Die Buchmacher

Die Buchmacher

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
11.03.2002. In dieser Woche lesen Sie: Warum My favourite Book schließen musste. Warum der Bertelsmann-Konzern trotz eines Riesengewinns gar nicht so brillant dasteht. Welches die schönsten Bücher des Jahres sind. Und zu welchen Ratgebern geraten wird. Von Hubertus Volmer

buchreport.express

Der buchreport kommentiert die laufende Anzeigenkampagne von Amazon, in der das Unternehmen damit wirbt, bereits ab 20 Euro portofrei zu liefern. Damit wolle der Online-Buchhändler zum einen vergessen machen, dass er Bücher bisher kostenlos verschickt habe. Zugleich stecke hinter der Kampagne eine Doppelstrategie: "Amazon will sich von den Verlust bringenden Kleinsendungen verabschieden und gleichzeitig seine Kompetenz als serviceorientierter Online-Buchhändler mit aktuellen Tagesempfehlungen herausstellen. Bei der Realisierung seiner hoch gesteckten Ziele hat Amazon die Verlage mit ins Boot geholt: Sie müssen sich an den Anzeigenkosten beteiligen."

Der Zuschussverlag "My favourite book" stellt seine Geschäfte zum 31. März ein. Die Geschäftsführer Bernd Kreutz, Andreas Lebert, Matthias Dietz und Inge Reuhl bedauern in ihrem Abschiedsbrief, es sei ihnen trotz überwiegend positiver Resonanz nicht gelungen, "eine ausreichend große Zahl von Autoren für unser neuartiges Verlegermodell zu gewinnen", zitiert der buchreport. "Die zukünftigen Ex-Verleger sind liquide genug, um sich mit einer noblen Geste zu verabschieden", heißt es weiter: "Im Schreiben an ihre Autoren versprechen sie, die Titelpauschalen zurückzuzahlen, die Honorare für verkaufte Bücher auszukehren und den Urhebern die nicht verkauften Exemplare zu schenken." Wie gut sich die Bekenntnis-Biografie von Gina Wild verkaufte, meldet der buchreport leider nicht.

Ende März will Bertelsmann die Zahlen für das Rumpfgeschäftsjahr des zweiten Halbjahres 2001 veröffentlichen. Laut buchreport verzeichnet der Konzern "in der Mehrzahl seiner Hauptgeschäftsfelder erhebliche Durchhänger". Vorstandschef Thomas Middelhoff könne zwar mit den 7,6 Milliarden Euro operieren, die aus dem Verkauf der Bertelsmann-Anteile am europäischen AOL-Ableger resultierten. Doch die Ergebnisse der einzelnen Gruppen wiesen in eine andere Richtung. RTL Group: Nettoverlust von rund 2,5 Milliarden Euro. Gruner + Jahr leide ebenfalls unter schwachem Werbegeschäft (vor allem FTD, Berliner Zeitung, Wirtschaftsmagazine und der Stern). BMG musste 1.100 Mitarbeiter entlassen. Die Buchverlage seien weit von der Zusage des zuständigen Vorstandsmitgliede Peter Olson entfernt, die vom Konzern geforderte zehn Prozent Umsatzrendite abzuliefern. Die Direct Group leide unter Verlusten bei den Online-Geschäften und komme auch mit den "Buchclubs - wenn überhaupt - dann nur sehr langsam wieder auf einen grünen Zweig".

Weitere Meldungen: Die C.H.Beck-Tochter Nomos Verlagsgesellschaft bietet ihre Gesetzesdokumentation "Das Deutsche Bundesrecht" künftig nicht nur über das Portal beck-online, sondern auch über die Konkurrenz-Datenbank Legios an. Der Blackwell Wissenschafts-Verlag heißt seit dem 1. März Blackwell Verlag; Anlass für die Umbenennung ist ein neu eingeführtes Corporate Design der Blackwell-Gruppe.

Und hier die Bestseller.

Börsenblatt

In Leipzig wird nicht nur der Deutsche Bücherpreis vergeben. Auch bei der Verleihung des Leipziger Buchpreises treten prominente Redner auf: Wolfgang Thierse hält die Laudatio auf den serbischen Schriftsteller Bora Cosic (der den Hauptpreis erhält), der Weimarer Lyriker Wulf Kirsten lobt seinen tschechischen Kollegen Ludvik Kundera (der den Anerkennungspreis erhält).

Bücher, die keiner braucht, nennt man Geschenkbücher. Der Markt für diese Bücher floriert, schreibt Heike Oelsner, Marketingleiterin bei ars edition, einem der "klassischen Geschenkbuchverlage in Deutschland". "Geschenkbücher werden häufig spontan gekauft. Denn anders als die Belletristik nutzen sie die Sprache der Bilder - und bleiben damit unverfänglich. Zusätzlich vermitteln sie eine klare Botschaft, die der Schenkende selbst wohl nicht treffender formulieren könnte." Als Beispiele für Geschenkbücher zeigt das Börsenblatt die Titel "Nimm dir Zeit zum Leben" und "Weisheiten aus China". Genaueres hätte man allerdings gern über die Zielgruppe gewusst: Die liegt irgendwo auf einer Sinuskurve zwischen konservativ und trendorientiert, populär und elitär. "Wer zunächst vertraute Alltagsprodukte wie Schokolade, Zeitschriften oder gar Seidenstrumpfhosen in diese Milieu-Welten einzuordnen versucht, verschafft sich ein sicheres Gespür für jedes Milieu". Aha.

Amazon.de hat einen eigenen Bereich für englischsprachige Bücher eingerichtet: amazon.de/englishbooks. "Die mehr als 700.000 Titel sind nach Rubriken wie 'Computers & Internet', 'Business & Investing' oder 'Mystery &Thrillers' geordnet", meldet das Börsenblatt.

Das Börsenblatt stellt eine Studie des Instituts für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse über den Online-Buchhandel vor. Die Studie ist nicht mehr ganz neu; die Befragungen wurden im Jahr 2000 durchgeführt, die Ergebnisse bereits Ende vergangenen Jahres publiziert. "Die befragten Experten teilen die Einschätzung, dass der E-Commerce mit Büchern gewisse Wachstumschancen hat und den Anteil des Direktvertriebs erhöhen wird. Sie schließen jedoch aus, dass das Buchgeschäft im Internet den stationären Buchhandel ernsthaft bedroht. Stattdessen werde sich die Multichannel-Strategie weiter durchsetzen; der Buchshop im Internet verändert sich hin zum Medienkaufhaus."

Drei Bücher sind in der Kategorie "Ratgeber" für den Deutschen Bücherpreis nominiert: "Warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken" von Allan & Barbara Pease, "Unser Kochbuch" von Alfred Biolek und Eckart Witzigmann sowie das Buch "Der Erziehungsnotstand" von den Erziehungs-Experten (sie sind Eltern) Petra Gerster und ihrem Mann Christian Nürnberger (der allerdings in Ermangelung eines bekannten Gesichtes nicht klug vom Cover guckt). Interessanter als diese Nominierungen ist die Jury: Darin sitzen der BuchMarkt-Chefreporter Gerhard Beckmann, die spät berufene Hamburger Kultursenatorin Dana "Ich sehe mich nicht als Lückenbüßerin" Horakova, Elmar Krekeler vom Feuilleton der Welt, der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Klaus-Dieter Lehmann, die Literaturen-Chefredakteurin Sigrid Löffler, der Börsenblatt-Chefredakteur Hendrik Markgraf, Börsenvereinsvorsteher Dieter Schormann und Brigitte-Redakteurin Franziska Wolffheim.

Weitere Beiträge: Der Beltz Verlag übernimmt das in Berlin geführte Pädagogik-Programm des Hermann Luchterhand Verlages. Ab dem 26. März können Verlage neue Titel auch online beim VLB anmelden. Der französische Medienkonzern Vivendi Universal hat im vergangenen Jahr einen Rekordverlust verzeichnet. Beim britischen Medienkonzern Pearson ging der Umsatz hoch und der Gewinn runter. Irina Schultz schreibt über den Strukturwandel bei Fachinformationsverlagen am Beispiel des einzigen deutschen Fachverlages für Untertage-Steinkohlebergbau, des Verlags Glückauf Essen. Der Vorstandssprecher der Deutschen Bank, Rolf Breuer, spricht über "Toleranz - Vielfalt, Identität, Anerkennung", das Jahresmotto seiner Bank für 2002. Ein Team hat bei Ausschreibungen für Schulbücher bessere Karten. Noch mehr Events zum Welttag des Buches. Und schließlich druckt das Börsenblatt eine Büttenrede des Kabarettisten Richard Rogler.

Dieses Börsenblatt hat einen thematischen Schwerpunkt: "Gesund & Fit".
Archiv: Börsenblatt

Börsenblatt

Der Börsenverein freut sich über das große Medienecho im Vorfeld der Bücherpreis-Verleihung. Vorsteher Dieter Schormann freut sich außerdem, dass 17 der 21 nominierten Autoren bereits ihre Zusage gegeben haben, zur Preisverleihung am 21. März nach Leipzig zu kommen. Die Show wird unter dem Titel "Schwarz auf Weiß" ab 22.05 Uhr im MDR übertragen. Frank Elstner moderiert, Nana Mouskouri, die Prinzen und City singen, Heiner Geißler, Paul Spiegel, Nena und Mutter Beimer halten Laudationes.

Inter Nationes hat ein Übersetzungs-Förderprogramm für die in islamischen Ländern gesprochenen Sprachen Arabisch, Farsi und Bahasa Indonesia aufgelegt. Es soll aus Mitteln des Anti-Terror-Programms finanziert werden. Von nun an heißt es also: Rauchen für die Weltliteratur.

Die Stiftung Buchkunst hat die "schönsten Bücher aus aller Welt" gekürt, meldet das Börsenblatt. Die "Goldene Letter" geht an "Washi - Tradition und Kunst des Japanpapiers" von Mariko Takagi, Silber erhält "Die Bibliothek von Babel", Bronze wurde dem "JVA Protokoll" zugesprochen. Ein Ehrendiplom geht an "Der Hardrock-Himmel", ein Band mit Kurzgeschichten von T.C. Boyle, erschienen in der Büchergilde Gutenberg. Die Bücher werden auf der Leipziger Buchmesse ausgestellt (Halle 3.C 501) und prämiert.

Die Buchmesse. Erwartet werden mehr als 1.900 Aussteller, gesprochen werden soll über Europa und Südosteuropa, versteigert wird eine echte Nasenschere von Manfred Krug. Und Denis Scheck spricht "mit prominenten Akteuren und kritischen Beobachtern des televisionären Reigens" über das Thema "Bücherflimmern - Literatur im Fernsehen". Zum zweiten Mal hat die Messe den Schwerpunkt Comics, der Arbeitskreis für Jugendliteratur veranstaltet ein Symposium unter dem Titel "Zwischen Kult und Kultur - Jugendszene und Literatur". Dies nur eine kleine Auswahl der Hinweise, die Nils Kahlefendt zusammengetragen hat. Mehr zum Rahmenprogramm der Buchmesse gibt es hier, das erneut sehr umfangreiche Programm von "Leipzig liest" finden Sie hier, einen weiteren Artikel von Nils Kahlefendt (zu "Leipzig liest") hier.

Weitere Beiträge: Das Börsenblatt meldet zwei neue TV-Formate für Bücher: "Seitenweise Wirtschaft" auf Bloomberg TV und die aspekte-Reihe "Das Literarische Quartal" (ZDF). Der Börsenverein hat einen Runden Tisch zur Pisa-Studie einberufen. Buch.de will vom Neuen an den geregelten Markt wechseln. Die Gremien des Börsenvereins begrüßen den Entwurf für ein Preisbindungsgesetz. Eine Checkliste benennt Stärken und Schwächen des Streitobjektes VLB. Droemer Weltbild hat sich die Buchrechte am Label "Kika" (Kinderkanal) gesichert. Weitere Beiträge befassen sich mit der Strukturreform des Börsenvereins.
Archiv: Börsenblatt

buchreport.magazin

Der buchreport hat seine Liste der 100 größten Buchhandlungen aktualisiert. Die Konzentrationswelle hält erwartungsgemäß an: Allein durch Fusionen wurden im Ranking sechs Plätze frei. Auch sind die 100 größten Buchhandlungen im Schnitt schneller gewachsen als die Branche insgesamt. Dabei legten die ersten 50 schneller zu als die übrigen Buchhandlungen des Rankings. Im Internet war die Liste bis Anfang des Monats leider noch immer nicht aktualisiert.

Die aktuelle Buchhandelserhebung kommentiert Boris Langendorf. Er kritisiert den Expansionsdrang der Großunternehmen: Ungeachtet der schwachen Konjunktur erweitern Buchhandlungen ihre Flächen oder öffnen Filialen in Städten, in denen der Markt bereits schwer umkämpft ist. "Eine Entwicklung, die so nicht weitergehen kann. Denn an der Konditionenschraube können selbst die größten Handelsunternehmen nicht ad infinitum drehen, und spätestens dann müssen die neuen Flächen und Mitarbeiter aus neuen Umsätzen bezahlt werden." Ein Verdrängungswettbewerb durch Vereinnahmung des Konkurrenten, so Langendorf, sei in vollem Gange.

Ein Beispiel für Verdrängungswettbewerb: In Erfurt konkurrieren drei Buchhandlungen - Peterknecht, Hugendubel und Habel. Der Erfurter Traditionsbuchhandlung Peterknecht ist der Umsatz merklich weggebrochen, seit nach Habel auch Hugendubel in die Stadt gezogen ist. Die Hugendubel-Filialleiterin Linde Stehr gibt zu, dass es in Erfurt langsam eng wird. Sollte ein vierter Buchhändler kommen "geht hier die Luft aus", sagt sie. Ziel der Hugendubel-Filiale ist die Marktführerschaft in der Stadt, schreibt Peggy Voigt. Dieses Ziel peilt auch Habel an: "Auf Dauer werden wir das Rennen machen", sagt Habel-Marketingleiter Gereon Janßen. Zunächst wird aber die Habel-Filiale an der Uni geschlossen.

Peggy Voigt schreibt auch über das Abholfach - ein überraschend spannendes Thema. Eine alte Buchhändlerweisheit besage: "Eine Buchhandlung ist so gut wie ihr Abholfach": "Fein säuberlich platzierte Bücher oder Unordnung, viele Bücher, womöglich von bekannten Autoren, oder nur wenige, spezielle Titel - all das lässt auf die Qualität des Sortiments und den Service der Buchhandlung schließen." Die kleinen Buchhandlungen ärgern sich, dass Bestellungen häufig an ihnen hängen bleibt. Sie haben wenig Lagerfläche, und zudem ist das Besorgungsgeschäft "eine selbstmörderische Serviceaufwendung", mit der kaum Geld zu machen ist.

Der Ratgeberverlag BLV reagiert auf die Enge des Marktes mit Konzentration: Der Marketing-Etat wird nur noch für Werbung ausgegeben, die sich an Buchhändler richtet. Und in jedem Halbjahr bewirbt der Verlag nur noch zwei Programmsegmente. "In diesem Frühjahr geht das gesamte Werbegeld für die Bereiche Garten und Natur drauf, im Herbst sind Pferde und Sport an der Reihe", schreibt David Wengenroth.

Der US-Verlag Regnery widmet sich der Jagd auf Linksliberale. Sein Buch "Bias" über die angebliche Linkslastigkeit der amerikanischen Medien, stand wochenlang auf Platz eins der Bestsellerlisten, nachdem Präsident Bush junior mit dem Buch unterm Arm fotografiert worden war. Geld gemacht hat der Verlag auch mit Büchern über den Bush-Vorgänger Bill Clinton und dessen Affären: "Kein Verlag hat so viele Bücher - zehn an der Zahl - über die Clinton-Ära herausgebracht", schreibt Anja Sieg. Verleger Alfred Regnery freut sich: "Clinton hat dem Verlag wirtschaftlich definitiv geholfen, dafür sollten wir ihm eigentlich dankbar sein." Als nächsten Demokraten hat der Verlag sich den Bürgerrechtler Jesse Jackson vorgeknöpft. Dessen (natürlich unautorisierte) Biografie startet im März.

Die christlich-populistischen "Left Behind"-Bücher stehen seit zwei Jahren regelmäßig ganz oben in den US-Bestsellerlisten. Über 50 Millionen Exemplare wurden bereits von den bisher neun Bänden verkauft. 2004 soll allerdings Schluss sein. Timothy LaHaye trennt sich von seinem Ko-Autor Jerry B. Jenkins ebenso wie von Verlag und Agent, "um künftig allein Kasse zu machen", so Anja Sieg. Die Random-House-Tochter Bantam Dell soll 45 Millionen Dollar für ein Paket von vier Romanen des schreibenden Kreuzfahrers gezahlt haben.

Weitere Beiträge: Rainer Uebelhöde schreibt über die eBuch e.G., die Call-Center-Dienste für Buchhandlungen anbietet. Brit München stellt die Aachener Frauenbuchhandlung "her's", Kirsten von Hagen den Kleinverlag Achilla Presse vor, der im März in Hamburg eine Buchhandlung eröffnet, in der nur Bücher von Kleinverlagen verkauft werden sollen.

Dann porträtiert Andrea Czepek Dieter Kühn, dessen Romanbiografie über Maria Sibylla Merian gerade erschienen ist. Kirsten von Hagen ist sehr begeistert von dem in Hamburg lebenden norwegischen Schriftsteller Ingvar Ambjörnsen. Anja Sieg schreibt über Philip Pullman, der für "Das Bernstein Teleskop" den Whitbread-Preis bekommen hat, in Großbritannien "Bestseller-Autor der allerersten Garnitur" ist, doch hierzulande noch auf seinen Durchbruch wartet. Und Rainer Uebelhöde freut sich auf die zweite lit.Cologne, die vom 13. bis zum 17. März stattfindet. Schließlich gibt es noch ein Interview mit betondummen Antworten von Herbert Rosendorfer ("Es gibt auch im Islam vernünftige Kräfte. Obwohl ich einer der wenigen bin, die sich mit dem Koran auseinander gesetzt haben und insgesamt glaube, dass der Islam eine böse Religion ist. (...) Aber man darf den Dialog trotzdem nicht abbrechen.").

Schwerpunkt des Heftes: Reisen