Die Buchmacher

Die Buchmacher

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
06.03.2006. In dieser Woche: Warum die Buchpreisbindung immer schwerer zu verteidigen ist. Und warum den Amazon-Kundenkritiken Manipulation vergeworfen wird. Von Sandra Evertz

buchreport.express

Buchreport sorgt sich um den Börsenverein. Zwei Projekte, die der Verband über seine Wirtschaftstochter Marketing und Verlagsservice des Buchhandels betreibt beziehungsweise betreiben will, könnten, so das Branchenmagazin, "wirtschaftlich aus dem Ruder laufen": die qualitative Verbesserung des Verzeichnisses lieferbarer Bücher (VlB) und der Start der brancheneigenen Volltextsuche Online (VTO). Dem VlB springen die Kunden ab. Allein im letzten Jahr sei die Zahl der Abonnenten von 4.500 auf 4.000 zurückgegangen, rechnet buchreport vor. Das Interesse an der geplanten VTO fällt bisher äußerst zurückhaltend aus. Bisher hätten erst 50 Verlage - unverbindlich - erklärt, dass sie sich beteiligen wollten.

Betriebsvergleichs-Experte Nicolaus Sondermann vom Kölner Institut für Handelsforschung nimmt Bezug auf das buchreport-Ranking "Die 100 größten Buchhandlungen" (siehe "Buchmacher"-Archiv von letzter Woche) und sagt: "Die Größe allein ist kein Maßstab." Entscheidend sei vielmehr, dass kleine Wettbewerber auf eindeutige Alleinstellungsmerkmale setzten und ihre jeweilige Klientel optimal bedienten. Problematisch findet Sondermann, dass vielen mittelständischen Buchhändlern die "kaufmännische Denke" fehle.

Die Oscar-Verleihung gibt auch deutschen Buchverlagen Aufwind. Bei Diana wurde "Brokeback Mountain" (gewann letzte Nacht unter anderem einen Oscar für das beste adaptierte Drehbuch, hier die komplette Gewinnerliste) bereits neu aufgelegt. Das große Medieninteresse habe den Buchverkauf beflügelt, erklärte eine Verlagssprecherin im Gespräch mit buchreport. Auf verstärkten Absatz können sich auch "Die Geisha" von Arthur Golden und "Capote" von Gerald Clarke einstellen. Beide Filme schnitten bei den Academy Awards erfolgreich ab.

Die Kontrolle der Buchpreisbindung im Internet wird immer schwieriger. Bei Millionen Privat-Auktionen können die Preisbindungstreuhänder der Verlage nur noch Stichproben machen. "Den Markt der professionellen Händler haben wir im Griff", glaubt Rechtsanwalt Christian Russ. Jährlich leiteten die Preisbindungs-Kontrolleure rund 150 Abmahnungsverfahren ein, führten bis zu 50 Prozesse und warnten in weiteren 600 bis 700 Fällen Online-Bücherverkäufer per E-Mail, hat buchreport erfahren. Schwierig würde das Herauspicken von schwarzen Schafen unter den Privatverkäufern: Belangt werden kann laut aktueller Rechtslage nur, wer "geschäftsmäßig" am Markt auftritt. Weiterer Kniff: Internethändler kaschieren ihre Bücherverkäufe, indem sie das Reizwort "neu" durch "ungelesen" oder "gebraucht - wie neu" ersetzen.

Die Bild-Zeitung bringt mit einem der bekanntesten deutschen Gegenwartskünstler ihr drittes Bibelprojekt - nach "Volks-" und "Gold"-Bibel - heraus. Mehr.

Meldungen: Bereits zwei Wochen nach dem Erscheinen der Hörbuch-Ausgabe von "Harry Potter VI" nutzen vor allem die großen Marktteilnehmer die freien Preise: Bis zu 21 Prozent wird der vom HörVerlag empfohlene Preis von 89,95 Euro beispielsweise von Amazon unterboten. Die Universal Family Entertainment-Hörspielserie "Gabriel Burns" hat beim Hörspiel Award 2005 14 Mal Gold gewonnen. Das Buchhaus Stern-Verlag (6.000 qm) im quasi filialistenfreien Düsseldorf (Anm.: einziger Mitbewerber der "Top 10" Buchhandlungen ist Weltbild) soll endlich Konkurrenz bekommen: Für eine frei werdende 2.000-qm-Fläche am Ende der Königsallee ist auch ein großer Buchhändler im Gespräch. Zum Schluss die "Top 50" der meistverkauften Bücher in den aktuellen Spiegel- und Gong-Bestsellerlisten.

Börsenblatt

Die Rechtschreibreform steht vor dem Abschluss und die gebeutelten Schulbuchverlage werden drei Kreuze machen, wenn die Reform der Reform, wie vorgesehen, am 1. August diesen Jahres in Kraft tritt. Immerhin ein Trost nach dem langen Hin und Her: "Der Umfang der Änderungen ist so gering, dass keine neuen Schulbücher gedruckt werden müssen", verspricht die Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Ute Erdsiek-Rave. Mehr zum Thema.

Dan Browns Bestseller "Sakrileg" ist ein Plagiat, behauptet das Autoren-Team Michael Baigent und Richard Leigh. Da sie im "Sakrileg" Grundzüge ihres 24 Jahre alten Sachbuchs "Der heilige Gral und seine Erben" entdeckt haben, verklagen Baigent & Leigh den Verlag Random House (Random House hat das englischsprachige Original, "The Da Vinci Code", herausgebracht) auf Schadenersatz in Höhe von mindestens 15 Millionen Euro. "Von einer Verurteilung wäre nicht nur der Weiterverkauf des Buchs, sondern auch der für Mai geplante Kinostart betroffen", kommentiert das Börsenblatt.

Amazon
hat nach dem Vorwurf des Rockbuch Verlags, die Manipulation von Kundenrezensionen zuzulassen (siehe "Buchmacher"-Archiv von letzter Woche), eingelenkt und die Negativkritiken von seinen Webseiten entfernt. Das Problem ist damit nicht aus der Welt: Da eine eindeutige Identifizierung der Rezensions-Verfasser nicht möglich ist, bleibt Rockbuch nur, Anzeige gegen Unbekannt zu stellen. Vermutlich mit wenig Erfolg. Rockbuch-Verlegerin Heide Buhmann spricht im Börsenblatt verärgert von einer "Grauzone unter dem Dach von Amazon".

Gestern hat die nach Frankfurt international wichtigste Lizenzmesse, die Londoner Buchmesse, ihre Pforten geöffnet. Das Börsenblatt fragte deutsche Verleger im aktuellen Rundruf nach ihren Erwartungen an den Branchentreff.

Die Ausschreibungs-Praxis der Hamburger Schulbuch-Aufträge stößt Sortimenterin Bea Holtmann übel auf. Sie sieht kleine Buchhandlungen ausgebootet, fürchtet gar deren Geschäftsaufgaben und damit das Verschwinden von Stadtteil- und Lesekultur.

Nach einjähriger Suche ist endlich eine Personalie geklärt: Tilo Eckardt tritt als neuer Programmleiter das Erbe des verstorbenen Verlegers Karl Blessing an. Blessing sei nicht zu ersetzen, sagt Eckardt voller Respekt im Börsenblatt-Interview. Er wolle jetzt Blessings immer noch lebendigen Geist stärken, die Verlagsphilosophie erhalten und den Verlag deutlich von Heyne abgrenzen. Der 37-jährige Eckardt hat zuletzt das Heyne-Lektorat im Bereich Belletristik Hardcover geleitet. Und: Christina Weiss, ehemals Bundesbeauftrage für Kultur und Medien, tritt in den Vorstand der Siegfried und Ulla Unseld Familienstiftung ein.

Meldungen: Der französische Buchmarkt verzeichnete in 2005 ein Minus von 0,5 Prozent, die größte Verlagsgruppe des Landes, Hachette Livre, hat im selben Zeitraum ein Plus von 3,5 Prozent erwirtschaftet. Die dänische Lyrikerin Inger Christensen erhält den mit 50.000 Euro dotierten Siegfried-Unseld-Preis. Der Frankfurter Suhrkamp Verlag hat eine Repräsentanz im Westen Berlins eröffnet. Das Zentrale Verzeichnis Antiquarischer Bücher zieht von Berlin nach Tutzing an den Starnberger See. Der MairDuMont Verlag lässt die erfolgreiche Individual-Reiseführerreihe Lonely Planet ins Deutsche übersetzen. Die Niederlande siegen beim Wettbewerb um die Schönsten Bücher aus aller Welt. Mehr.
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