Witold Gombrowicz

Pornografie

Roman
Cover: Pornografie
Carl Hanser Verlag, München 2004
ISBN 9783446205581
Gebunden, 247 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Mit einem Nachwort von Felix Philipp Ingold und einem Essay von Poul Vad. Aus dem Polnischen von Walter Tiel und Renate Schmidgall. Grombrowiczs raffiniertester und provozierendster Roman: Zwei ältere Herren meinen zwischen der junge Henia und dem Burschen Karol erotische Spannungen wahrzunehmen und inszenieren einen frivolen Schwank. Henia soll ihren Verlobten Waclaw, einenlangweilen Advokaten, verlassen und dem unschuldigen Karol in die Arme fallen. Das vermeintlich harmlose Spiel endet mit einem raffiniert eingefädelten politischen Mord. Der moderne Klassiker jetzt mit einem Essay zu Leben und Werk Gombrowiczs von Paul Vad.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 22.01.2005

Ein "wahres intellektuelles und literarisches Vergnügen" sieht Marta Kijowska in Witold Gombrowicz' Roman "Pornografie", der jetzt in einer Neuauflage vorliegt. Als eine der Triebfedern von Gombrowicz' Schaffen beschreibt sie dessen mit einer permanenten Rebellion gegen die Form einhergehenden Selbsterkundungsdrang. Kijowska zufolge wollte das "Enfant terrible der polnischen Literatur" Formen zerbrechen und Normen und Erstarrungen zerstören, um hinter Rollen und Masken zu schauen. Dies vornehmlich mit den Mitteln der Groteske, der Karikatur, der Parodie. So auch im Roman "Pornografie", den Kijowska eine "Mischung aus philosophischem Traktat und Kriminalgeschichte" nennt, in der Gombrowicz eine eigenwillige Interpretation der Begriffe "Jugend" und "Vollkommenheit" liefere, wobei hier das Bedürfnis des Menschen "nach Nicht-Vollendetem, nach Unvollkommenem, nach Nieder-Sein, nach Jugend" im Vordergrund stehe. So wollen im Jahre 1943 im okkupierten Polen zwei Warschauer Intellektuelle, die einige Tage auf dem Gut eines Freundes verbringen, der Eintönigkeit des Landlebens dadurch entfliehen, dass sie die Tochter des Gastgebers und den Sohn des Gutsverwalters einander in die Arme zu treiben suchen, was schließlich in einem Doppelmord mündet. "Durch das regieartige Eingreifen der beiden Hauptprotagonisten, sprachliche Steigerungen und Wiederholungen und die bis zur Absurdität eingehaltene Logik der Handlungsführung", so die Rezensentin, "erzielt Gombrowicz eine bühnengerechte Dynamik und einen unnachahmlich komischen Effekt."

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 08.09.2004

Michael Rutschky macht Schluss mit dem "Raunen", das seit Witold Gombrowicz' spätem Ruhm in den 60ern und jetzt wieder, aus Anlass des Hundertsten, durch die Kulturseiten geht, wann immer ein Buch des kosmopolitischen Polen und amtlichen schrägen Vogels besprochen wurde. Nie, schreibt er, wurde die Faszination erklärt, immer nur in tiefen Tönen geraunt - das machte man so bei berühmten Autoren. Rutschky gibt freimütig zu, dass er mit den Dramen nie etwas anfangen konnte. Die Romane dagegen, wie dieser hier, der in einer durchgesehenen Übersetzung und mit neuem Titel (seinerzeit hieß er "Verführung") wiederaufgelegt wurde: ein Genuss! Und zwar deshalb, weil alles "dandyhaft Tuntige", Hysterische darin weniger "spontaner psychischer Ausdruck" als vielmehr "kultivierter Stil" sei, der eben darum "einen großen Reichtum komischer Effekte zeitigt". Anders gesagt: Gombrowicz stand zwar auf Knaben, doch die Geschlechtslust in seiner Literatur ist "zielgehemmt", sie drängt nicht zur Erfüllung, und deshalb gibt's keine "verklemmte Pornografie", sondern eine beeindruckende Vorführung der "Poetik des Sexuellen".