen. In einem Rundruf fragt die Zeitschrift bei den Chefs der Zwischenbuchhändlern nach der Resonanz ihrer Angebote - und die klopfen sich gerne selbst auf die Schulter. So ist die Akzeptanz des hauseigenen Programms "Fit für die Zukunft" laut KNV-Chef Oliver Voerster "überwältigend". Dennoch zweifelt der buchreport letztlich an einer Funktionsverschiebung zu Gunsten der Barsortimente, die, anders als die Verlagsauslieferungen, auf eigene Kosten und eigenes Risiko Bücher zum Weitervertrieb an Buchhandlungen einkaufen: Besonders die stark wachsenden Filialisten bauen kontinuierlich den Direktbezug von den Verlagen aus.

Scheinbar reumütig zeigt sich Stefan Vogel, Einkaufschef der größten Buchhandelskette Thalia: "Wir haben die Botschaft der Verlage verstanden", kommentiert Vogel die teilweise harsche Kritik der Verlage auf die von Thalia vor der Frankfurter Buchmesse ins Spiel gebrachte Kostenbeteiligung an Umbauten und Neueröffnungen des Branchenprimus (bis zu 5000 Euro pro Verlag). Und präsentiert das jüngste Ergebnis des kreativen Thalia-Think Tank: Die Verlage sollen ihren Obolus künftig in Form von höheren Werbekostenzuschüssen entrichten. Der Börsenverein prüft, ob Thalias "Anzapfen" gegen die Wettbewerbsregeln verstößt.

Ein "kräftiges Beben" in der juristischen Verlagsszene vernimmt die Redaktion aus Richtung Köln: Der internationale Fachinformationskonzern Wolters Kluwer steigt mit der Übernahme des Kölner Carl Heymanns Verlags zur zweitgrößten deutschen juristischen Verlagsgruppe hinter C.H.Beck auf. Mit der Übernahme ende für Heymanns "eine kritische, zweijährige Übergangszeit" nach dem plötzlichen Tod des langjährigen Verlegers Bertram Gallus.

Löst der Spagat zwischen Event- und Arbeitsmesse Haltungsschäden aus, lautet eine der Lieblingsfragen von buchreport, die diesmal der Leipziger Buchmesse-Chef Oliver Zille beantworten muss. Der hält, wie die Frankfurter Kollegen, "lautes Trommeln und leise Töne" für möglich. Finanziell stehe die Messe auf sicheren Beinen. Die Parallelität zur lit.cologne sei fruchtbar für beide Seiten.

Meldungen: Hugendubel will seine papiernen "Buchlaufkarten" entsorgen und als einer der letzten Filialisten ein Warenwirtschaftssystem installieren. Im Wettbewerb mit den sieben Filialisten bündenln unabhängige Buchhandlungen in einer Arbeitsgemeinschaft ihre Kräfte. Die Börsengänge der Mediengruppe Bertelsmann und der Ex-Bertelsmann-Verlagsgruppe Springer Science + Business Media bleiben fraglich. Am World Book Day in Großbritannien, an dem allein 26.000 Grundschulen teilnahmen, haben die Buchhändler 12,6 Prozent mehr umgesetzt als im Vorjahr. Verärgert über ungemütliche Agentenzentrum auf der London Book Fair wollen die Rechtehändler im kommenden Jahr einen alternativen "Lizenzsalon" im Arts Club in Mayfair eröffnen: den "Salon de Refus", der seinen Namen von einer Pariser Kunstausstellung im 19. Jahrhundert ableitet. Hier die Bestsellerlisten.

Börsenblatt

Gigantische Überproduktion, Konzentration im Buchhandel, schmale Finanzdecken: Welche Perspektiven sich in diesem Dickicht für kleinere Verlage ergeben, fragt das Börsenblatt drei unabhängige Verleger. Die Antworten von Bettina Preiß (VDG Verlag), Michael Zöllner (Tropen) und Manfred Metzner (Das Wunderhorn) sind zwar nicht neu, aber teilweise amüsant. Auf die Frage nach der Konkurrenz durch den Internet-Buchhandel und den Konsequenzen aus den verschiedenen Digitalisierungsbestrebungen versichert Metzner: "Ich gehe davon aus, dass unsere Leser (...) das Netz zwar nutzen, sich aber nicht vom Netz abhängig machen wollen. Wir müssen dafür sorgen, dass das Buch und das Umfeld, wie wir es schätzen, im Mittelpunkt bleiben." Darauf die Weimarer Verlegerin Preiß: "Der letzte deutsche Kaiser hat gesagt: Ich setze auf das Pferd, das Auto hat keine Zukunft."

Ähnlich traditionsbewusst zeigt sich Börsenvereins-Vorsteher Gottfried Honnefelder, der über die "geheiligte Ware Buch" (Brecht) philosophiert (der Beitrag basiert auf Honnefelders Eröffnungsrede zur Leipziger Buchmesse). In der Konkurrenz zu anderen Medien, erklärt der frühere DuMont-Verleger mit pathetischem Unterton, behaupte sich das Buch "als Schlüsselmedium des kulturellen Austauschs" - "als ein Text, der sich nicht löschen lässt, der nicht abstürzt und den man nicht wie ein beliebiges Modul verschieben kann".

Auf der Leipziger Buchmesse haben sich die Börsenblatt-Reporter unter anderem an die Fersen von gestressten Autoren, Lektoren und von Messechef Oliver Zille geheftet. Das schönste Zitat stammt aber vom Schriftsteller Alban Nicolai Herbst (mehr im Perlentaucher-Archiv), der in seinem Internet-Blog resümiert: "Sowas ist halt typisch Betrieb: Wie mach ich etwas über ein Thema der Zeit, aber so, dass sich niemand auf die Füße getreten fühlen kann? Sentimentalgeschwängerter Inzest pur, Heuchel-Schunkeln."

Weitere Artikel: Für den Deutschen Jugendliteraturpreis sind diesmal nur 27 statt 30 Titel nominiert worden - "ein Armutszeugnis", findet das Börsenblatt in seinem wöchentlichen Rundruf. Nils Kahlefendt porträtiert das Berliner Verlegerpaar Gudrun Fröba und Rainer Nitsche (Transit Verlag). Volker Schwarz würdigt in einem Nachruf den früheren Suhrkamp-Geschäftsführer Heribert Marre. Andreas Trojan befragt Bernd Zanetti, Leiter der Akademie des Deutschen Buchhandels, nach dem wachsenden Interesse der Branche an Weiterbildung. Hanser-Verleger Michael Krüger feiert den letztjährigen Sieger des Deutschen Buchpreis, Arno Geiger (ebenfalls Hanser).
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