Die Buchmacher

Die Buchmacher

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
08.12.2003. In dieser Woche: Warum Michael Krüger lieber keine Risiken eingeht. Wo das Weihnachtsgeschäft besser läuft. Und wo es schlechter läuft. Und wie die Schnellebigkeit auch im Buchgeschäft zunimmt. Von Sandra Evertz

Börsenblatt

Über die Integration des Heyne Verlags hat das Börsenblatt mit Random House-Führungskräften gesprochen. Der Erfolg des Unternehmens basiere auf der Unabhängigkeit der einzelnen Verlage innerhalb der Verlagsgruppe, erläutert Geschäftsführer Jörg Pfuhl. Die (Goldmann- und Heyne-Verleger) Georg Reuchlein und Ulrich Genzler hätten bisher miteinander konkurriert und würden das auch in Zukunft tun.

Die "Rückkehr zum Bücher-TÜV" fordert Ulrich Huse, Dozent für Verlagswirtschaft an der Stuttgarter Hochschule der Medien, auf der Meinungsseite des Börsenblatts. Gründe für Qualitätsverluste seien unter anderem die Gier nach Sensationen, Zeitdruck und der zunehmende Verzicht auf Kontrollinstanzen. Dies würde von den Verlagen billigend in Kauf genommen, klagt Huse. Ein Beispiel aus jüngster Zeit: Ulla Ackermanns erfundene Kriegsreportagen (mehr) aus Ostafrika. Huse hält ein neues Qualitätsbewusstsein durch ein starkes Lektorat in Zusammenarbeit mit der Herstellung für dringend notwendig.

Den Schriftsteller, Carl Hanser-Verleger und Akzente-Herausgeber Michael Krüger (mehr im Perlentaucher-Archiv) hat das Börsenblatt anlässlich seines 60. Geburtstags getroffen. Um anspruchsvolle Bücher zu finanzieren, müsse man kaufmännisch denken, ist Krügers Maxime als Verleger. Er selbst beginne den Tag im Verlag mit dem Studium der Zahlen. Auch dies ein Grund dafür, dass der literarische Verlag nie in eine Krise geraten sei, seine, wie er selbst urteilt, "größte verlegerische Leistung". Risikofreudig sei er nicht, ihm fehle der Expansionsdrang, den (sein eigener Verleger) Unseld hatte. Doch Krüger hat "behutsam" angebaut: mit Nagel & Kimche und Paul Zsolnay.

Die Stiftung Buchkunst kürte in einem Jury-Marathon in Frankfurt die "Schönsten deutschen Bücher 2003": Nicht nur Bildbände, auch Romane und Schulbücher überzeugten. Hier eine Liste der prämierten Bücher.
Personalien aus der Buchbranche.

Meldungen: Die gesetzlichen Regelungen für die Anwendbarkeit des reduzierten Mehrwertsteuersatzes auf Kombiprodukte (Bücher mit CDs oder Spielwaren) bleiben erhalten. Der Dresdner Gebrauchtwarenhändler Elbeteam, der mit Amazon, Libri, ZVAB, Abebooks, Antiquario, eXtrabooks, Anto und Antiqbook zusammen arbeitet, eröffnet erste Filialen - auch außerhalb der sächsischen Landesgrenzen. 2004 wird die Anzahl der Insolvenzen nicht zurückgehen, prophezeit die Creditreform und rechnet für dieses Jahr mit rund 40.000 Firmenpleiten.
Archiv: Börsenblatt

buchreport.express

Das Weihnachtsgeschäft läuft für die Sortimenter besser an als im Vorjahr. Der Buchreport hat in seiner traditionellen Weihnachtsumfrage nach dem ersten Adventssamstag ein Umsatzplus von 4,2 Prozent ermittelt. Allerdings habe sich kein einheitliches Bild ergeben: Während Sortimenter in Großstädten durch die Bank Steigerungen registrierten hätten, seien in Klein- und Mittelstädten oftmals ab 14 Uhr die Kunden ausgeblieben und es habe Minuswerte gegeben. Die Ursache liegt vermutlich bei den verlängerten Öffnungszeiten bis 20 Uhr in den Städten. Mehr.

Die Sparpolitik des Börsenvereins, der ab nächstem Monat sein Leipziger Büro nur noch mit einer Aushilfe besetzen will, kommentiert David Wengenroth im Buchreport: Der Vorgang werfe ein Schlaglicht auf die Situation des Verbands. Den Mitgliedern sei in absehbarer Zeit keine finanzielle Mehrbelastung zuzumuten, erklärt Wengenroth, und so bleibe den Vereinsverantwortlichen nur die offene Diskussion mit den Mitgliedsunternehmen, welche Aufgaben der Verband mit knapper werdenden Mitteln in Zukunft noch wahrnehmen solle.

Die Aldi Nord-Aktion von letzter Woche, eine Sonderausgabe der "Gute Nachricht"-Bibel zu vertreiben, ist laut Deutscher Bibelgesellschaft "bombastisch angenommen" worden. Aldi ist wie immer diskret und legt keine Zahlen auf den Tisch.

Ein neues Konzept für den Buchverkauf bei der Frankfurter Buchmesse - dieses Jahr war Premiere - muss her. Bei Stichproben stellte der Sortimenter-Ausschuss mehr als 50 Preisbindungsverstöße bei 48 Verlagen fest. "Man kann nicht mit dem Begriff der ,Größten Buchhandlung der Welt' werben und das Publikum anschließend mit einem solchen Durcheinander irritieren", wettert der Ausschuss-Vorsitzende Rudolph Braun-Elwert im Buchreport.

Personalien: Nach dem überraschenden Abgang des arsEdition-Programmgeschäftsführers Mathias Berg tritt Ute Freudenberger zum 1. Januar 2004 neben den kaufmännischen Geschäftsführer Hans-Joachim Hartmann als verlegerische Geschäftsführerin in das Unternehmen ein.

Meldungen: neue deutsche literatur, die 50 Jahre existierende ehemalige Zeitschrift des DDR-Schriftstellerverbands, muss sich bis zum kommenden Frühjahr ein neues Verlagsdach suchen - der Aufbau Verlag will sie nicht mehr weiter subventionieren. Auch eine Halbierung der Verkaufsfläche vor kurzem hat den gewünschten wirtschaftlichen Erfolg nicht gebracht: Im Sommer 2004 schließt die 1840 in Düsseldorf gegründete und an der "Kö" ansässige Schrobsdorff'sche Buchhandlung (Ganske Verlagsgrupppe). Was sich in den Bestsellerlisten getan hat, hier.

buchreport.magazin

Die Schnelllebigkeit der Gesellschaft ist auf den Buchmarkt übergesprungen. Wie es Bücher von heute auf morgen in die Bestsellerlisten geschafft haben, zeigt der Buchreport in seiner Analyse auf. Ein besonderes Talent hat Moderatorin Elke Heidenreich bewiesen: 18 von 20 in ihrer "Lesen!"-Sendung empfohlenen Titel haben sich in den Spiegel-Bestsellerlisten einen Platz erobert. Die Bild-Zeitung machte die Bücher des Dalai Lama, des Papstes und von Dieter Bohlen mit Vorabdrucken zu Verkaufsschlagern. Bei Autoren wie Wladimir Kaminer, Michael Moore, Allan und Barbara Pease steigerte eine geschickte Selbstinszenierung den Marktwert ihrer Bücher.

Europa-Verleger Vito von Eichborn packt im Buchreport über den Börsenverein aus: "Es ist eine Branchenlüge, dass die Sparten aufeinander Rücksicht nehmen würden, weil sie auf dem selben Ast säßen." Das sei wie bei einer großen Familie - hinter dem Rücken der nicht Anwesenden werde immer heftig gesägt. Und: "Beim nächsten Familientreffen umarmen sich alle. Das geht so: Alle reden aufeinder ein. Keiner hört dem anderen zu. Dann fahren sie glücklich nach Hause, weil sie sich mal wieder ausgesprochen haben."

In Genossenschaften finden kleine, unabhängige Buchhandlungen Hilfe, etwa wenn es darum geht, Vorteile dieser Buchhandlungen herauszuarbeiten und deren Zielgruppen anzusprechen. Linda Broszeit aus dem Vorstand der Leistungsgemeinschaft (LG) Buch (mehr) stellt klar, "dass Buchhändler nicht ihre Eigenständigkeit verlieren, wenn sie sich ihrer Organisation anschließen". Hier gebe es tatsächlich eine psychologische Hemmschwelle, die aber jeder überwinden sollte. Broszeit glaubt, dass kleine Sortimenter auf Dauer nur in Gemeinschaften wie ihrer Genossenschaft überleben können. Mehr.

BuchMarkt

Der Anteil des Sortimentbuchhandels am Buchverkauf sinkt seit Jahren, das Kaufverhalten des Publikums hat sich verändert. Die Buchmacher stünden sich oft selbst im Wege, meint Heinz Gollhard in seiner Kolumne im BuchMarkt. Durch Klagen und Boykott (zum Beispiel des Potter-Verlags Carlsen, weil er kräftig Nebenmärkte belieferte) lasse sich diese Abwärtsentwicklung im stationären Buchhandel nicht beeinflussen. Eigentlich sollten gute Ideen gefragt sein. Doch wer die habe, meint Gollhard, der müsse damit rechnen, anderen "auf die Füße zu treten". Und womit reagierten die Getretenen? "Mit Anspruchdenken. Zweite Reaktion: Darf der das überhaupt?"

Nebenmärkte sind nicht erst seit Harry Potter V ein Reizthema. Bisher hieß es, dass sich dort vor allem die Großen herumtreiben. Tatsächlich vertrieben aber immer mehr kleine und mittlere Verlage, vor allem aus dem Ratgeberbereich, auch auch aus dem Kinder- und Jugendbuch, ihre Produkte auf Nebenmärkten, weiß BuchMarkt. Und die hätten oft auch keine andere Chance. "Ich kann nicht nur auf einen einzigen Vertriebsweg setzen, der wie der Buchhandel mit solcher Skepsis gegenüber unseren Titeln behaftet ist", rechtfertigt sich Till Zander vom Umschau Verlag. Aha, gibt's etwa Vorurteile gegenüber "Essig - Sinnlichkeit und Leidenschaft"?

Zum "Verleger des Jahres 2003" hat BuchMarkt Friedrich-Karl Sandmann gewählt. Zu Jahresbeginn hat Sandmann den von ihm und Arnold Zabert vor 20 Jahren gegründeten Zabert Sandmann Verlag vom Springer-Konzern zurück gekauft. Die Jury, bestehend aus den bisherigen "Verlegern des Jahres", lobte "den Mut, die Risiken der Verlagsarbeit wieder allein zu tragen" und "das kompromisslose Halten seines hohen Qualitätsstandards". Sandmann machte unter anderem den Sportarzt Müller-Wohlfahrt zum Erfolgsautor und holte das Kochduo Biolek/Witzigmann zu einem Independent-Verlag zurück.

Laut Preisbindungsgesetz dürfen die Verlage ihre Konditionen nicht allein am jeweils erzielten Umsatz ausrichten. Bei der Festsetzung ihrer Verkaufspreise müssten sie den von kleineren Buchhandlungen erbrachten Beitrag zur flächendeckenden Versorgung mit Büchern sowie ihren buchhändlerischen Service angemessen berücksichtigen. Heißt es so schön. "In Wirklichkeit ist man davon weit entfernt", schreibt Franz Hinze im BuchMarkt. "Es klaffen die einzelnen Betriebshandelsspannen im Sortimentsbuchhandel weit auseinander, so die Erfahrungen bei Betriebsberatungen über drei Jahrzehnte hinweg." Handelsspannenkontrollen seien für die Sortimenter unentbehrlich.
Archiv: BuchMarkt