Die Buchmacher

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Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
17.10.2005. In dieser Woche: Warum die Affäre Schormann für den Börsenverein ein Desaster ist. Und wie sich der neue "Harry Potter" verkauft. Von Sandra Evertz

Börsenblatt

Der Entschluss des Börsenvereinsvorstehers, seine unabhängige Buchhandlung in Thalia "aufgehen zu lassen", ist das "Thema der Woche". Auf der Leserbriefseite des Börsenblatts wird der Entscheidung zwar von einer Seite aus Respekt gezollt, demgegenüber steht jedoch ein Vielfaches an erbosten Briefen mit Rücktrittsforderungen. Eine Umfrage des Sortimenter-Ausschusses im Börsenverein hat ein ähnliches Stimmungsbild ergeben: "klar erkennbare Kritik" und "deutlicher Missmut", nicht nur bei den kleineren und mittleren Sortimenten, auch bei größeren Branchenteilnehmern. Der Vorsitzende des Ausschusses, Rudolf Braun-Elwert, schlägt im Gespräch mit dem Börsenblatt eine Neuwahl des Vorstehers im kommenden Jahr vor - so früh wie möglich.

Der Wettbewerb im Buchhandel verschärft sich: Mit der Eröffnung neuer Filialen machen sich die Ketten Thalia, Hugendubel und Weltbild plus inzwischen auch in mittelgroßen Städten Konkurrenz, liest das Börsenblatt aus einer neuen Börsenvereinsstatistik ab. Erfreulicherweise ist die Zahl der Unternehmen, die den Geschäftsbetrieb einstellen - sei es durch Insolvenz oder durch Fusion - in diesem Jahr leicht rückläufig. Gespannt beobachtet das Magazin das Wachstum durch Zukauf bei Verlagen. Bisher falle es in 2005 verhaltener aus als in 2004. Mitte September habe jedoch die Verlagsgruppe Random House in einem spektakulären Deal die zur FAZ-Gruppe gehörenden Verlage DVA, Kösel und Manesse gekauft. Bisher hat das Kartellamt noch kein grünes Licht gegeben.

Der irische Autor John Banville wurde für seinen Roman "The Sea" mit dem Booker Prize - er gilt als britisches Gegenstück zum amerikanischen Pulitzer Preis - geehrt. Im Herbst 2006 soll das prämierte Buch in deutscher Übersetzung bei Kiepenheuer & Witsch erscheinen. Mehr zu Banville im Perlentaucher-Archiv.

Buchmessen-Gastland Korea: Verleger Günter Peperkorn - ein Standbein seiner Edition Peperkorn ist koreanische Literatur - hält letztere für manchmal schwer verständlich, immer schwer zu übersetzen und meistens schwer verkäuflich. Ein Grund für schleppenden Absatz liegt, so Peperkorn, in der Verwirrung, die die koreanischen Autorennamen stiften. Schade findet er, dass die ostasiatische Reihenfolge (Nachname, Vorname) nicht konsequent eingehalten wird. Erschwerend genug sei die Romanisierung der koreanischen Schriftzeichen: Da es dazu verschiedene Methoden und keine Absprachen gibt, erscheinen die Bücher ein und desselben koreanischen Schriftstellers bei deutschen Verlagen in ganz unterschiedlichen Schreibweisen.

Personalien: Marcel Hartges, Leiter des Rowohlt Taschenbuch Verlags, tritt am 1. April 2006 die Nachfolge von Gottfried Honnefelder als Geschäftsführer des DuMont Verlags an.

Meldungen: Die EU-Kommission anwortet mit "i2010: Digitale Bibliotheken" auf Googles "Print Library" und regt in einem Kommissionspapier die Überarbeitung des Urheberrechtsrahmens an. Zwei Bücher sind zum Thema "Lektorat" neu auf dem Markt: Ute Schneiders "Der unsichtbare Zweite" (Wallstein) und Klaus Siblewskis "Die diskreten Kritiker" (Rimbaud).
Archiv: Börsenblatt

buchreport.express

Kurz vor Beginn der Buchmesse sieht der Buchreport den Börsenverein vor gravierenden Problemen. Der Übertritt von Börsenvereinsvorsteher Dieter Schormann zur Thalia-Kette (siehe Archiv) hat zu seinem Rücktritt geführt. Schormanns Stellvertreter, Gottfried Honnefelder, gab letzte Woche sein Ausscheiden als Verleger bei DuMont bekannt - auch er ist also in 2004 unter anderen Voraussetzungen gewählt worden. Der Buchreport wusste noch nichts vom Rücktritt Schormanns, aber schien schon die richtigen Ahnungen zu haben: Ein Desaster wäre ein solcher Rücktritt, heißt es. Auf die Schnelle lasse sich weder ein Nachfolger finden noch ein Ersatzmitglied nominieren.

Neues von der Bücherpleite des Jahres: Mit 22,3 Millionen Euro stehen die Zanolli-Brüder nach den ersten Gläubigerversammlungen in der Kreide. Forderungen meldeten unter anderem die Buchabrechnungsgesellschaft, die Vereinigte Verlags-Auslieferung, ehemalige Zanolli-Mitarbeiter, die Kölner AOK und die Bundesanstalt für Arbeit an. Damit nicht genug: Den größten Schuldenberg befürchtet der Buchreport in der Hinterlassenschaft des Karl Müller Verlags (die Gläubigerversammlung steht noch aus). Über Karl Müller haben die Zanollis die Lizenzen gekauft und verwertet. Die nach der Insolvenz gegründete Auffangesellschaft hat mit dem Abverkauf der 16 Millionen Bücher aus den Zanolli-Lagern begonnen. Deren Erlös soll unter den Gläubigern aufgeteilt werden. Da nach Buchreport-Recherchen nicht für alle Bücher feststeht, wie sie in die Lager gekommen sind und wem sie gehören, wird die Abwicklung behindert.

Ein aktueller Richterspruch zur Übersetzervergütung versetzt die Verlage in Alarmstimmung. Nach dem ersten von mehreren für die kommenden Wochen anstehenden Urteilen wird das Normseitenhonorar (circa 13 Euro) der Übersetzer zwar nicht erhöht, ihnen stehen jedoch ab dem ersten verkauften Exemplar eine Absatzbeteiligung von zwei Prozent (wird mit dem Seitenhonorar verrechnet) sowie 25 Prozent der Nebenrechtserlöse (zum Beispiel Club-, Taschenbuch- und Sonderausgaben, Verfilmung, Vertonung, Merchandising) zu. Die Nebenrechtsbeteiligung würde vor allem kleine Verlage, die ihre Bücher nicht hausintern mehrfach verwerten, treffen, erklärt der Buchreport.

Personalien: Kim Landgraf wechselte zum 1. Oktober aus dem Lektorat von Artemis & Winkler als Programmleiter zum Anaconda Verlag. Lutz Kroth, Mitgründer des Buch- und Medienversands Zweitausendeins, zieht sich aus Altersgründen aus dem operativen Geschäft zurück, an seiner Statt rücken die vier Prokuristen in die Chefetage auf.

Meldungen: Mit dem Großen Literaturpreis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste wird der Literaturwissenschaftler und Essayist Karl Heinz Bohrer ausgezeichnet. Neue Reihen: Die Welt und Die Welt am Sonntag haben die auf sechs Wochen angelegte DVD-Reihe "Biografien der Weltgeschichte" gestartet, Die Zeit schickt Anfang November die "Welt- und Kulturgeschichte" in 20 Bänden ins Rennen, die SZ erzählt ab Mitte November in 15 Folgen "Die Geschichte der Fußball-Weltmeisterschaften".

Die Nachfrage lässt zwar täglich nach (am sechsten Verkaufstag wurden nur noch sieben Prozent des Umsatzes vom Erstverkaufstag gemacht), dennoch spielt "Harry Potter und der Halbblutprinz" weiterhin "in einer eigenen Liga", lässt die Nummer 2 der Bestsellerliste, Dan Browns "Sakrileg", abgeschlagen hinter sich. Mehr.