Die Buchmacher

Die Buchmacher

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
06.06.2005. In dieser Woche: Wer außer Google und Amazon sonst noch die Buchwelt digitalisieren will. Und warum Hans Magnus Enzensberger für seine "Andere Bibliothek" mit der FAZ zusammenarbeitet. Von Sandra Evertz

buchreport.express

Weltbild, größter Buchkonzern in den deutschsprachigen Ländern, forciert sein Expansionstempo. Der Aufbau eines zweiten Filialnetzes neben Weltbild Plus (mit derzeit 278 Filialen) geht in eine weitere Testphase. Außerdem präsentiere das Unternehmen in seinem neuen Katalog die ersten Titel eines eigenen Taschenbuchverlags, berichtet der Buchreport in seiner aktuellen Ausgabe. Geplant seien Neuerscheinungen bzw. deutsche Erstausgaben mit Preisen deutlich unter fünf Euro. Die Zusammenarbeit mit der Bild-Zeitung (bisherige Projekte: Papst-Bücher, "Bild-Bestseller-Bibliothek", Volksbibel und "Bild"-Jahrbuch) soll weiter ausgebaut werden.

Mit Weltbild Plus, Weltbild-Vollsortimenten und Jokers haben die Augsburger noch nicht genug: Mit dem neuesten Coup will sich der Weltbild-Konzern die Filialen der Wohlthat'schen Buchhandlung einverleiben. Nachdem das Bundeskartellamt Weltbild Plus im April erlaubt hat, 50 Prozent der Anteile an der Wohlthat'schen zu erwerben, haben Weltbild und Hugendubel einen neuen Antrag für 51 Prozent gestellt. "Als Mehrheitseigner verschafft sich Weltbild Plus die Sicherheit, ohne abermalige Anmeldung beim Kartellamt seine Anteile über kurz oder lang auf beabsichtigte 75 Prozent aufstocken zu können", erklärt der Buchreport den Hintergrund.

Während sich Amazon und Google seit Monaten einen Wettbewerb um den Aufbau von Datenbanken für die Volltextsuche in Büchern liefern, macht endlich auch der Börsenverein mobil und will bei den Buchhändlertagen (16./17. Juni in Berlin) eine brancheninterne Digitalisierung der Bücher propagieren. "Wir sind mit einer technischen Entwicklung konfrontiert, die nicht mehr aufzuhalten ist. Es kommt nun darauf an, dass wir uns das Heft nicht aus der Hand nehmen lassen", sagte Verleger Matthias Ulmer, Sprecher der AG "Volltextsuche online" im Börsenverein, dem Buchreport. Vorteilig könne sich die Möglichkeit, bereits in der Branche vorhandene Strukturen zu nutzen, auswirken. Anknüpfungspunkte böte etwa das Verzeichnis lieferbarer Bücher.
Die Ergebnisse der vom Börsenverein bei der GfK in Auftrag gegebenen Studie zur Auswirkung der Billigbuch-Editionen auf den Buchmarkt haben den Buchreport nicht wirklich schlauer gemacht, denn "so minutiös die fränkischen Forscher ihr Zahlenmaterial auch interpretiert haben, ein Fazit sind sie schuldig geblieben." Wohl erst in einem Jahr, wenn die Vergleichszahlen für 2005 vorliegen, wird sich zeigen, ob die Billig -Bibliotheken eine nachhaltige Wirkung auf die Preissensibilität der Buchkäufer haben. Unabhängig davon, schreibt das Branchenmagazin, habe die GfK herausbekommen, dass für diejenigen, die in Zeiten vor den preisgünstigen Editionen schon Bücher gekauft hätten, die "SZ"- und "Bild"-Bücher überwiegend Zusatzkäufe zum normalen Buchkonsum gewesen seien. Und immerhin: Neun Prozent der von der GfK Befragten sind durch die Billigbuch-Reihen erst zu Buchkäufern geworden.

Die Jury der Heinrich Maria Ledig-Rowohlt Stiftung hat die diesjährigen Preise für literarische Übersetzungen Helga Pfetsch und Dagmar Ploetz zugesprochen. Pfetsch machte sich um ihre Übertragungen von Margaret Atwood, Saul Bellow und Toni Morrisson verdient, Ploetz übersetzte u.a. Gabriel Garcia Marquez ins Deutsche.

Meldungen: Der ehemalige Präsident des bundesdeutschen PEN-Zentrums, Schriftsteller Carl Amery, ist 83-jährig verstorben. Michel Friedman kommt ins Kino: Die Filmrechte an seinem kürzlich erschienenen ersten Roman "Kaddisch im Morgengrauen" (Aufbau) hat er der Produzentin Regina Ziegler verkauft. Nick Hornby gelang diese Woche mit "A long Way Down" (KiWi) der höchste Neueinstieg in die Belletristik-Bestsellerliste, Andreas Englisch schaffte es mit "Habemus Papam" (Bertelsmann) von 0 auf 2 in die "Top 50" der Sachbücher. Wer sonst in den Verkaufs-Charts ganz oben mitmischt, hier.

Börsenblatt

Hans Magnus Enzensberger und Kompagnon Franz Greno haben dem Börsenblatt zu ihrem Projekt "Frankfurter Allgemeine Bücherei" (Start: November 2005) in aller Ausführlichkeit Auskunft gegeben und machen damit den Spekulationen ein Ende. Die FAZ wolle gemeinsam mit dem Deutschen Taschenbuchverlag auf die Billig-Bibliotheken der Zeitungen reagieren und genau das Gegenteil machen, erläuterte Enzensberger. "Wir leisten uns Dinge, die sonst nicht möglich sind. Vor hohen Buchpreisen haben wir keine Angst." Greno wies auf die Besonderheiten der nummerierten Vorzugsausgabe für FAZ-Abonnenten hin: nachtblauer Einband aus Bamberger Seide, goldener Kopfsprengschnitt und transparenter Astralschuber.

Eine Abmahnung vom Börsenverein flatterte dieser Tage der Universitätsbibliothek Frankfurt ins Haus. Anstoß hatten Drei-Euro-Gutscheine von Buch.de auf der Rückseite der Ausleihfrist-Zettel gegeben - auch unter der Auflage eines Mindestbestellwerts von 20 Euro ("zur Refinanzierung", so Onlinebuchhändler Buch.de zur Verteidigung) ein Verstoß gegen die Buchpreisbindung.

Ein Blick auf andere europäische Länder zeigt, dass die Preisbindung eine durchaus wacklige Angelegenheit ist. Während die so genannte Wettbewerbskommission in der deutschsprachigen Schweiz Vorstöße, die Buchpreise per Gesetz zu regulieren, bisher immer erfolgreich abgewehrt hat, wurde in Norwegen die bestehende Preisbindung "gelockert". Nach Börsenblatt-Informationen dürfen dort jetzt auf gebundene Titel Preisnachlässe bis zu 12,5 Prozent gewährt werden. Schul- und Fachbücher sind nicht mehr preisgebunden, Belletristik nur im Erscheinungsjahr und in den vier Monaten danach.

Dass Bücher "niemals ganz perfekt" sind, glaubt Dietrich Voorgang, Lektor im Claudius Verlag, und springt für seinen Berufsstand in die Bresche.

Aldi macht in Hörbücher. Seit 1. Juni bietet Aldi-Nord eine acht Titel umfassende Kinder- und Jugendhörbuchreihe, für die die Terzio-Tochter Quartino die Lizenzen gegeben hat, an, Aldi-Süd folgt mit dem gleichen Angebot ab dem 13. Juni. Pate stand der Bayerische Rundfunk.

Die Warschauer Buchmesse konnte in diesem Jahr einen kräftigen Ausstellerzuwachs verzeichnen. Auch 51 deutsche Verlage nahmen zwecks Kontaktaufbau und -pflege teil. Wie wichtig der osteuropäische Buchmarkt für die deutschen Verleger ist, hier.

Personalien: Susanne Krebs wechselt zum 1. Juli als Programmleiterin Taschen- und Jugendbuch zur Verlagsgruppe Random House.

Meldungen: Der Lardon Media Verlag hat mit der Londoner Octopus Group (Hachette) das Label Die Süßigkeiten des Lebens entwickelt, in wenigen Wochen erscheinen die ersten 24 Titel. Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki feierte am 2. Juni seinen 85. Geburtstag (mehr zu Reich-Ranicki im Perlentaucher-Archiv).
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