Die Buchmacher

Die Buchmacher

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
14.04.2003. Diese Woche lesen Sie: Wie ernst die Lage ist. Warum Buchmesse-Direktor Neumann viel Kitt braucht. Wie Hugendubel Bücher an den Mann bringt. Was Random-House-Chef Pfuhl vor Verlegern über die Buchpreisbindung sagt. Und wie der BuchMarkt der Branche die Leviten liest. Von Hubertus Volmer.

buchreport.express

"Die Lage war ohnehin ernst, aber jetzt könnte sie dramatisch werden - wenn nicht ein Wunder geschieht", schreibt der buchreport auf seiner Titelseite (die übrigens die einzige ist, die im Netz gelesen werden kann). Grund für das neuerliche Lamento: Der Umsatz des Buchhandels ist im März um 19,37 Prozent abgesackt. Dies sei ein historisches Tief. "Noch nie zuvor in der 22-jährigen Geschichte des buchreport-Umsatztrends ist der Umsatz der Sortimenter derart eingebrochen wie zum Frühlingsanfang dieses Jahres." Erstmals liege der Wert im zweistelligen Bereich. Der bisherige Minusrekord: -8,4 Prozent im Juli 1994. Vom aktuellen Einbruch seien alle Warengruppen betroffen, am stärksten das Kinder- und Jugendbuch mit einem Minus von 39,61 Prozent. Der Umsatzrückgang treffe nicht nur den Handel, sondern auch die Verlage; die Vertriebsleiter fast aller Verlage berichteten von "teilweise entmutigenden Bestellungen" während der laufenden Frühjahresreise ihrer Vertreter. "Die Buchhändler würden nur noch auf Bestseller setzen, ansonsten jedoch lediglich Präsenzexemplare bestellen bzw. auf viele Titel ganz verzichten." (Im April-Heft des BuchMarkt schreibt Gerhard Beckmann derweil, dass "Mitarbeiter im Vertrieb nur die vom Management vorgegebenen Spitzentitel kennen".) Die Buchhändler, so der buchreport, führen den Umsatzrückgang "in erster Linie auf die allgemeine wirtschaftliche Lage in Deutschland, auf die daraus resultierende Kaufzurückhaltung und zusätzlich auf die Auswirkungen des Irak-Kriegs zurück".

Doch die Buchbranche hat auch zugelegt. Bei den Preisen. "Der durchschnittliche Verkaufspreis für Bücher hat nach Berechnung von buchreport gegenüber dem Vorjahr um satte 8,06 Prozent zugelegt, in der größten Warengruppe Sachbuch sogar um 8,88 Prozent." Dieser Trend werde sich vermutlich fortsetzen: "Die Taschenbuch-Novitäten jedenfalls, die im Mai auf den Markt kommen, werden um 7,18 Prozent teurer sein als im Vorjahr". Vielleicht würde ein Vergleich mit den Bierpreisen lohnen. Von den Wirten lernen heißt verlieren lernen.

Die "wesentlichen Ursachen für einen Umsatzeinbruch dieses Ausmaßes" könne man "vernünftigerweise nicht mehr beim Buchhandel selbst suchen", kommentiert David Wengenroth. Und zählt ein paar Schwächen der Branche auf: "Weder Buchpreissteigerung noch Programmschwäche, noch fehlende Kundenorientierung bieten eine hinreichende Erklärung für das, was den Sortimentern derzeit widerfährt." Wirtschaftsverbände und -experten seien sich einig: "Die Hauptverantwortlichen für die aktuelle Malaise sitzen in Berlin."

Auch der US-Buchhandel lahmt - "weil die Amerikaner lieber vor dem Fernseher das Kriegsgeschehen verfolgen, als Geld für Bücher auszugeben". Avin Mark Domnitz, Chef des US-Buchhändlerverbandes, sorge sich um den "rapiden Verfall" der Buchhandelsumsätze. "Lange Gesichter gibt es auch bei der Association of American Publishers (AAP): Für die März-Zahlen ist es noch zu früh, doch nach dem schwachen Februar rechnet der US-Verlegerverband ebenfalls mit dem Schlimmsten. Kräftige Einbußen gab es vor allem bei der gebundenen Erwachsenliteratur (minus 23,4 Prozent), beim Mass-Market-Taschenbuch (minus 28,8 Prozent), Kinderbuch-Hardcover (minus 35,3 Prozent) und bei den bislang als krisenresistent geltenden Hörbüchern (minus 7,2 Prozent)."

Die Frankfurter Buchmesse bleibt in Frankfurt. Zumindest bis 2010. Das hat der Vorstand des Börsenvereins einstimmig entschieden. Das "Verwirrspiel", das Messedirektor Volker Neumann angezettelt habe, sei damit allerdings nicht zu Ende. Sechs Monate vor Buchmesse sei noch immer offen, welche Standmieten Aussteller bezahlen müssen (das ist mittlerweile klar). Neumann jedenfalls brauche viel Kitt, um zerschlagenes Porzellan wieder zusammenzusetzen: Nach der Standortdiskussion dächten viele Verlagen darüber nach, wie wichtig für sie die Teilnahme an der Buchmesse ist. Kleinverlage, denen zunächst eine Preissteigerung von bis zu 270 Prozent angekündigt worden war, sowie die Organisatoren von Gemeinschaftsständen drohen mit Absagen. Die Münchener Verlage, die für einen Umzug in ihre Stadt plädiert hatten, dürften "verschnupft bzw. mit der Verkleinerung ihrer Stände reagieren".

Der Douglas Konzern hat seine vorläufigen Zahlen zum Geschäftsjahr 2002 bestätigt: 2,23 Milliarden Euro Umsatz, das ist ein Plus von zwei Prozent, flächenbereinigt ein Minus von 1,8 Prozent. Die Tochter Thalia hat 303 Millionen Euro umgesetzt, das ist ein Plus von 11,2 Prozent, wegen zahlreicher Zukäufe bleibt unterm Strich allerdings auch nur ein Minus von 0,2 Prozent. In Deutschland schnitt Thalia flächenbereinigt mit plus 0,4 Prozent ab.

Der Umsatz der Bahnhofsbuchhandlungen in Deutschland ist im Vergleich zum Vorjahr um 6,5 Prozent zurückgegangen. Von den 345 Millionen Euro Gesamtumsatz entfallen dem Verband deutschen Bahnhofsbuchhändler zufolge etwa 70 bis 75 Prozent auf die vier großen Filialisten Valora, HDS Retail, Dr. Eckert und Schmitt & Co. "Den Rest teilen sich die anderen 66 Mitgliedsfirmen des VdBB, darunter etwa 50 Firmen mit Umsätzen unter 1 Mio Euro."

Eine ganze Seite widmet der buchreport der Insolvenz der Leipziger Buchhandlung Franz-Mehring-Haus. "Sie war die größte Buchhandlung der DDR, präsentierte das vielfältigste Angebot der Republik und konnte auch Titel 'aus dem Westen' - so genannte Bückware - offerieren". Der Insolvenzverwalter sehe gute Chancen für einen Fortbestand der Buchhandlung. "Hoffnung macht bereits jetzt eine Solidaritätswelle von Kunden und Schriftstellern, die Lesungen und Signierstunden angekündigt haben." Der Insolvenzantrag sei jedoch "symptomatisch für die kaum chancenreiche Entwicklung des DDR-Buchhandels nach der Wende". Neben dem Franz-Mehring-Haus seien nur wenige große Namen übrig geblieben: die Universitätsbuchhandlung Leipzig (heute Schweitzer), die Ulrich von Hutten Buchhandlung Frankfurt (Oder) (später Kiepert), die Erich Weinert Buchhandlung Magdeburg (Ernst Angerer) oder das Haus des Buches Erfurt (Habel). Unterdessen meldet das Börsenblatt in seiner Online-Ausgabe: das "Franz-Mehring-Haus macht weiter".

Hillary Rodham Clinton lässt sich mit ihren Memoiren länger Zeit als geplant. Das Manuskript, für das sie bereits 2,85 Millionen Dollar kassierte, ist noch immer nicht vollständig bei ihrem Verlag Simon & Schuster eingetroffen (die Garantiesumme beläuft sich insgesamt auf acht Millionen Dollar). In 14 Ländern soll das Buch zeitgleich am 9. Juni erscheinen. Das Econ-Lektorat komme "ganz schön ins Schwitzen", sagt Econ-Pressechef Claus-Martin Carlsberg.

Weitere Meldungen: Der zweite Harry-Potter-Film "Harry Potter und die Kammer des Schreckens" ist auf Video und DVD erschienen. Mit einer TV-Zeitschrift ("Leben & Genießen") will der Bertelsmann Club die Kundenfrequenz in seinen Filialen erhöhen und natürlich seine Produkte bewerben; für Mitglieder gibt es das Heft alle 14 Tage kostenlos in den Club-Centern. Die Programmzeitschrift "TV Karstadt" (50 Cent) hat dem buchreport allerdings sehr viel besser gefallen. Bei Schroedel haben sich Geschäftsführung und Betriebsrat auf einen Sozialplan geeinigt. Eigentümer Westermann streicht 100 Stellen und verlegt den Verlag von Hannover nach Braunschweig. Statt der angepeilten 70.000 kamen nur 50.000 Besucher zur Bildungsmesse nach Nürnberg. Die Kinderbuchmesse in Bologna verlief "ruhig"; die deutschen Verlage brachten weniger Lizenzen mit als früher. Zugleich sei das Interesse an deutschen Büchern gestiegen. Der zurzeit in Berlin lebende Amerikaner Jeffrey Eugenides hat für seinen Roman "Middlesex" den Pulitzer-Preis erhalten (am 17. Mai - früher als geplant - erscheint die deutsche Übersetzung bei Rowohlt). Und nach den "Greatest Britons" sucht die BBC nun den beliebtesten Roman Großbritanniens. In einer 75-minütigen Fernsehshow zur besten Sendezeit (Samstagabend, 21 Uhr) fiel der Startschuss für "The Big Read".

Und hier die Bestsellerlisten.

Börsenblatt

Wegen rückläufiger Umsätze verkleinert Hugendubel in Frankfurt am Main seine Abteilung mit Computerbüchern und Software. "Nun wurde in der knapp 700 Quadratmeter großen Fachbuchabteilung (Schwerpunkt: Jura, Wirtschaft, Management) ein neuer Bereich eingerichtet: Unter dem Motto 'Wir bringen Bücher an den Mann' finden sich Titel zu Themen wie Wein, Zigarren, Heimwerken, Golf, Sex und Partnerschaft". Auch die Sportbücher wurden in die neue Männer-Abteilung verlagert.

Aus demselben Grund (Umsatzrückgang bei Computerbüchern) hat der Fachverlag Pearson Education Deutschland sich von den Lektoratsleitern von Addison-Wesley und Markt + Technik getrennt. "Bis auf weiteres" übernehme Verleger Axel Nehen die Leitung der beiden Lektorate. "An der Programmausrichtung der Verlage soll sich nichts ändern."

In Frankreich ist der Umsatz der Buchbranche im vergangenen Jahr um 2,3 Prozent gestiegen, berichtet das Börsenblatt. Der Verkauf französischer Bücher und Rechte ins Ausland stieg 2002 um 12,6 Prozent. Die besten Kunden der französischen Verlage waren Belgien, die Schweiz und Kanada (in dieser Reihenfolge). Deutschland folgt auf Platz vier als erstes nicht frankophones Land. Allerdings ging der Umsatz im Geschäft mit Deutschland im Vergleich zum Vorjahr um 1,5 Prozent zurück.

Joerg Pfuhl, Chairman und Geschäftsführer von Random House Deutschland, liefert einen Überblick über den amerikanischen Buchmarkt. Hinsichtlich der Unterschiede zu Deutschland bilanziert er: "In den USA gibt es ein relativ größeres Marktvolumen, größere Auflagen, mehr Konsum, weniger Neuerscheinungen und niedrigere Preise. Wie durch die Buchpreisbindung angestrebt, ist die Zahl der Verlage und Buchhandlungen gemessen an der Einwohnerzahl in Deutschland größer als in den USA." Weiter beschreibt Pfuhl unter anderem den Boom der Belletristik (deren Marktanteil zwischen 1997 und 2001 von 48 auf 54 Prozent stieg) und des erzählenden Sachbuchs, den Siegeszug der so genannten Trade Papers (hochwertige Paperbacks, die im Gegensatz zum Mass-Market-Taschenbuch vor allem im traditionellen Buchhandel angeboten werden), die Grenzen des Wachstums für die großen Ketten (Barnes & Noble, Borders), die Rolle der Clubs, des Versandhandels und der Online-Buchhandlungen. Der Artikel basiert, verrät uns ein Hinweis am Ende des Textes, auf einem Vortrag, den Pfuhl vor dem Verleger-Ausschuss des Börsenvereins gehalten hat. Zur Buchpreisbindung schreibt er, in den USA werde inzwischen mehr als jedes zweite Buch nicht im Buchhandel, sondern über andere Vertriebskanäle verkauft. "Der hohe Pro-Kopf-Absatz in den USA zeigt jedoch, dass diese Verkäufe nicht allein zu Lasten des traditionellen Buchhandels gehen, sondern dass durch neue Vertriebswege auch neue Käuferschichten erreicht werden." Seinen Zahlen zufolge sank der Anteil der Independents am Gesamtumsatz zwischen 1997 und 2001 von 17 auf 15 Prozent. Das Börsenblatt hat den Text übrigens mit einem Bild des Films "E-Mail für dich" illustriert. Darin erlebt Meg Ryan zwar ein Happy End. Ihr unabhängiger Buchladen hat gegen die neue Großfläche gegenüber jedoch keine Chance.

Die Frankfurter Buchmesse bleibt an ihrem Standort. Der Vertrag bindet die Messe bis 2010, "eine Verlängerung ist möglich", schreibt Sybille Fuhrmann. "Durch den nun geplanten Pauschalvertrag lasse sich die Ausrichtung der Messe kalkulieren, sagte Buchmesse-Direktor Volker Neumann. Nähere Angaben wollte er nicht machen. (...) Geprüft hatte der Börsenvereinsvorstand auch Angebote der Bewerberstädte München, Köln und Berlin. Zur Bewertung dieser Offerten äußerte sich [Börsenvereinsvorsteher Dieter] Schormann nicht. Aber bei der Entscheidung dürften nicht nur finanzielle Aspekte eine Rolle gespielt haben. Ausschlaggebend war wohl auch, dass sich die Mainmetropole und das Land Hessen stärker für die Buchmesse engagieren wollen - und dass der Messeplatz eine lange Geschichte hat." Für die künftige Gestaltung der Messe hat Neumann bei Leipzig abgekupfert: Bereits in diesem Jahr will er, so Fuhrmann, "eine Art 'Frankfurt liest' auf die Beine stellen". Dazu gibt es auch schon erste Ideen.

Stefan Hauck berichtet über die 40. Fiera del Libro per Ragazzi in Bologna. Bei informellen Gesprächen sei der Krieg zwangsläufig Thema, bei Verhandlungen jedoch Business as usual angesagt gewesen. Die meisten deutschen Verlage "richten ihr Augenmerk darauf, verstärkt eigene Produktionen zu publizieren - um in wirtschaftlich schwierigen Zeiten 'die Rechtesubstanz konsequent verwerten zu können', wie Gerstenberg-Chef Edmund Jacoby vorrechnete". Den Jugendbuch-Verleger Jürgen Weidenbach von C. Bertelsmann zitiert Hauck mit den Worten: "Für die immens hohen Garantiesummen kann man in einigen Jahren einen deutschen Autor aufbauen". Inhaltliche Trends gibt es auch zu vermelden: "Im internationalen Markt fällt auf, dass fast jeder zweite Verlag eine Trilogie im Handgepäck nach Bologna gebracht hat, die meisten in einem Fantasy-Stil, für den italienische Zeitungen das Adjektiv 'harrypotteriano' geprägt haben." Dieser Trend sei jedoch ermüdend, sagt Oetinger-Lektorin Alexandra Rak. Statt dessen seien die historischen Romane im Kommen.

Uwe Ebbinghaus porträtiert Jochen Hieber, den Moderator des "Weimarer Salon". Das Konzept der Sendung: "Erstens: Drei Autoren stehen auf der Gästeliste, von denen mindestens einer aus Ostdeutschland kommt, dort lebt oder geboren wurde. Zweitens sollte mindestens ein/e bekannte/r Autor/in und möglichst ein/e Debütant/in dabei sein. Die Autoren stellen, drittens, ihre Werke in der Regel gegenseitig vor, und die Sendungen stehen meistens unter einem Motto: 'Ladies of Crime', 'Grenzerfahrungen' oder 'Debüts'. Eine weitere Regel besagt, dass all diese Regeln flexibel zu behandeln sind. Das ist auch nötig, wenn Wolf Wondratschek und Wladimir Kaminer in die Sendung kommen und beide aus unterschiedlichen Gründen die Bücher des anderen nicht gelesen haben." Der "Weimarer Salon" läuft jeden zweiten Sonntag im Monat um 22.50 Uhr im MDR, das nächste Mal am 11. Mai. Zu Gast sind dann Peter Ustinov, Klaus Bednarz und Renate Schostack.

Weitere Meldungen: Bei Dino Entertainment soll es nach der Übernahme durch die italienische Verlagsgruppe Panini erste Kündigungen gegeben haben. Cornelsen übernimmt den Verlag an der Ruhr; es handele sich um eine "freundliche Übernahme", sagt Ruhr-Verleger Wilfried Stascheit. Auf der Meinungsseite fordert Stefan Becht ein Facelifting für die Medienmesse in Cannes. Von der Bildungsmesse in Nürnberg berichtet Andreas Trojan. Eberhard Kuom, Mitglied des Arbeitskreises für Berufsbildung des Börsenverein-Landesverbands Bayern, meint, das Sortiment sei zu strukturkonservativ und vernachlässige ein zukunftsorientiertes Ausbildungsmarketing: "Der verbreitende Buchhandel ist zu wenig innovativ, wenn es um die eigene Zukunftssicherung geht." Auch bei den Verlage sei die Ausbildungssituation verbesserungsbedürftig.

Richard Haimann schreibt über Franchise-Modelle im Buchhandel, Marketing-Berater Helmut Benze darüber, wie Buchhändler im Verkaufsgespräch den entscheidenden Kaufimpuls geben können, und Kathrin Grün über "Bücher vor der Kamera" - Literaturverfilmungen, von denen es in Deutschland immer mehr zu geben scheint. Im September und Oktober kommen noch "Liegen lernen" und "Herr Lehmann" dazu. Christina Busse porträtiert Lutz Schulenburg, Verleger der Edition Nautilus (die eine besonders schöne Startseite hat). Nils Kahlefendt stellt Mark Lehmstedt vor. Der hat unlängst einen Verlag für Bücher zur Leipziger Kulturgeschichte gegründet: den Lehmstedt Verlag, dessen Signet so klassisch daherkomme, "als gebe es die Firma schon seit 50 Jahren" (habe ein Besucher gesagt, schreibt Kahlefendt). Hendrik Markgraf erzählt vom Besuch des Bundespräsidenten in der Buchhändlerschule in Seckbach. Früher hatte diese Schule ihren Sitz in Köln. Dort ließ sich Johannes Rau zum Verlagskaufmann ausbilden. Und Detlef Bluhm würdigt in einem Nachruf die "Grande Dame der Berliner Verlagsvertreterinnen", Dorothea Domzalski.
Archiv: Börsenblatt

BuchMarkt

Dem BuchMarkt liegt ein Heft mit den Preisträgern des BuchMarkt Award 2003 vor. Der Preis wird in den Rubriken Fachhandelswerbung, Endverbraucher-Kommunikation, Verkaufsförderung Verlage, Local-Marketing Buchhandlungen, Fachbuch-Marketing und Integrierte Markenkommunikation vergeben.

Im Heft selbst werden der Buchbranche in drei Beiträgen ordentlich die Leviten gelesen. Gerhard Beckmann eröffnet den Reigen: Wenn die Buchbranche heute unter wirtschaftlichen Schwierigkeiten leide, schreibt er, "so keineswegs deshalb, weil 'man mit Büchern kein Geld mehr verdient' bzw. verdienen kann. Es hat vielmehr einen anderen, generellen, hausgemachten Grund: Durch eine generell maßlose Überproduktion ist zunächst einmal das Prinzip des kultur-ökonomischen Gleichgewichts verletzt worden. Die Zahl der Verlage und ihrer Titel ist in Deutschland so immens geworden, dass die ökonomisch notwendigen Verkaufsauflagen insgesamt unmöglich geworden [sind]". Außerdem sei das Buch durch die Konzerne "in die modernen Denk-, Handlungs- und Managementstrukturen von Großkapital und Großwirtschaft einbezogen worden". Dort herrschten viel höhere Rendite-Erwartungen. Es sei "ein erschreckendes Indiz, dass in den 1990er Jahren bei steigenden Programmvolumen der Werbeeinsatz pro Titel drastisch abnahm". Während die Publikumswerbung zurückging, sei die Point-of-Sale-Werbung "zum quasi allein selig machenden Prinzip" geworden. Beckmanns Forderung: "Ein Buch braucht Zeit", und zwar im Verlag, wo alle Mitarbeiter an einem Strang ziehen sollten. "Und warum gelingt das zu wenig? (...) Weil viele Lektorate intellektuell bunkern und nicht mal fähig sind, den Spatzen einen Buchfinken vorzustellen. Weil Mitarbeiter im Vertrieb nur die vom Management vorgegebenen Spitzentitel kennen (...). Weil Werbeleute oft nicht wissen, wie bei der weitgehenden Selbstbedienung im Sortiment beispielsweise eine sachgerechte und emotional ansprechende Betextung der Umschlagrückseite von (eingeschweißten) Hardcovern aussehen sollte."

Aus Anlass der Übernahme von Ullstein Heyne List durch Random House kritisiert Wolfgang Stock den Drang zur Größe. "Bertelsmann hat im Buchbereich in den letzten Jahren keine allzu glückliche Hand bewiesen: dieser alberne Namenswechsel (Random House), keine Strategie beim kraftlosen Club, die BOL-Blase, die Trennung von Volker Neumann oder anvisierte Verkauf des Fachverlags - während Bertelsmann im TV-Geschäft von Erfolg zu Erfolg eilt, bekleckern sich die Buchmanager nicht unbedingt mit Ruhm. (...) Der Elefant mag ein beeindruckendes Tier sein, aber in vielem ist der sympathische Hase flinker."

Detlef Wolters, Geschäftsführer der Düsseldorfer makething GmbH, hat schließlich keine Lust mehr, sich das Jammern der Buchbranche anzuhören. "Nun könnten die Buchmenschen aus den Erfahrungen anderer Branchen lernen. Wie hat die Automobilindustrie den weitaus drastischeren Umsatzrückgang in den achtziger Jahren verarbeitet? Mit Jammern oder mit Visionen? (...) Warum verkaufen deutsche Winzer mehr Wein als jemals zuvor? Wegen protektionistischer Maßnahmen oder weil ihre Produkte besser geworden sind?" Von der "Kostensenkungs-Kampagne" der Controller hält er nichts: Dies sei der sicherste Weg, "eine sich andeutende Krise zu verschärfen". Er fordert: "1. Den Blick vom Negativen auf das Positive lenken." - "2. Den Standesdünkel einer elitären Branche vergessen und von anderen Industriezweigen lernen." (Case-Studies seien in den Buchhandlungen unter "Wirtschaft" zu finden.) - "3. Das Jammern einstellen und stattdessen das Feuer der Begeisterung entfachen." (Auch beim Sparen...) - "4. Gemeinschaftswerbung finanzieren und entwickeln." Ein gemeinsames Branchenmarketing sei bisher vor allem deshalb nicht zustande gekommen, weil die ganze Branche nicht optimistisch an die Zukunft denke, sondern über die Gegenwart jammere.

Libri.de bietet seinen rund 1.000 Kunden im Sortiment künftig einen individuelleren Online-Auftritt. Außerdem können Buchhändler mit einem "ausgetüftelten Gutscheinmodell, das die Vorgaben des Preisbindungsgesetzes beachtet", ihrerseits neue Kunden werben. Libri.de-Geschäftsführer Per Dalheimer wirbt im Interview mit Christian von Zittwitz für sein Angebot: "Der Internetbuchmarkt wächst weiter, und glaubt man den aktuellen Studien, wird er in nicht zu ferner Zukunft über zehn Prozent des Marktes ausmachen. Als Buchhändler muss ich Farbe bekennen und sagen: 'Ja, ich möchte mir von diesem Kuchen meinen Teil abschneiden. Ich setze mir ein klares Umsatzziel.' Bei vielen meiner Gesprächspartner im stationären Handel such in noch immer eine klare Position. Ein bisschen Internet geht aber nicht."

Weitere Beiträge: Jo Volks ärgert sich über das Ende des Verlags Middelhauve. Sabine Gauditz stellt Ideen für die Frühjahres- und Osterdeko vor. Und die Schwerpunkte des Heftes sind Fachinformationen, Neue Medien sowie Essen & Trinken. Darin: Ein Interview mit Friedrich-Karl Sandmann, 100 Tage nach dem Rückkauf seines Verlags, und der Hinweis auf einen Bildband zur Geschichte des Unternehmens Dr. Oetker. Außerdem gibt es auf vier Seiten diverse (heute nicht mehr ganz aktuelle) Stellungnahmen zum Streit um den Gesetzentwurf zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft.
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