Die Buchmacher

Die Buchmacher

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
15.03.2004. Diese Woche lesen Sie: Wer sich um seine Tantiemen sorgt, wer Hörbücher zum downloaden anbietet, wer Bücher im Fernsehen bewirbt und wer dem Leser unmoralische Angebote unterbreitet. Von Sandra Evertz.

Börsenblatt

Ulrich Greiner, Literaturchef der Zeit, macht sich im Börsenblatt Gedanken über die Aufgabe von Literaturkritik. Sie soll ein Gespräch darüber in Gang bringen, ob ein Buch gut ist, fasst Greiner zusammen. "Nicht mehr, weil sie ihr Urteil nicht dekretieren kann - nicht weniger, weil sie sonst keine Kritik ist." Leider werde die Kritik, wie sie tagtäglich erscheine, diesem Ideal allzu oft nicht gerecht.

Sind Billigbuchläden die richtige Antwort auf die konjunkturelle Lage? "Keine angemessene", korrigiert Jokers-Geschäftsführer Wolfgang Nikrandt, "und sie sind auch kein Allheilmittel gegen Umsatzprobleme". Dennoch hätten Moderne Antiquariate eine Daseinsberechtigung, da sie eine Nachfrage befriedigten. Den klassischen Sortimentern würden Billigbuchhändler die Stammkunden auch in Zukunft nicht wegnehmen. "Eine Überschwemmung mit Billigbüchern ist fatal", hält Buchhändlerin Ulrike Musial schwarzmalerisch dagegen. Die Buchbranche könne sich nur erholen, wenn es gelinge, die Kunden von der Wertigkeit der Ware Buch zu überzeugen.

Britische Autoren sorgen sich um ihre Tantiemen, seit bei Verlagen und Sortimentern darüber diskutiert wird, ob der empfohlene Buchpreis - auf der Insel gibt es keine Buchpreisbindung - auf den Büchern aufgedruckt bleiben soll. "Knapp 40 Schriftsteller, darunter Nick Hornby, P. D. James und Joanne K. Rowling, haben in einer öffentlichen Erklärung Stellung bezogen", heißt es im Börsenblatt. Die Autoren fürchteten, dass ein Verzicht auf die Preisangabe das bisherige System der Honorierung ins Wanken bringen könnte. Womöglich würden die tatsächlich erzielten Einnahmen der Verlage Grundlage für die Berechnung der Autorenhonorare.

Hörbuchverlage können auf "hoerwelt.de" ihre Titel künftig online zugänglich machen. Als erster Anbieter will das das Freiburger Label Audiobuch sechs Titel einspeisen und zum Download anbieten.

Der "Goldene Letter" geht in diesem Jahr nach Deutschland. Die höchste Auszeichnung des von der Stiftung Buchkunst ausgerichteten Wettbewerbs "Schönste Bücher aus aller Welt" erhält der Hatje Cantz Verlag, dessen Buch "Rewind Forward" von Olaf Nicolai im Rahmen der Leipziger Buchmesse geehrt wird. Für die Gestaltung zeichneten Markus Dreßen und Kristina Brusa verantwortlich. Wer außerdem ausgezeichnet wird, lesen Sie hier.

Noch zehn Tage bis zur Leipziger Buchmesse (mehr). Mit mehr als 2000 Ausstellern aus 29 Ländern verzeichnet der Branchentreff im Vergleich zum Vorjahr einen Ausstellerzuwachs von fünf Prozent. Bisher war die Rede von drei Prozent.

Personalien aus der Buchbranche.

Meldungen: Die Bundesregierung will die Mittel für Auswärtige Kulturpolitik in den nächsten Jahren um etwa ein Drittel senken - neben dem Goethe-Institut Inter Nationes und dem Deutschen Akademischen Austauschdienst könnten die Einschnitte auch Projekte der Frankfurter Buchmesse gefährden. 22 Länder aus dem arabischen Raum werden in diesem Jahr gemeinsam den Gastlandauftritt der Frankfurter Buchmesse bestreiten - 150 Verleger und 130 Autoren haben bereits ihr Kommen zugesagt. In der Auseinandersetzung um allgemeine Vergütungsregeln für Urheber und Übersetzer will nun das Bundesjustizministerium zwischen den Verlegern und dem Verband deutscher Schriftsteller in Verdi vermitteln. Die Gazette, vor sechs Jahren als politisches Internet-Kulturmagazin gestartet, erscheint nun erstmals in gedruckter Form. Antwerpen wurde von der UNESCO nach New Delhi als neue "Weltbuchhauptstadt" (mehr) ausgewählt. Zwischen dem 23. April 2004 und dem 22. April 2005 wird die belgische Großstadt in den Bereichen Buch, Literatur und Kultur besonders gefördert.
Archiv: Börsenblatt

buchreport.express

"Die Preisbindung braucht eine neue Ausrichtung", titelt der Buchreport. Immer wieder gerieten "schwarze Schafe" mit ihren Marketingmaßnahmen in Konflikt mit dem Regelwerk. Unter anderem fielen in der Vergangenheit der Bertelsmann Club mit zeitgleichen Parallelausgaben, Amazon und buch.de mit Gutscheinen negativ auf. Preisbindungstreuhänder Dieter Wallenfells sieht die breiter werdende Palette der Nebenmärkte, das Mitmischen von Branchenfremden, als eine Ursache für die Häufung der Preisbindungs-Verstöße.

Die Mitarbeiter des Berliner Kindler Verlags ziehen dieser Tage nach Reinbek um. Dass unter dem Rowohlt-Dach die Zusammenarbeit der Verlage verbessert; Programm und Vertrieb besser aufeinander abgestimmt werden, wünscht sich Rowohlt-Chef Alexander Fest. "Die Zahl der Kindler-Sachbuchnovitäten werden ab dem kommenden Herbstprogramm zugunsten der unterhaltsamen Belletristik reduziert - ein Schritt, der insbesondere die Verwertbarkeit der Kindler-Hardcover im Rowohlt-Taschenbuch verbessern dürfte", kommentiert der Buchreport die bevorstehenden Veränderungen. Neue Programmleiterin wird die bisherige Kindler-Lektorin Ulrike Beck.

Bloomsbury baut sein deutsches Engagement beim Berlin Verlag aus. "Nachdem die deutsch-britische Allianz im Herbst ihr Portfolio um Bloosmsbury Kinder- und Jugendbuch erweitert hat, startet in diesem Herbst Bloomsbury Berlin: Mit populären Romanen und Sachbüchern soll das Imprint unter anderem den Berlin Taschenbuchverlag mit Lizenzen stärken", berichtet der Buchreport. Sieben Hardcover werden zum Auftakt unter der als Cheflektorin angeheuerten Dorothee Grisebach (früher Droemer Weltbild) erscheinen, darunter Titel von Mirjam Pressler, Ben Schott und Susanna Clark. Der Berlin Verlag, der 2003 rote Zahlen geschrieben habe, muss sein scharfes Profil bewahren und expandieren, um bestehen zu können, erläutert Verleger Arnulf Conradi die Pläne.

Elke Heidenreich
hat vorgemacht, wie sich Bücher via TV vermarkten lassen. Und auch der Bertelsmann Club, der letztes Jahr sein Image mit Fernsehwerbung aufpolieren wollte, ist mit der Resonanz zufrieden. Jetzt stehen gleich drei Verlage - Lübbe, DTV und der Süddeutsche Verlag - mit eigenen Werbe-Clips in den Startlöchern und lassen sich das "bis zu 150.000 Euro für 30 Sekunden zur Prime Time" kosten. Bisher hätten Verlage angesichts der hohen Produktionskosten und Einschaltpreise für TV-Spots nur vereinzelt den Schritt ins Medium der bewegten Bilder gewagt, schreibt der Buchreport.

Manholt wandert komplett unter das Dach des Deutschen Taschenbuch Verlags. Das Programm des kleinen Verlags, auf französische Literatur vom ausgehenden 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart spezialisiert, soll mit der Reihe "Edition Manholt im DTV" fortgesetzt werden. Manholt-Verleger Dirk Helmjeoltmanns werde künftig wie ein freier Lektor arbeiten und als Herausgeber der Reihe wirken, erklärte DTV-Verleger Wolfgang Balk dem Buchreport. Bei DTV erscheinen schon Reihen der Verlage Hanser und Beck. In den achtziger und neunziger Jahren auch die später eingestellte Reihe "Manesse bei DTV".

Personalien: Walter Fuchs wird neuer Geschäftsführer des Pabel-Moewig Verlags, Sabine Dörrich neue Geschäftsführerin der Personalagentur Naumczyk. Eva Hauck und Claudia Huboi, ehemalige Lektorinnen bei Ullstein und Taschen, haben sich in Berlin mit dem Redaktionsbüro 360 Grad selbstständig gemacht, das Komplettbetreuung von Buchprojekten anbietet. Hubertus Brockhaus tritt die Nachfolge von Prof. Dr. Bert Rürup als Aufsichtsratsmitglied der Börsenverein des Deutschen Buchhandels Beteiligungsgesellschaft an.

Meldungen: Der auf Esoterik spezialisierte Schirner Verlag hat einen eigenen Taschenbuchverlag gegründet. Und: Was sich auf den Bestellerlisten tut.

BuchMarkt

Lustig sei das nicht, mit der Sau, die in diesem Frühjahr durchs Bücherdorf getrieben werde, klagt Buchhändler Peter Jakobeit und meint damit die SZ-Bibliothek (siehe Archiv). "Atemlosen Aktionismus" und die Unterbreitung eines "sozusagen unmoralischen Angebots" wirft Jakobeit der Süddeutschen vor. Er erinnere sich noch an die "nassforschen Töne des dortigen Feuilletons in Sachen Preisbindung". Die Sortimenter dürften also an der Aktion teilnehmen und den Kunden in eigener Regie erklären, warum das Taschenbuch teurer ist als das Hardcover, ärgert sich Jakobeit.

Der Buchreport hat dem Wagenbach Verlag bereits zu Jahresbeginn zum 40. Geburtstag gratuliert, jetzt tut's ihm der BuchMarkt nach. Auf "sorgfältig gestaltete Bücher" legen die Wagenbacher nach wie vor großen Wert und fühlen sich von ihrer "qualitätsbewussten" Leserschaft bestätigt. "Wenn bei uns wirklich mal etwas schief geht, dann merken wir sofort an der Reaktion, dass es sehr wohl Leser gibt, die das wahrnehmen", berichtet Verlagsleiterin Susanne Schüssler. Einen Trend hält sie für unaufhaltsam: "Die Schere zwischen Massenware und Büchern, die in kleiner Auflage erscheinen, individuell ausgestattet und sorgfältig gedruckt, geht immer weiter auseinander."

Provokant, aber hochinteressant, findet Eichborn Berlin-Programmleiter Wolfgang Hörner Thor Kunkels Roman "Endstufe". Hörner hatte sich nach der Rowohlt-Absage kurzerhand überlegt, den umstrittenen Roman zu verlegen. Neben Verlagsmitarbeitern hätten externe Ratgeber den Text gelesen, der Autor habe sich dazu bereit erklärt, noch weiter daran zu arbeiten, sagte Hörner dem BuchMarkt und kritisierte, dass die öffentliche Debatte meist ohne Kenntnis des eigentlichen Textes geführt worden sei. Die Gründe von Alexander Fests Ablehnung will Hörner nicht kennen.

Der fünfte BuchMarkt-Award wird heuer auf der Leipziger Buchmesse verliehen. Wer ihn bekommt, ist noch streng geheim. Nur, dass diesmal 167 Teilnehmer (im letzten Jahr: 110) aus der Branche auf die Auszeichnung des "Marketing-Spitzenreiters 2003" hoffen, ist bekannt.

Meldungen: Die Netzeitung bringt eine neue Bestsellerliste auf den Markt, auf der die erfolgreichsten Bücher, wie sie sich aus den Verkaufszahlen der wichtigsten Online-Buchhändler ergeben, gelistet werden. Nick Hornbys (mehr) monatliche Bücherkolumne "Gute Seiten - schlechte Seiten" erscheint in deutscher Übersetzung exklusiv auf der Homepage von Kiepenheuer & Witsch. Ein Jahr nach der Neufirmierung als GmbH bringt der Achterbahn Verlag in Kooperation mit seinem Hauptgesellschafter Lappan ein gemeinsames Programm auf den Weg. Libro-Pleitier Andre Rettberg (siehe Archiv) ist verhaftet worden.
Archiv: BuchMarkt