Die TerranautenRoman
Carl Hanser Verlag, München
2017
ISBN
9783446253865, Gebunden, 608Seiten, 26,00
EUR
Klappentext
Aus dem Amerikanischen von Dirk van Gunsteren. In einem geschlossenen Ökosystem unternehmen Wissenschaftler in den neunziger Jahren in den USA den Versuch, das Leben nachzubilden. Zwei Jahre lang darf keiner der acht Bewohner die Glaskuppel von "Ecosphere 2" verlassen. Egal, was passiert. Touristen drängen sich um das Megaterrarium, Fernsehteams filmen, als sei es eine Reality-Show. Eitelkeit, Missgunst, Rivalität - auch in der schönen neuen Welt bleibt der Mensch schließlich doch, was er ist. Und es kommt, wie es kommen muss: Der smarte Ramsay verliebt sich in die hübsche Dawn - und sie wird schwanger. Kann sie das Kind austragen?
Rezensionsnotiz zu
Die Welt, 14.01.2017
Die Glaskuppel, unter der die acht Teilnehmer eines Öko-Experimentes im Roman hausen, gab es als Nasa-Projekt "Biosphere" in den Neunzigern tatsächlich, klärt Rezensentin Britta Heidemann auf. Gefundenes Fressen also für den Autor T. C. Boyle, der sich seit seinem Debütroman "Wassermusik" auf missionarische Menschen in Extremsituationen spezialisiert hat, fährt die Kritikerin fort. Und so folgt sie gebannt den acht Helden des Romans, die in jenem der realen Welt nachempfundenen Ökosystem mit 3800 Tier- und Pflanzenarten als Selbstversorger zu überleben versuchen, bald aber doch vor allem an der eigenen Inszenierung für die mediale Außenwelt interessiert sind. Boyce spielt hier mit den "Seiferoperqualitäten" von "Big Brother" oder "Dschungelcamp", erklärt die Rezensentin, die sich nach der Lektüre allerdings nicht ganz sicher ist, ob der Autor die Gesetze der Unterhaltungsgesellschaft nun entlarvt oder ihnen vielmehr selbst verfällt.
Rezensionsnotiz zu
Frankfurter Rundschau, 11.01.2017
Martin Oehlen ist heilfroh, dass einer wie T. C. Boyle die wahre Geschichte des simulierten Ökoalbtraums Biosphäre 2 erzählt und nicht ein kleineres literarisches Kaliber. Der Bericht über das Leben unter der Kuppel birgt nämlich durchaus Längen, die der Autor zum Glück mit skurrilen Szenen und witzigen Wendungen zu entschärfen weiß, wie Oehlen versichert. Dass der umfangreiche Roman erst recht spät so richtig in Gang kommt und Drama und Kraft entwickelt, weil Liebe, Sex und Eifersucht zu Überraschungen in der künstlichen Welt führen, kann der Rezensent also verkraften.
Rezensionsnotiz zu
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 09.01.2017
Im Internet würde man es Clickbaiting nennen, wie Andreas Platthaus den neuen Roman von T.C. Boyle in einem Feuilletonaufmacher über die Great American Novel anteasert. Aber ach, wenn Platthaus Melville, Isolationsromane und den amerikanischen Pioniergeist aufruft, dann nur um Boyle davon abzugrenzen. Am Ende sind in seinen Augen auch "Die Terranauten" nur eine typisch-Boyle'sche Versuchsanordnung: Der Roman fiktionalisiert die Geschichte der realen Biospähre von Anfang der neunziger Jahre, bei dem acht Menschen in einer von der Außenwelt abgeschotteten Umwelt überleben sollten. Natürlich wird es die "grundlegende amerikanische Hybris" sein, an der das Experiment scheitert. Das findet Platthaus am Ende so trivial wie die Erkenntnis, dass menschliche Konflikte sich nicht unter einer Glaskuppel isolieren lassen.
Rezensionsnotiz zu
Süddeutsche Zeitung, 09.01.2017
Bernd Graff kann sich auf bitterböse Satire gefasst machen, wenn T. C. Boyle sich in seinem neuen Roman der Geschichte des Langzeitexperiments Biosphäre annimmt. Boyle entlarvt den Versuch, autarkes Leben zu simulieren, als PR- und Medienspektakel, angetrieben von Geltungssucht, Dummheit und Geldgier, wie Graff erklärt. Das ist komisch und durch die Einführung verschiedener Perspektiven besonders entlarvend, meint der Rezensent. Und auch wenn die einzelnen Probanden nur wenig Kontur gewinnen, wie Graff vermeldet, wird die Absurdität des in der Realität längst gescheiterten Unternehmens Biosphäre für den Rezensenten doch mehr als deutlich.