Stewart O'Nan

Die Chance

Roman
Cover: Die Chance
Rowohlt Verlag, Reinbek 2014
ISBN 9783498050429
Gebunden, 224 Seiten, 19,95 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Thomas Gunkel. Gemeinsam machen Marion und Art Fowler eine Pauschal-Busreise zu den Niagarafällen, wohin sie dreißig Jahre zuvor auch ihre Hochzeitsreise geführt hat. In ihrem Gepäck befindet sich ihr gesamtes restliches Barvermögen, denn Art, vor seiner Entlassung Versicherungsmakler, also mathematisch begabt, glaubt zu wissen, wie man beim Roulette gewinnen kann. Sie schmuggeln das Geld nach Kanada ein, wechseln es in Jetons und beziehen in einem Casino eine teure Hochzeitssuite, die sie sich leisten, weil es ja ohnehin egal ist. Arbeitslos und verschuldet, wie sie sind, haben sie nichts mehr zu verlieren. Das Haus, in dem ihre Kinder groß geworden sind, muss verkauft werden, ihre Ehe, von Seitensprüngen untergraben, steht vor dem Aus. Also greifen sie nach dem letzten Strohhalm: tagsüber beim Sightseeing an den spektakulären Wasserfällen, vor allem aber abends, im Casino. Sie spielen am ersten Abend und am zweiten. Und setzen alles auf eine Karte.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 06.09.2014

Jürgen Brôcan ist sehr angetan von Stewart O'Nans auf einen "simplen" Plot reduzierten Geschichte einer Ehe in ihren letzten Zügen. Minimalistisch ist für Brocan auch der Stil, ist die Art, wie der Autor sich, ohne allzu analytisch vorzugehen, Leerstellen zulassend seinen beiden Figuren nähert und sie für den Leser "umso wahrhaftiger" erscheinen lässt. Dies unprätenziöse, wahrhaftige und präzise Erzählen scheint Brocan höchst bemerkenswert. O'Nans "augenzwinkernder" Kommentar zur Konsumgesellschaft anhand einer gescheiterten Mittelschichts-Existenz auf ihrem letzten Gang hat den Rezensenten sichtlich überzeugt.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 11.08.2014

Thomas Steinfeld kann gar nicht fassen, wie wenig traurig dieser neue Roman von Stewart O'Nan daherkommt. Dass der Autor nicht mal melancholisch wird, wenn seine Helden, ein Paar auf dem moralischen wie ökonomischen Downtrip, auf ihrer finalen Reise den ganzen amerikanischen Alptraum zu repräsentieren haben, findet er höchst bemerkenswert. Lesbar bleibt das Buch laut Steinfeld überhaupt erst dank O'Nans unüberheblicher Haltung und seinem scharfen Sinn für das Alltägliche in der Ehe und andernorts. Dass der Autor seinen Figuren den Verstand lässt, trägt ebenfalls dazu bei, meint der Rezensent. An Ernst verliert die Story dadurch aber nicht, versichert er.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18.07.2014

Jonathan Franzen ist schuld, vermutet Felicitas von Lovenberg, Jeffrey Eugenides auch, und David Foster Wallace war es sowieso. Ihretwegen sind einige US-amerikanische Autoren der Gegenwart ein wenig in Vergessenheit geraten, erklärt die Rezensentin, unter ihnen auch Stewart O'Nan. Zu Unrecht, findet von Lovenberg. Dank seines anhaltenden "Willens zur Reduktion" ist O'Nans neuer Roman "Die Chance" über ein Mittelklasse-Ehepaar aus Cleveland, Ohio, großartig gelungen, so die Rezensentin. Überall tun sich darin kleine Leerstellen auf, bieten jedem Ehemenschen reichlich Assoziationsmaterial, ohne dass der Autor zu viele Worte verlieren würde, lobt von Lovenberg. Diesen herausragenden zeitgenössischen Autor sollte man viel mehr lesen, befindet die Kritikerin.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 17.07.2014

Für Christoph Schröder ist dieser Roman um ein Paar auf seiner finalen Hochzeitsreise zwar nicht Stewart O'Nans bester, gut findet der Rezensent ihn dennoch und lesenswert schon wegen der ungeheuren Menschenkenntnis, die darin steckt. Mit wie viel Sympathie der Autor seinem der amerikanischen Mittelschicht entstammenden Personal begegnet, wie genau er die Verluste, Ängste und Sehnsüchte dieser Menschen darzustellen und in diesem Text im Ambiente von Spielhallen und Tourismusindustrie zu spiegeln weiß, das hat Schröder wiederum davon überzeugt, dass O'Nan zusammen mit Steven King zu den ganz großen Menschenkennern der amerikanischen Gegenwartsliteratur gehört. Nur dass O'Nan Dämonie durch Melancholie ersetzt und weniger metaphysisch vorgeht, wie der Rezensent hinzufügt.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 17.07.2014

Die Chancen auf ein Happy End sieht Ulrich Rüdenauer seltsamerweise wachsen, je weiter es aufs Ende zugeht, obgleich es zu Beginn ganz und gar nicht danach aussieht in Stewart O'Nans Roman um zwei tragische Helden auf ihrem letzten gemeinsamen Gang, ihrer Hochzeitsreise, dem verzweifelten Versuch, die kaputte Ehe zu retten. Wie der Autor seine Figuren dabei begleitet, ist für den Rezensenten schlicht meisterhaft. Mit Sinn für Nuancen und Gesten, schwärmt Rüdenauer, entwirft O'Nan prägnant und schmerzhaft, doch ohne Sentimentalität das möglicherweise letzte Wochenende einer Partnerschaft als Ende des amerikanischen Traums. Die deutsche Fassung des Buches von Thomas Gunkel scheint Rüdenauer gelungen.