Zora del Buono

Canitz' Verlangen

Roman
Cover: Canitz' Verlangen
Mare Verlag, Hamburg 2008
ISBN 9783866480919
Gebunden, 157 Seiten, 18,00 EUR

Klappentext

Als er in der Morgendämmerung aus einem Berliner Club und ans Ufer der Spree tritt, sieht er, zwischen Ästen treibend, die Leiche einer Frau. Statt zur Polizei zu gehen, behält Hubert Canitz den Fund für sich. Doch der Anblick verfolgt ihn und er beschwört die Erinnerung an eine Totenmaske herauf, die während seiner Kindheit im Flur der Eltern hing: die Unbekannte aus der Seine. Als er seine Mutter danach befragt, bildet sich ein aprikosengroßer hektischerFleck in ihrem Gesicht, nervös weicht sie ihm aus. Getrieben, beginnt er über Wasserleichen zu forschen, in der Literatur, Kunst und Geschichte, bis ihm etwas dämmert. War nicht die Schwester seiner Mutter auf der Flucht aus Westpreußen im Frischen Haff ertrunken, in den kalten Monaten des Jahres 1945?

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 21.01.2009

Auch wenn Florian Kessler zugeben muss, dass die Handlung des Debütromans von Zora Del Buono guten Novellenstoff abgibt, ist er mit dem Buch nicht recht glücklich. Betont nüchtern erzählt die Autorin vom schwulen Literaturwissenschaftler Canitz, den die Entdeckung einer Wasserleiche und die darauf folgende intensive Beschäftigung mit der Kulturgeschichte weiblicher Wasserleichen aus der Bahn wirft, teilt der Rezensent mit. Es stört ihn nicht allein, dass die kühl-sachliche Erzählweise der Autorin die zunehmende innere Auflösung des Protagonisten nicht überzeugend darzustellen weiß. Auch das sich im Lauf der Geschichte enthüllende Familientrauma, das den eigentlichen Grund für Canitz tiefe Verunsicherung liefert, scheint ihm reichlich konstruiert.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 12.11.2008

Über dieses Debüt staunt Angelika Overath nicht schlecht: Spannend und dicht zugleich geschrieben, mit soviel Atmosphäre, dass man immer wieder zurückkehrt zu bestimmten Passagen, auch wenn einen der intelligente Plot vorwärts treibt. Alle Achtung. Worum es geht, beschreibt Overath so: Ein Literaturwissenschaftler entdeckt in der Spree eine Wasserleiche, doch statt die Polizei zu informieren, konsultiert er die Literaturgeschichte von Shakespeare bis Rimbaud, von Seneca bis Benn nach dem "Ophelia-Motiv". Dabei treibt ihn nicht nur, versichert Overath, die "deformation professionelle", sondern auch eine in Vergessenheit geratene Familiengeschichte: Seine Tante soll einst - aus Angst vor der Roten Armee - zusammen mit 900 anderen Frauen im vorpommerschen Demmin ins Wasser gegangen sein. Was Zora del Buono, "ausgewiesene Reporterin" und Mitbegründerin der Zeitschrift "mare", kann, davon hat Overath einen sehr vielversprechenden Eindruck bekommen.