Die Buchmacher

Die Buchmacher

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
19.12.2005. In deiser Woche: Wieviele Verlage bei der "digitalen Volltextsuche" mitmachen wollen. Und warum die Buchhändler vor Weihnachten doch noch aufatmen. Von Sandra Evertz

Börsenblatt

Zwar wird 2005 als "Jahr der digitalen Volltextsuchen" in die Buchhandelsgeschichte eingehen, die Resonanz der Verlage ist jedoch bisher verhalten. Einer Börsenvereins-Umfrage unter 139 Publikums- und Fachverlagen zufolge haben erst 22 Prozent Verträge mit Google und Amazon geschlossen, acht Prozent wollen sich demnächst beteiligen. Die Haltung scheint abwartend, denn 73,1 Prozent der befragten Verlage verfügten bereits über digitalisierte Datensätze. Annähernd die Hälfte der Befragten befürwortet die geplante brancheninterne Lösung zur Volltextsuche, die den Verlagen die Hoheit über ihre Inhalte sichern soll.

Nicht glücklich sind Verlage, die Publikationen zur Fußball-WM herausbringen, damit, dass sich Ausrichter Fifa etliche Begriffe als Marken schützen ließ. Fifa-Titelschutz gilt zum Beispiel für "WM 2006" oder "Fußball WM 2006". "Im Auftrag eines Verlags hat inzwischen eine Kanzlei die Löschung dieser Marken mit der Begründung beantragt, dass solche Gattungsbegriffe nicht monopolisiert werden dürfen", berichtet das Börsenblatt. In erster Instanz waren die Richter auf Seite der Buch- und Zeitschriftenverlage. Nun muss der Bundesgerichtshof entscheiden.

Das Marketing zur Weltbild-Goldbibel (siehe "Buchmacher"-Archiv) findet Carola Markwa perfekt - aber unlauter. Auf der Meinungsseite fragt sich die Leiterin der Buchhandlung Weiland u.a., was die katholische Kirche wohl davon hält.

Letzten Freitag hat in Istanbul der Prozess gegen den diesjährigen Friedenspreisträger des Deutschen Buchhandels, Orhan Pamuk, begonnen. Im Vorfeld des Gerichtstermins verfassten prominente Autoren - darunter die Literaturnobelpreisträger Grass, Garcia Marquez und Saramago sowie Umberto Eco und Mario Vargas Llosa - eine Solidaritätserklärung für Pamuk, der wegen "Herabsetzung des Türkentums" angeklagt ist. Zur Last gelegt wird dem Autor ein Interview, in dem er offen die Verfolgung von Armeniern und Kurden angesprochen hatte. Dafür droht ihm eine bis zu dreijährige Haftstrafe. Gegenüber der türkischen Zeitung Radikal erklärte Pamuk zuversichtlich, er rechne nicht damit, ins Gefängnis zu müssen.

Ist der Standort Ostdeutschland für die Branche noch attraktiv? wollte das Börsenblatt in seinem wöchentlichen Rundruf wissen, nachdem Reclam angekündigt hat, sich aus Leipzig zurückzuziehen. Andere Verlage und auch Buchhandlungen bauen allerdings weiter auf den Osten.

Die Uni- und Landesbibliothek Halle muss sich von etwa 200.000, teils "sehr wertvollen" Büchern trennen. Die Bücher seien zu DDR-Zeiten durch Enteignung in den Bestand der Bücherei gelangt, erläutert das Börsenblatt. Nun soll den Rückforderungen der ehemaligen Besitzer entsprochen werden.

Personalien: DuMont-Verleger Gottfried Honnefelder wird im Januar 2006 Nachfolger vom zurückgetretenen Börsenvereinsvorsteher Dieter Schormann, Honnefelders Stellvertreterposten übernimmt Ole Schultheis von der Bücherjolle Starnberg. Vorsteher-Neuwahlen sind für Mai angesetzt. Adrienne Hinze, derzeit bei Fischer Taschenbuch Assistentin der Programmgeschäftsführung, soll am 1. März das neu geschaffene Amt der Geschäftsführerin bei der Arbeitsgemeinschaft von Jugendbuchverlagen (AvJ) antreten.

Meldungen: Bertelsmann hat im Börsenblatt Spekulationen der Süddeutschen Zeitung zurückgewiesen, das Unternehmen wolle seine Anteile (25,1 Prozent, geschätzter Wert: zwischen sieben und acht Milliarden Euro) an der Groupe Bruxelles Lambert (GBL) zurückkaufen. GBL will im kommenden Jahr den Börsengang wagen, die Gütersloher halten sich zu diesem Thema in eigener Sache weiterhin bedeckt. Der Marebuchverlag publiziert die Taschenbuchausgaben seiner Titel ab 2007 exklusiv bei Fischer in Frankfurt, bis dahin besteht die Taschenbuch-Kooperation mit Piper. Piper startet im kommenden Frühjahr das Label Piper Nordiska.
Archiv: Börsenblatt

buchreport.express

Die Buchhändler können durchatmen. Nach einem katastrophalen Start ins Weihnachtsgeschäft haben sich die Umsätze in der zweiten Adventswoche knapp unter das Vorjahresniveau gemausert (nur noch minus 0,5 Prozent). Einen Rekordumsatz fuhren die Sortimenter am ersten Montag im Dezember ein ("Der 5. Dezember 2005 ist mit seinen Umsatzzahlen in die Geschichte des Buchhandels eingegangen", verkündet buchreport euphorisch). Das Besondere des besagten Montags: Er war der erste, der mehr Umsatz als der folgende Samstag brachte und der erste Montag, der mit einem 20,45 Prozent-Anteil am Wochenumsatz die 20-Prozent-Marke übersprungen hat. Buchreport vermutet, dass am Wochenende "ausgesucht" und nach dem Wochenende "gezielt gekauft" wurde und freut sich mit den Buchhändlern über diese "willkommene Entzerrung des Weihnachtsgeschäfts".
Die drei meistverkauften Bücher im bisherigen Weihnachtsgeschäft sind nach buchreport-Recherchen "Harry Potter VI" sowie die Taschenbuch-Ausgaben von Frank Schätzings "Schwarm" und Charlotte Links "Am Ende des Schweigens". Hier das wöchentliche Verkaufsbarometer, die Spiegel- und Gong-Bestsellerlisten.

Hingegen: Die Sondereditionen der Pressehäuser haben in diesem Weihnachtsgeschäft an Strahlkraft verloren, nimmt buchreport an.

Während die Sortimenter noch den Umsatz-Schock der ersten Adventswoche verdauen müssen, lassen die Online-Buchhändler schon die Sektkorken knallen. Vergleichsweise vorsichtig rechnet der Bundesverband der Versandbuchhändler für dieses Weihnachtsgschäft mit einem Plus von zehn Prozent unterm Strich. Großzügiger in ihren Schätzungen sind Weltbild.de ("plus 25 Prozent") und Libri.de ("20 bis 30 Prozent"). Amazon prahlt damit, seit November 90 Millionen Artikel über seine Portale verkauft zu haben.

Friedlich existieren die Hörbuch-Downloadportale bislang nebeneinander. Und: "Es ist sogar noch Platz für weitere Portale", behauptet Thierry Rohmer, Verkaufsleiter bei Diadopo.de, im buchreport-Interview. Wie groß die XL-Portale schon sind, verdeutlicht die Bilanz von Download-Pionier Audible.de: Nach zwölf Monaten verweist das Unternehmen auf über 100.000 Downloads und einen Umsatz im siebenstelligen Euro-Bereich. Gut möglich ist, dass es mit Amazon am Markt - derzeit in Vorbereitung - mit der Harmonie vorbei ist. Buchreport: "Kleine Portale könnten durch Amazon unter Druck geraten."

Personalien: Mark Wössner ist aus dem Aufsichtsrat der Berliner Dussmann-Gruppe ausgeschieden, hier wurde ein neues Betätigungsfeld für Ex-Wirtschaftsminister Wolfgang Clement geschaffen.

Meldungen: Sergio Pitol erhält den mit 90.000 Euro dotierten Cervantes-Preis. Der Preis gilt als wichtigste literarische Auszeichnung in der spanischsprachigen Welt. Der Whitbread Konzern will keine Literatur mehr fördern: In 2006 verleiht das Unternehmen den insgesamt 50.000 Pfund schweren Whitbread Book of the Year Award, neben dem Man Booker Prize der renommierteste britische Literaturpreis, zum letzten Mal. Das bundesweit erste "virtuelle Literaturhaus" geht in Bremen an den Start. Der Umsatz mit Zeitungen und Zeitschriften ist, nach Angaben des Bundesverbands Presse-Grosso, in den ersten drei Quartalen 2005 um 3,25 Prozent (verglichen mit dem Vorjahr) zurückgegangen, der Verband hofft auf einen Stimmungswechsel durch die Fußball-WM.