Die Buchmacher

Die Buchmacher

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
11.11.2002. Diese Woche lesen Sie: Warum Holtzbrinck seine Schulbuchverlage verkauft hat. Wer Interesse an den FAZ-Buchverlagen haben könnte und was dtv damit zu tun hat. Und wie wichtig Non-Books mittlerweile sind. Von Hubertus Volmer

Börsenblatt

Holtzbrinck hat seine Schulbuchverlage an Westermann verkauft, für die Wissenschaftsverlage Spektrum Akademischer Verlag und Urban & Fischer werden noch Käufer gesucht. "Sollte die Kartellaufsicht grünes Licht geben, gäbe es nur noch drei große Schulbuchgruppen in Deutschland: Cornelsen, Klett und Westermann." Der Verkauf der Schulbuchverlage stehe für einen Strategiewechsel bei Holtzbrinck, schreibt das Börsenblatt: Langfristig seien mit den Bildungs- und Wissenschaftsverlagen im Ausland höhere Wachstumsraten zu erzielen, zitiert das Böbla den Konzernsprecher. Die internationalen Holtzbrinck-Verlage erwirtschafteten etwa 45 Prozent des Konzern-Gesamtumsatzes. Künftig stehe auch das Geschäft mit Zeitungen und Wirtschaftsinformationen im Zentrum der Wachstumsstrategie. Mehr hier und hier.

Zunächst nur Spekulation, jetzt eine Nachricht: Die deutschen Random-House-Verlage bekommen einen neuen Chef: Joerg Pfuhl löst Arnold Kiel als "Chairman und Chief Executive Officer" ab. Bislang war Pfuhl President von Random House weltweit und damit Kiels direkter Vorgesetzter. "Diese Position, die Tim Arnold, Leiter der Unternehmenskommunikation bei Random House, als an den Vorstand angegliederte Stabsstelle umschreibt, wird nicht wieder besetzt. (...) Arnold Kiel war erst im vergangenen März als CEO nach München gekommen, um die Kosten unter Kontrolle zu bekommen. Zugleich hatte Buchvorstand Peter Olson seinem deutschen Zweig die Konzentration auf die Kernfelder Belletristik, Sachbuch und Kinder- und Jugendbuch verordnet und die Ratgeber drangegeben."

Wenn am 14. November der neue Harry-Potter-Film und am 18. Dezember die neue Herr-der-Ringe-Folge in die Kinos kommen, wollen natürlich auch die Verlage und Buchhandlungen Kasse machen. Die vier Potter-Romane im Schuber sind bereits in einer Auflage von 250.000 Exemplaren auf dem Markt. "Trotz gutem Abverkauf" sei die Ausgabe noch lieferbar. Klett-Cotta biete sieben neue Titel (hier alte Titel) mit einer Startauflage von jeweils 100.000 Exemplaren an. "Seit 1969 sind im deutschsprachigen Raum von der dreibändigen broschierten 'grünen' Ausgabe des 'Herrn der Ringe' rund acht Millionen Exemplare über den Ladentisch gegangen."

Non-Books werden für Verlage und Buchhandlungen immer wichtiger. "Die erste große Merchandising-Welle Ende der 80er Jahre war es, die etablierte Verlage wie Nord-Süd dazu veranlasste, ins Non-Book-Geschäft einzusteigen", schreibt Andrea Duphorn. Die Artikel rund ums Buch seien nach Angaben der Verlage heute mit bis zu 50 Prozent am Gesamtumsatz beteiligt. Sichere Umsatzbringer sind Non-Books, die sich an Bilderbuch-Charaktere anlehnen. Paradebeispiel: der Hase Felix, zu dem es Kinderkleidung, Tapeten, Bettzeug, Briefpapier, Schuhe, Brillen, Koffer, Taschen und vieles mehr gibt.

Die Debatte um die Konditionen hält an. Georg Rieppel, Vertriebs- und Marketingchef bei C.H.Beck, will die Diskussion versachlichen. "Grundsätzlich gilt: Alle Konditionen müssend die wirtschaftlichen Interessen beider Partner - Sortiment wie Verlag - berücksichtigen. Jede Einseitigkeit verschärft den Konzentrationsprozess, trägt zum weiteren Verlust der kulturellen Vielfalt in der Buch- und Medienlandschaft bei und macht damit die besonderen Voraussetzungen der Buchpreisbindung obsolet. (...) Das neue Preisbindungsgesetz schreibt richtigerweise ausdrücklich vor, dass kleinere Sortimente nicht benachteiligt werden dürfen. Die notwendige Berücksichtigung unserer großen Sortimentspartner (zum Beispiel in der Konditionengestaltung der Zentrallager) darf nicht zu Lasten der kleineren Buchhandlungen gehen."

Weitere Beiträge: Das Amtsgericht Frankfurt am Main hat das Insolvenzverfahren der Baumhaus AG eröffnet. Zehn Romane von Paulo Coelho im portugiesischen Original sind im Internet kostenlos erhältlich. Und schließlich druckt das Börsenblatt die Trauerrede, die Adolf Muschg zum Begräbnis von Siegfried Unseld am 2. November gehalten hat.

In einem Sonderteil geht es um Hörbücher. Darin ein Interview mit Claudia Baumhöver, Chefin des bekanntlich recht erfolgreichen HörVerlags, ein Beitrag über Sachbücher zum Hören, ein Hinweis auf eine Karl-Valentin-Biografie bei Audiobuch, ein Artikel über eine Hörbuch-Doku zur Nazi-Zeit von Guido Knopp, ein Interview mit dem Hörbuchkritiker Jochen Hierber von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung sowie ein Porträt der Hamburger Hörbuch-Verlegerin und -Händlerin Grete Schulga (Litraton).
Archiv: Börsenblatt

buchreport.express

Nie zuvor seien in Deutschland so viele Verlage zu kaufen gewesen wie heute, noch nie seien sie auf offener Bühne zum Verkauf ausgestellt worden, stellt der buchreport fest: Bertelsmann will BertelsmannSpringer verkaufen, der Süddeutsche Verlag hat mit dem Teilverkauf seiner Fachverlage begonnen, Holtzbrinck trennt sich von seinen Schulbuch- und Wissenschaftsverlagen, und die FAZ sucht Käufer für die DVA-Gruppe. Auslöser für die Verkaufsbereitschaft seien "erhebliche Verwerfungen in der Medienbranche, von der die großen Konzerne teilweise lebensgefährlich betroffen sind". Die Ankündigung, dass Holtzbrinck für zehn Prozent der Gesellschafteranteile an der Süddeutschen Zeitung 100 Millionen Euro aufbringen und gleichzeitig in das Wachstum der internationalen Buchverlage investieren will, kann der buchreport nur schwer nachvollziehen. Zwei weitere Fragen stellen sich dem Blatt: "Warum reißt Holtzbrinck mit den Schulbuchverlagen, die er erst im Februar 2001 unter dem Dach der Holding Das Bildungshaus konzentriert hat, (...) Perlen aus dem Unternehmens-Collier? Wie ist die Ankündigung, Holtzbrinck werde im laufenden Geschäftsjahr 'einen hohen achtstelligen Gewinn erzielen' mit den Meldungen in Einklang zu bringen, die der Spiegel erst im Juli unter der Überschrift 'Dokument des Grauens' unter Berufung auf interne Papiere veröffentlicht hat und in denen von 65,5 Mio Euro Verlust bis Mai die Rede war?" Der Verkauf der Schulbuch- und Wissenschaftsverlage könne nur eine "Geldbeschaffungsmaßnahme" sein, "denn Bildungshaus wie Urban & Fischer und auch der Spektrum Akademischer Verlag gehörten bisher nicht zu den Sorgenkindern, sondern lieferten Gewinne ab".

Beim Fall des geplanten DVA-Verkaufs durch die FAZ stellt der buchreport Spekulationen an. Es gebe "Hürden von erheblicher Höhe": Die DVA soll zusammen mit Imprints verkauft werden, ihr Programm sei nicht deutlich genug profiliert, der Umsatz der DVA-Gruppe sei seit 1998 kontinuierlich zurückgegangen und angesichts der wirtschaftlichen Situation seien Ausgaben für nicht dringend notwendigen Akquisitionen derzeit kein Thema. Aber: Interesse an der DVA könne Hoffmann und Campe haben, weil der Hamburger Verlag mit der DVA die absolute Mehrheit der dtv-Anteile erlangen würde (die DVA hält zurzeit knapp 25, HoCa 27 Prozent).

Das Schweizer Bundesgericht hat seine Begründung zum Preisbindungsurteil veröffentlicht. Im August hatte das Gericht das von der staatlichen Wettbewerbskommission verhängte Verbot der Preisbindung vorläufig aufgehoben; es befand, dass die Preisbindung für Bücher den Wettbewerb nicht völlig ausschalte, weil ein Wettbewerb in Bezug auf die Qualität der Dienstleistungen und die Auswahl zwischen den Buchhandlungen durchaus noch stattfinde. "Mit dieser Argumentation lehnt sich das Gericht weit aus dem Fenster", schreibt Andrea Czepek in einem Kommentar, "denn ein Wettbewerb der Dienstleistungen könnte auch in fast allen anderen Branchen geltend gemacht werden. Ein generelles Verbot 'harter Kartelle' wäre damit faktisch ausgeschlossen. Für die Buchbranche hieße das außerdem, dass sich die Preisbindung nur so lange halten lässt, wie sie tatsächlich zu einer größeren Vielfalt des Angebots und einer Erleichterung des Marktzutritts für kleinere Buchhandlungen führt. Die Filialisierung und die massive Konzentration des Schweizer Buchhandels stehen dem entgegen: Wenn überall das gleiche Sortiment und der gleiche Service geboten werden, hat sich dieses Argument für die Preisbindung erübrigt."

Und hier die Spiegel-Bestsellerliste.

Börsenblatt

Die Frankfurter Messe will auf ihrem Gelände ein eigenes Hotel bauen. "Als Durchschnittspreis pro Nacht werden rund 88 Euro angepeilt. Auch Buchmesse-Chef Volker Neumann hatte sich in den vergangenen Monaten bereits für niedrigere Zimmerpreise stark gemacht. (...) Zu Messezeiten sind für ein Zimmer zum Teil mehr als 400 Euro pro Nacht zu berappen." Wann das Hotel gebaut werden soll ist noch offen.

Interview über die Folgen der Hochwasserkatastrophe für die ostdeutschen Buchhandlungen: Die Katastrophe sei "nicht nur eine Bewährungsprobe für jeden Einzelnen" gewesen, sagt Regine Lemke, Geschäftsführerin des Verbands der Verlage und Buchhandlungen in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, "sie war auch eine Bewährungsprobe für den Gesamtverein. Klar - der Gesamtverein hat sich seine Bewährungsprobe sicher anders vorgestellt. Aber er hat sie bestanden. Ein Beleg dafür ist, dass so gut wie alle Buchhandlungen trotz anfänglicher Skepsis weitermachen wollen. Das ist nur der großen Hilfsbereitschaft zu verdanken."

Die insolvente Esoterik-Verlagsgruppe Hermann Bauer wird zerteilt. Verkauft wurden der Versand, die Astrologie-Zeitschrift Meridian und die Zeitschrift Esotera. "Noch keinen Käufer hat hingegen der Verlag gefunden. Wie es heißt, soll er mit reduzierter Mannschaft weitergeführt werden."

Der Wirtschaftsverlag Poeschel, der seit 1992 zu Holtzbrinck gehört und mit Schäffer zu Schäffer-Poeschel fusionierte, ist in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden. Im Interview mit dem Börsenblatt äußert Geschäftsführer Michael Justus die Hoffnung, "dass die Verlage auch künftig ihre entscheidende Funktion wahrnehmen: aus der Unzahl angebotener Texte die wertvollen und marktgerechten herauszufiltern".

Weitere Meldungen: Vivendi Universal verkauft Houghton Mifflin für 1,75 Milliarden Euro "an ein Konsortium internationaler Investoren um die US-Gruppe Blackstone". Der französisch-amerikanische Mischkonzern hatte den US-Schulbuchverlag erst im Juni 2001 für 2,2 Milliarden Euro übernommen. Dann berichtet das Börsenblatt über die geplante Taschenbuchaktion der Holtzbrinck-Verlage Fischer, Rowohlt und KiWi: Ab 4. Januar sind 50 Titel im Miniformat für je einen Euro zu haben. Und Christina Busse beschreibt im Rahmen der Artikelserie zu Veränderungen im Buchhandel den Kieler Buchmarkt.

Außerdem gibt das Börsenblatt "Buchtipps zu Weihnachten", darunter "Der kleine Weihnachtsmann" von Anu Stohner und Henrike Wilson, "Der entspannte Weihnachtsmann" von Sabine Seyffert und "Weihnachten im Stall" von Astrid Lindgren mit Illustrationen von Lars Klinting.
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