Die Buchmacher

Die Buchmacher

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
24.09.2003. Diese Woche lesen Sie: Welche Autorin zugibt, wie anstrengend das Schreiben für sie ist, welcher Verleger einer Boulevardisierung der Medienberichterstattung Positives abgewinnen kann, und warum und wer beim Gang vors Bundesverfassungsgericht aufpassen muss, dass er sich nicht selber ans Bein pinkelt. Von Sandra Evertz

Börsenblatt

Es nähert sich der 27. September - und dann wird Christa Wolf wieder schreiben. Wie in den vergangenen 43 Jahren. 41 Aufzeichnungen dieses Tages hat sie für ihr jüngst erschienenes Buch, "Ein Tag im Jahr" (Luchterhand), verwendet. Im Börsenblatt-Interview erzählt sie, dass der Hauptgrund für die Protokolle, ganz banal, das Gefühl gewesen sei, zu viel Aufhebenswertes zu vergessen. Welch große kreative Mühen mit dem Schreiben für sie verbunden seien, diesen Eindruck nach der Lektüre des Buches, mochte die Schriftstellerin nur bekräftigen: "Ja, Schreiben ist Arbeit und Anstrengung. Wenn da eine Entmythologisierung passiert, ist es mir nur lieb und recht."

Zum 50. Geburtstag von Joachim Unseld zeichnet ein Freund seit Studienzeiten, der dtv-Verlagsleiter Wolfgang Balk, im Börsenblatt ein Porträt. Nachdem sein Vater, der inzwischen verstorbene Suhrkamp-Verleger Siegfried Unseld, den Sohn 1991 von der operativen Verlagsarbeit bei Suhrkamp ausgeschlossen hätte, sei die psychologisch und historisch kaum fassbare Zerreißprobe nicht mehr aufzuhalten gewesen. Balk bewundert, mit welcher "Energie, Spürsinn und Fleiß" Joachim Unseld der gebeutelten Frankfurter Verlagsanstalt in den letzten Jahren als Verleger zu neuer literarischer Blüte verhalf. "Und doch lässt sich ein Stachel nicht aus der Welt schaffen: Er war - und ist - prädestiniert, die Verlage Suhrkamp und Insel im 21. Jahrhundert zu leiten."

Fantasy-Autor Wolfgang Hohlbein philosophiert im Gespräch mit seinem Verleger Fritz Panzer (Ueberreuter) über die jungen Leser von heute. "Bücher werden immer gelesen, egal, welche Medien und Techniken noch kommen mögen", zeigt sich Hohlbein erfreut, während Panzer daran erinnert, dass Kinder vor zehn Jahren 50 Prozent ihres Informationsbudgets für Bücher ausgegeben hätten - und heute nur noch zehn Prozent. Eine Art von "Boulevardisisierung" in der Medienberichterstattung über Bücher und Autoren könne sich positiv auf den Buchverkauf auswirken, glaubt Panzer. "Der erhobene Zeigefinger hat bei den Kindern von heute ohnehin längst ausgedient."

Mit neuer Strategie will Geschäftsführer Rainer Wittenberg den angeschlagenen Club Bertelsmann 2005 wieder schwarze Zahlen schreiben lassen. "Nach unbestätigten Insider-Informationen soll der Club im vorigen Jahr einen Verlust von 50 Millionen Euro aufgehäuft haben", so das Börsenblatt. Die Schlüsselemente des jetzt vorgestellten Konzepts seien eine Konzentration auf das Kerngeschäft, den Verkauf von Büchern und buchaffinen Medien sowie die Stärkung des Community-Gedankens. Zum heiklen Thema Preisbindung gab Wittenberg zu verstehen, dass Aktualität und Exklusivität von den Mitgliedern erwartet würden, dass man sich aber an die Preisbindung halte. (Die Sortimenter kochen vor Wut, siehe Buchreport)

"Mensch bleiben"
(Herder) heißt das neue Buch von Dietrich Grönemeyer. Mensch, hat er sich dieses Thema bei seinem Bruder Herbert abegeguckt? Nee. Sie hätten beide ein gemeinsames Idol, den Ruhrgebiets-Kabarettisten Jürgen von Manger, für den ,Mensch bleiben' das wichtigste Motto gewesen sei, erläutert Dietrich. Mensch, aber die Aufmerksamkeit die seinem Sanges-Bruder zuteil wird, hätte er doch schon gern, oder?

Der Schweizer Atmosphären Verlag, kurz AT, hat ein Tochterunternehmen in München gegründet. Das erste Programm mit neun Titeln erscheint im Frühjahr 2004. 450.000 Euro Umsatz seien für das erste Jahr angepeilt, berichtete Verlagsleiter Michael Günther dem Börsenblatt. AT hat sich auf die Themen Weltkulturen, Religionen, Spiritualität, Heilkunde und Philosophie spezialisiert.

Personalien: Wolfgang Marzin, bisher Geschäftsführungs-Vorsitzender der Gesellschaft für Handwerksmessen in München, wird Nachfolger des zum Jahresende scheidenden Leipziger Messe-Chefs Werner M. Dornscheidt. Dr. Arno Mahlert legt sein Mandat im Aufsichtsrat von Holtzbrinck nieder und übernimmt den Aufsichtsratsvorsitz bei Springer Science + Business Media. Birgit Wenderoth ist neue Verlagsleiterin Buch in der Pabel-Moewig Verlag KG.

Meldungen: Bergsteiger Reinhold Messner hat vor dem Hamburger Landgericht eine einstweilige Verfügung gegen das Buch "Zwischen Licht und Schatten" erwirkt - Autor Hans Saler äußert darin den Verdacht, Messner habe während einer Expedition den Tod seines Bruders mitverursacht. Das Bundeskartellamt hat die Entscheidung über die Übernahme der Verlagsgruppe Ullstein Heyne List durch Random House auf den 31. Oktober verschoben.
Archiv: Börsenblatt

buchreport.express

Das reformierte Urheberrecht ist am 13. September in Kraft getreten - inklusive der bei den Wissenschaftsverlegern so unbeliebte §52a. Aktuell bereiten die Buchmacher sorgfältig den Gang zum Bundesverfassungsgericht vor. "Sie müssen die Richter davon überzeugen, dass die Folgen des Gesetzes für die Unternehmen unerträglich sind", erklärt der Buchreport. "Keine leichte Aufgabe, zumal die Gesetzgegner gleichzeitig daran arbeiten, die Folgen der Vorschrift so erträglich wie möglich zu gestalten."

Die Sortimenter im Börsenverein bereiten eine Klage gegen den Bertelsmann Buchclub vor. Der verstößt nämlich auch nach Gesprächen "im Guten" nicht nur weiter gegen das Potsdamer Protokoll, welches bei Parallelausgaben einen Mindestabstand von sechs Monaten nach dem Erscheinen der Verlagsausgaben vorschreibt. Er bietet die Parallelausgaben auch deutlich billiger an. "Man hat fast den Eindruck, dass der Club kein Interesse an einer einvernehmlichen Lösung hat", wundert sich Börsenvereins-Juristin Birgit Menche im Buchreport.

Die Bertelsmann-Tocher Random House ist mit ihrem Plan, spätestens im kommenden Herbst einen eigenen Buchvertrieb für Supermärkte zu starten, auf heftigen Widerstand gestoßen. "Sortimenter befürchten Umsatzverluste in den Angebotsbereichen, die auch ohne Beratung leicht verkäuflich sind", schreibt der Buchreport. Publikumsverlage sorgten sich, dass die Bertelsmann-Buchgruppe vornehmlich eine Auswahl der hauseigenen Hardcover- und Taschenbuchtitel anbieten werde und damit die Konzentration auf dem Buchmarkt weiter vorantreiben könnte.

Sind Bühnenklassiker bei Theaterbesuchern tatsächlich mehr gefragt als zeitgenössische Stücke? Das zumindest geht aus einer Erhebung des Focus hervor. "Dass sich dieses Bild auch im Geschäft mit Theaterliteratur abzeichnet, hat zunächst ökonomische Gründe: Weil nach 70 Jahren das Urheberrecht erlischt und keine Tantiemen mehr für die Autoren oder deren Ahnen fällig sind, ordern die auf Sparkurs gesetzten Intendanten insbesondere Klassiker bei den Verlagen", erläutert der Buchreport. Im Nischenmarkt, der nicht Theater, sondern Leser direkt mit Theaterliteratur versorge, sei Zeitgenössisches hingegen hoch im Kurs, weiß Rolf Eichacker vom Verlag der Autoren.

Preise: Der 10.000 Dollar schwere National Book Award der USA geht in diesem Jahr an den Horror-Autor Stephen King. Hanna Jensen erhält den mit 5.000 Euro dotierten deutschen Jugendbuchpreis "Buxtehuder Bulle".

Meldungen: Die WAZ-Gruppe, die 40 Prozent des Umsatzes im Ausland erwirtschaftet, zeigt laut dpa Interesse an Zukäufen auch in Deutschland, vor allem im Zeitschriftenbereich. Zum 50-jährigen Bestehen im Oktober soll die Comic-Reihe "Fix & Foxi" wieder aufleben - zunächst im Hardcover bei Pabel Moewig, später im Heftchen-Format.

Und: die Bestsellerlisten.