Die Buchmacher

Die Buchmacher

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
11.07.2005. In dieser Woche: Warum Marcel Reich-Ranicki das Literarische Quartett nun doch wieder öfter exhumieren möchte. Was der sechste Potter bringt. Und welche Kriterien deutsche Sachbücher erfüllen müssen, um auch in den USA erfolgreich zu sein. Von Sandra Evertz

Börsenblatt

Eifrig mischt Online-Händler Amazon weiter die Märkte auf und bastelt an seinen Verleih-Modellen: Für den Einstiegstarif von 9,99 Euro monatlich gibt es jetzt nacheinander drei - und nicht wie zunächst gemeldet sechs - DVDs zur Ansicht. Bezahlt der Kunde mehr, bekommt er entsprechend mehr DVDs - auch gleichzeitig. Das Unternehmen verzichte auf Versandkosten, Fristsetzung und Säumnisgebühren, erläutert das Börsenblatt. Ob "die Amazonen" demnächst obendrein Bücher und Hörbücher verleihen wollen, hat das Branchenmagazin nicht erfahren. Es sei nichts Konkretes geplant, der Online-Riese gucke sich aber neue Entwicklungen auf dem Markt genau an.

Deutsche Sachbücher können durchaus auf dem US-Markt bestehen, sie dürfen aber "nicht zu deutsch" sein. Zu den beliebtesten Non-Fiction-Kategorien in den USA zählen Bücher von Prominenten (und über sie) sowie politische Bücher, berichtet das Börsenblatt in seinem "Thema der Woche". Nicht nur bei belletristischen Titeln, auch im Sachbuch, sei es sehr wichtig, dass das Buch eine klar erkennbare Story, ausgeprägte Charaktere und einen deutlichen Titel habe, erklärt eine amerikanische Lektorin. Eine Literaturagentin sagt, dass deutsche Biografien, Memoiren und Reisebücher dem amerikanischen Sachbuch-Stil heute viel näher kämen als früher. Beispiele: Wolfgang Büschers "Berlin - Moskau" (Rowohlt) und Peter Richters "Blühende Landschaften" (Goldmann).

Am 17. August, fünf Tage nach dem 50. Todestag von Thomas Mann, geht das mit Schiller wieder aktivierte "Literarische Quartett" - Reich-Ranicki, Karasek, Radisch und Gast Robert Gernhardt - in Travemünde (bei Lübeck) auf Sendung. Chef-Kritiker Marcel Reich-Ranicki deutete schon an, dass weitere Specials folgen könnten. In der FAZ wies er auf die anstehenden "runden Todestage" von Heinrich Heine und Bertolt Brecht hin, die ihn und doch wohl auch einige andere sehr interessierten.

Fürs nächste Frühjahr hat sich Die Zeit ein weiteres Buchprojekt ausgedacht: eine Vorlese-Bibliothek für Kinder von fünf bis zehn Jahren. "Dafür hat Zeit-Redakteurin Susanne Gaschke 'besondere Schätze der Kinderliteratur' ausgewählt, die in Deutschland vergessen oder nicht mehr erhältlich sind", schreibt das Börsenblatt. Der Reinerlös aller aus der Edition verkauften Bücher fließe an die Stiftung Lesen.

Die gesprochene Sprache soll künftig wieder stärker als Richtschnur für die geschriebene Sprache gelten. Das hat der Rat für deutsche Rechtschreibung bei seiner letzten Sitzung festgelegt. "Abschließend behandelt worden sind darin Fragen zur Zusammen- und Getrenntschreibung", weiß das Börsenblatt. In vielen Fällen, etwa bei Partizipien wie "angsterfüllt", habe der Rat zugunsten der Zusammenschreibung entschieden. Erst nach zwei weiteren Sitzungen im Herbst soll sich die Kultusministerkonferenz mit den Änderungsempfehlungen befassen.

Die Schulbuchverlage ärgern sich über den CDU-Wahlsieg in NRW. Da Schulbücher nicht "über Nacht" entstünden, hätten die Verlage die Unterrichtsmaterialien für das von Rot-Grün geplante Fach "Naturwissenschaft" längst vorbereitet, so das Börsenblatt. Nun will die neue CDU-Ministerin, Barbara Sommer, das Fach stoppen. Gelänge ihr dies, müssten Klett & Co. einen Schaden von sechs Millionen Euro für sich verbuchen.

Personalien: Frank Sambeth stieg am 1. Juli in die Geschäftsleitung der Verlagsgruppe Random House auf.

Meldungen: Lyrikline.org, ein Projekt der Literaturwerkstatt Berlin, ist mit dem Grimme-Online-Award 2005 ausgezeichnet worden - derzeit sind auf der Plattform 3.000 Gedichte von 300 Dichtern zu hören und 33 Sprachen vertreten. AME, bisher Vertriebler für Steinbach sprechende Bücher, startet ein eigenes Hörbuch-Programm. Der neue Vorsitzende des Verbands deutscher Schriftsteller, Imre Török, strebt auch für Sach- und Kinderbuchautoren feste Vergütungsregeln an. 2004 ist die Zahl der Ausbildungsverhältnisse im Buchhandel erstmals seit 2001 wieder leicht gestiegen (873 Verträge gegenüber 804 Verträgen in 2003). Auch die Umsätze der Druckereien lagen letztes Jahr, laut Bundesverband Druck und Medien, mit einem Plus von 0,7 Prozent zum ersten Mal seit drei Jahren wieder über dem Vorjahresniveau.
Archiv: Börsenblatt

buchreport.express

Der Buchreport vermutet, dass die "Preisschlacht um Potter" (ET: 16. Juli) den Handel bluten lässt: "Unter dem Strich bleibt für die Buchhändler nur wenig oder nichts". Großfilialisten, Online-Buchhändler und Buchclubs überböten sich beim Unterbieten der empfohlenen Ladenpreise und setzten damit auch alle anderen Anbieter unter Zugzwang (empfohlener Preis in Deutschland: 24,90 Euro, günstigstes Angebot: 15,75 Euro).

Die Zanolli-Pleite hat auch BK Bücherknüller in die Insolvenz gerissen. Ob die von Guido Zanolli geführte GZ-Bücherwelt (Inhaberin: Antje Zanolli) die Krise übersteht, ist noch nicht abzusehen. "Seit der Gründung von Bücherknüller in 2003 hat die Branche gerätselt, wer das ehrgeizige Wachstum des Buchdiscounters finanziert. Eigentümer von Bücherknüller ist die MH Beteiligungsgesellschaft Hattingen, die Fäden zog jedoch Guido Zanolli als 100-prozentiger Gesellschafter", hat der Buchreport von einem Insider erfahren. Grund für die verdeckte Operation: "Zanolli konnte nicht offiziell eine eigene Shop-Kette aufbauen und gleichzeitig die großen Filialisten beliefern." Die ersten Zanolli-Schäfchen sind "im Trockenen" (siehe "Personalien").

Das erste Halbjahr 2005 endet mit einer positiven Umsatzbilanz. Kurz bevor der Einzelhandel sich auf die traditionell schwachen Umsatzmonate im Sommer einstellt, hat die Buchbranche im vergangenen Monat mit einem Plus von 3,94 Prozent (gegenüber Juni 2004) zugelegt, die ersten sechs Monate schlossen die Buchhandlungen mit einem kumulierten Plus von 2,13 Prozent ab. Der Buchreport hat errrechnet, dass sich die Sortimenter das Plus mit Mehrarbeit erkauft haben: Bei sinkenden Buchpreisen sei eine höhere Stückzahl über die Ladentheken gegangen.

In den Urlaub nehmen die Deutschen Hörbücher und Schöne Literatur mit. Diese beiden Warengruppen verzeichneten neben dem Schulbuch - wie zu Beginn der Ferien üblich - die höchsten Umsatzzuwächse. Insgesamt schneidet sich das Taschenbuch mit 27,68 Prozent das größte Stück vom Umsatzkuchen ab.

Kalter Wind bläst dem neuen Linksbündnis aus WASG und PDS aus dem politisch ambitionierten Schriftsteller-Lager entgegen. In ihrer in Berlin präsentierten Erklärung gingen u.a. Wolf Biermann, Hans Christoph Buch, Klaus Harpprecht, Uwe Kolbe, Günter Kunert, Monika Maron und Peter Schneider hart mit Lafontaine und Gysi ins Gericht. Die neue Linkspartei sei weder neu noch links, so wie die PDS nicht für demokratischen Sozialismus stehe, betonten die Autoren. Es entbehre nicht einer unfreiwilligen Komik, wenn die PDS als Nachfolgepartei der SED heute die Rückkehr des westdeutschen Wohlfahrtsstaates propagiere.

Personalien: Michael Zachrau, früher Vertriebsleiter bei Zanolli, arbeitet seit 1. Juli im Verkauf bei Naumann & Göbel mit. Christian Ruzicska, ehemals Tropen Verlag, ist neuer Programmleiter bei Henschel.

Meldungen: Auf allen Bestsellerlisten ist die alte auch die neue "Nummer 1". Spannung verspricht die Hardcover Belletristik-Liste in zwei Wochen, dann ist das englische Original vom sechsten "Potter" in den Handel gekommen.