Vittoria Borso, Gerd Krumeich, Bernd Witte (Hg.)

Medialität und Gedächtnis

Interdisziplinäre Beiträge zur kulturellen Verarbeitung europäischer Krisen
Cover: Medialität und Gedächtnis
J. B. Metzler Verlag, Stuttgart und Weimar 2001
ISBN 9783476452894
Kartoniert, 292 Seiten, 30,00 EUR

Klappentext

An der Wende zum 21. Jahrhundert ist der Gedächtnisbegriff zu einem zentralen Paradigma der Kulturwissenschaften geworden. Trotz des gegenwärtigen Booms der Gedächtnisforschung findet jedoch das Verhältnis von Medialität und Gedächtnis immer noch vergleichsweise wenig Beachtung. Ausgehend von der These, dass kollektive Gedächtnisse prinzipiell medial konstruiert werden, versammelt der vorliegende Band Beiträge, die aus dem an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf angesiedelten interdisziplinären Forschungsforum "Europäisches Gedächtnis. Alterität und nationale Geschichtsschreibung. Alte und neue kulturelle Speicher" hervorgegangen sind. Die Autorinnen und Autoren nähern sich aus literatur- und medienwissenschaftlicher sowie aus historischer Perspektive dem Problem der kulturellen Verarbeitung europäischer Krisen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 13.08.2002

Gegen den herrschenden kulturwissenschaftlichen Erinnerungsdiskurs der Assmannschen Schule wendet sich vorliegender Band, der das Eigenleben von Medien in den Blick nimmt, berichtet Tim B. Müller. Gegenüber Assmann betont Vittoria Borsò, dass nicht das Subjekt, der sich erinnernde Mensch, über ein sein Gedächtnis verfügt, sonders dass es sich umgekehrt verhält, schreibt Müller. Wie der Rezensent weiter erläutert, gehorcht das kulturelle Gedächtnis bei Assmann denjenigen, die es prägen, "um die politische oder ethnische Identität eines Kollektivs zu formen". Medien wie Geschichtsschreibung, Literatur oder Massenkultur dienen dabei dazu, ein einheitsstiftende Bild der Vergangenheit zu erzeugen und zu vermitteln. An dieser Auffassung kritisiert Borsò nach Ansicht des Rezensenten zu Recht, dass hier ein genaues Verständnis dieser Medien fehlt. Mit Benjamin und Barthes gelte es aber nach Borsò, die Bedingungen eines jeden Textes zu bedenken, hebt der Rezensent hervor. Denn auf Grund der Heterogenität alles Kulturellen, seien in jeden Text nicht nur die herrschenden Ideologien und Diskurse eingeschrieben, sondern auch Spuren anderer Texte, die Spuren von Differenzen und Alteritäten, von Konfrontationen mit dem Fremden und von nicht verarbeitbaren Traumata. Bei aller Zustimmung in der Sache kritisiert Müller, dass die bei Borsò sehr beliebte Luhmannsche und dekonstruktivistische Terminologie zur Folge hat, "dass das Unternehmen mitunter im Vagen und Abstrakten stecken bleibt". Von der konkreten Umsetzung von Borsòs Ansatz in weiteren Beiträgen von Bernd Witte, Ruth Heynens und Vera Viehöver zeigt sich der Rezensent trotzdem recht angetan.
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