Die Buchmacher

Die Buchmacher

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
03.06.2002. In dieser Woche lesen Sie: Wer den diesjährigen Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhält. Wo über Kurzarbeit nachgedacht wird. Warum über einen Verkauf von Ullstein Heyne List an Bertelsmann spekuliert wird. Und wo Professoren wie Journalisten schreiben. Von Hubertus Volmer

Börsenblatt

Jetzt erwischt es auch die Großen: Bei Hugendubel, der zweitgrößten Buchhandelskette in Deutschland, wird über Kurzarbeit nachgedacht. "Die Reduzierung der Arbeitszeit und die damit verbundenen Kürzungen bei den Gehältern se jedoch die letzte aller möglichen Sparmaßnahmen, sagte Hugendubel-Geschäftsführer Thomas Nitz dem Börsenblatt." Mehr hier.

Streit um den Deutschen Jugendliteraturpreis: Der Bohem-Press-Verleger Otakar Bozejovsky v. Rawennoff hat den Juroren des renommiertesten Kinder- und Jugendbuchpreises insbesondere in der Sparte Bilderbuch Blindheit und Inkompetenz vorgeworfen. "Die Nominierungsliste im Bilderbuch habe ihm bestätigt, dass der Preis keine Auszeichnung mehr sei; bedeutende Illustratoren blieben unberücksichtigt". Der Nord-Süd Verlag sieht das ähnlich; Carlsen-Verleger Klaus Humann verteidigte die Nominierungsliste dagegen.

Nach einer Studie der GfK hat der E-Commerce in den vergangenen zwölf Monaten in Europa weiter zugelegt. Deutsche User gaben im Frühjahr 2002 rund 2,6 Milliarden Euro bei Einkäufen im Internet aus, ein Jahr zuvor waren es 1,2 Milliarden Euro. "Zu den beliebtesten Produkten bei Online-Shoppern zählen Bücher", vermerkt das Börsenblatt.

In Tübingen findet vom 7. bis zum 9. Juni das dritte Bücherfest statt. Mit dabei sind nach Angaben des Börsenblatts Ulrich Peltzer, Ingrid Noll und Peter Stamm. Noch bis zum 8. Juni läuft der elfte Sächsische Bücherfrühling in Leipzig. Motto: "Auto(r)mobile - Die Bewegung in der Literatur". Gelesen wird in Bussen, Straßen- und Eisenbahnen, im Eisenbahnmuseum Lunzenau und im Museum für Sächsische Fahrzeuge Chemnitz, im Paternoster des Leipziger Rathauses und, zum Abschluss, auf einem Schrottplatz.

Außerdem: Bei den Buchhändlertagen in Braunschweig wurde die Pflicht, Publikationen im Einklang mit Grundgesetz und Strafgesetzbuch zu veröffentlichen, aus dem Entwurf für die Satzung des Gesamtvereins gestrichen. Unter dem Titel "Die Pflicht, die zu weit ging" schreibt Hans-Martin Schmidt über das Thema Selbstzensur. Holger Ehling berichtet von der BookExpo (die auch schon einige Zeit her ist). Und Nils Kahlefendt porträtiert den Verlag HörZeichen.

In der Beilage "Aus dem Antiquariat" schreiben Ulrich Bach und Björn Biester über die Emigration deutscher und österreichischer Antiquare nach Großbritannien während der Nazi-Zeit. H. D. Tschörtner erinnert an den "aufrechten Antifaschisten und vielseitig begabten Schriftsteller" Günther Weisenborn. Folgende Ausstellungskataloge und Ausstellungen werden besprochen: zum Buchhändler Martin Flinker, der vor den Nazis nach Afrika floh, später im Nachkriegs-Paris landete und dort eine Buchhandlung eröffnete (Musee d'art et d'histoire du Judaïsme, Paris); zu deutschsprachigen Schriftstellern im Schweizer Exil, 1933-1950 (Frankfurt am Main); zur Hermann-Hesse-Gedächtnisausstellung im Schweizerischen Landesmuseum Zürich; zu Fotobüchern der zwanziger und dreißiger Jahre (Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg).
Archiv: Börsenblatt

buchreport.express

Die Verlagsgruppe Ullstein Heyne List steht "im Mittelpunkt von Spekulationen", schreibt der buchreport auf seiner Titelseite. Der Grund: Die Axel-Springer-Publikumsverlage machten im Geschäftsjahr 2001 bei einem Umsatz von 167 Millionen Euro ein Minus von 45,8 Millionen Euro. Dies sei "ein historisches Tief in der Buchhandelsgeschichte". Auch wenn in diesen Zahlen so genannte Einmaleffekte enthalten seien, "so stellt sich doch die Frage, ob Springer zu seiner kostspieligen Buchtochter weiterhin stehen wird - dies umso mehr, als der neue Vorstandsvorsitzende des Konzerns, Dr. Matthias Döpfner (39), klar gemacht hat, dass Bücher nicht zu den Kerngeschäften der Axel Springer AG gehören." Angeblich habe Döpfner den Bertelsmann-Vorstandschef Thomas Middelhoff gefragt, "ob Gütersloh daran interessiert sei, Ullstein Heyne List zu übernehmen". Die verlaute "aus zuverlässiger Quelle". Verlagsleiter Christian Strasser hält dagegen, Springer trage das Ergebnis seiner Buchverlage mit Fassung: "Springer habe ein für allemal reinen Tisch machen wollen und deshalb in die Bilanz 2001 gepackt, was überhaupt abschreibbar gewesen sei - um die Zukunft der Buchverlage fortan nicht mehr zu belasten."

Die Hannoveraner Traditionsbuchhandlung Sachse & Heinzelmann schließt zum 30. Juni, die Buchhändler Thalia und Habel verhandeln derweil um eine Immobilie ganz in der Nähe. In dem Gebäude in der Georgstraße saß bislang eine Woolworth-Filiale. Der neue Investor, der zurzeit nach Mietern sucht, verhandelt nach eigenen Angaben neben den beiden Buch-Ketten auch mit H&M sowie mit einer Versicherungsgesellschaft. In Hannover gibt es bislang keine großen Filialketten. Die Stadt wurde bisher von Schmorl & von Seefeld sowie von Decius dominiert. (Eine entsprechende Meldung hat auch das Börsenblatt.)

Die Kassette verschwindet langsam aus den Programmen der Hörbuchverlage, hat der buchreport wieder mal festgestellt. "MCs werden einfach nicht mehr so stark nachgefragt, der einzige Bereich, in dem sie gut gehen, sind Krimis", sagt Claudia Gehre vom Eichborn-Hörverlag Lido.

Wem Walsers "Tod eines Kritikers" als Branchen-Roman schon jetzt zu abgenudelt ist, der sei auf eine Liste des buchreport verwiesen. Im Herbst erscheinen folgende Bücher mit Geschichten aus der Buchbranche: "Schundroman" von Bodo Kirchhoff (Liebes- und Kriminalroman), "Der Geschichtenverkäufer" von Jostein Gaarder (tragikomisches Schicksal eines Schriftstellers, der seine Manuskripte heimlich an Bestsellerautoren verkauft), "Der Geschichtendieb" von Jean-Pierre Gattegno (erfolgloser Autor lässt sich von einem Serienkiller überreden, dessen Morde zu beschreiben), "Das Buch zum Buch" von HoCa-Chef Rainer Moritz (Satiren) und der Sammelband "Von Büchern & Menschen", der bei Schöffling & Co. erscheint.

Der Booker Prize, der bislang Autorinnen und Autoren aus dem Commonwealth vorbehalten war, soll auf die USA ausgedehnt werden. Das will jedenfalls der neue Sponsor, The Man Group. Dagegen gibt es Proteste von Autoren, Verlegern, Literaturkritikern und Medien. "Der Sponsor wird beschuldigt, aus kommerziellen Gründen 'die Zerstörung einer britischen Institution' in Kauf zu nehmen. Zumal, wie die Times irritiert anführt, die US-Amerikaner ihre eigenen Literaturpreise wie den 'National Book Award' und den 'Pulitzer' eifersüchtig gegen internationale Bewerber abschotten."

Weitere Meldungen: Die 40-prozentige Thalia-Tochter buch.de besorgt künftig das Online-Geschäft des Filialisten. Klett ordnet seinen Lernsoftwarebereich neu: "Alle schulbuch- und schulfachbegleitenden Software-Produkte aus dem Heureka Klett Softwareverlag werden zukünftig dem Ernst Klett Verlag zugeordnet. Bei Heureka verbleiben nur jene Spiele für die ganze Familie, die nicht an Klett-Schulbücher gebunden sind." Und das Gallimard-Taschenbuchlabel Folio wird 30 Jahre alt.

Schließlich: die Bestseller.

Börsenblatt

Der Piper Verlag legt sich eine Fantasy-Schiene zu. Pro Halbjahr sind fünf Novitäten geplant, schreibt das Börsenblatt, die ersten Titel erscheinen im Herbst. Ab Sommer nächsten Jahres soll es auch Fantasy-Taschenbücher geben. Piper Fantasy - so heißt die Linie - führt außerdem das phantastische Programm des Weitbrecht Verlags weiter; das ehemalige Thienemann-Imprint war 2001 an den schwedischen Medienkonzern Bonnier verkauft worden, zu dem auch Piper gehört.

Bei den Ratgeberverlagen Südwest und Ludwig (Verlagsgruppe Ullstein Heyne List) sollen künftig nur noch 20 bis 25 Titel pro Saison erscheinen, halb so viele wie bisher. Die Verlage wollen den Umsatz trotzdem halten, sagt Verlagsleiterin Bettina Breitling im Interview mit dem Börsenblatt. "Unser Ziel ist es, durch gute Planung und gezieltes Marketing höhere Auflagen zu verkaufen." Einzelne Reihen sollen eingestellt werden, Gesundheit, Fitness und Ernährung (Südwest) sowie "Esoterik light" (Ludwig) bleiben die Kernbereiche.

Ab Oktober wird es auch bei Fischer eine allgemeine Sachbuchreihe im handlichen Taschenbuchformat geben. Unter den ersten Titeln: "Darwinismus", "Europa", "Das Genom" und "Islam". Nun könnte man sagen: Das gibt es längst. Programmleiter Peter Sillem formuliert: "Wir wollten bewusst Vergleichbarkeit herstellen." Und: "Wir sind nicht den Weg des geringsten Widerstands gegangen und haben Fachjournalisten gewonnen, sondern Professoren dazu gebracht, sich verständlich auszudrücken." Ab Oktober sollen diese Professoren ihre Bände auf der Internet-Seite www.fischer-kompakt.de "ständig auf den neuesten Stand bringen" und "zu aktuellen Entwicklungen Stellung nehmen".

Weitere Meldungen: Der Egmont Franz Schneider Verlag belebt das Bilderbuchprogramm des Verlags Boje wieder: Im Juli erscheinen fünf neue Titel "zu Themen wie Angst im Dunkeln oder Nicht-mit-spielen-dürfen", so das Börsenblatt. - Die französische Verlagsgruppe Hachette wird ihre Töchter Editions Stock und Calmann-Levy nun doch nicht zu einem Großverlag fusionieren. Und die Weka-Gruppe hat die Umstrukturierung ihres Fachinformationsbereiches abgeschlossen.

Außerdem schreibt Michael Rosler-Graichen über Markenführung in Fachverlagen, der EDV-Berater Knut Nicholas Krause über IT-Lösungen für Fachverlage. Christina Schulte hat sich mit Nicolaus Sondermann vom Institut für Handelsforschung über den Jahresbetriebsvergleich im Sortimentsbuchhandel unterhalten. Und Alexander U. Martens gratuliert "Mr. Leipzig liest", Theo Schäfer, der als Chef der Kultur- und Öffentlichkeitsarbeit des Bertelsmann Clubs die Veranstaltungsreihe "Leipzig liest" erfunden und möglich gemacht hat. Schäfer ist am 29. Mai 60 geworden.
Archiv: Börsenblatt