Wie ich lernte, die Frauen zu liebenRoman
SchirmerGraf Verlag, München
2004
ISBN
9783865550088, Gebunden, 308Seiten, 19,80
EUR
Klappentext
Aus dem Englischen von Carina von Enzenberg. Andras Vajda - Literaturprofessor an einer amerikanischen Universität - verneigt sich rückblickend vor den Frauen, die ihn im Budapest der Nachkriegszeit die Liebe lehrten. Er tut dies zu einer Zeit, als auf seinem Campus der Teenagerkult gerade seine erste Blüte erlebt. Der erotische Klassiker erschien erstmals im Jahr 1966.
Rezensionsnotiz zu
Neue Zürcher Zeitung, 08.03.2005
Schon zweimal wurde dieser Roman ins Deutsche übersetzt und zulande veröffentlicht, nun wagt der Schirmer-Graf Verlag aus München einen dritten Versuch - und siehe da, das Buch ist in aller Munde, weiß Uwe Stolzmann. Nicht unerheblichen Anteil mag daran seine Verpackung haben, legt der Rezensent nahe; wie ein "Kleinod" sei der Roman verpackt, frühlingsfrisch, in hellem Grün und Orange, mit einer schönen Frau auf dem Cover. Nun ja, das Buch handelt auch von einem charmanten Herzensbrecher, der etwas fin-de-siecle-mäßig die Damenwelt beglückt - Casanova stand da ebenso Pate wie Felix Krull, meint Stolzmann. Einige Ausrutscher ins Peinliche seien Vizinczey schon unterlaufen, so der Rezensent, auch hätte das Lektorat den Text entschlacken und die vielen Füllwörter beseitigen können. Darüber hinaus gewähre der Text eine "kurzweilige Lektüre", auch wenn er keine wirkliche Entdeckung sei.
Rezensionsnotiz zu
Frankfurter Rundschau, 22.12.2004
Von einem durchaus charmanten aber etwas verstaubt anmutenden Roman berichtet Ursula März: Stephen Vizinceys "Wie ich lernte, die Frauen zu lieben", einem Buch, das tatsächlich erstmals 1965 auf Englisch erschienen ist, obwohl sein Verfasser Ungar ist. Vizincey war damals nach Kanada ausgewandert. Laut März versetzt einen der Roman auf der konkreten Zeitebene in die Zeit des Zweiten Weltkriegs und der 50er Jahre, huldigt aber darüberhinaus einer viel weiter zurückliegenden "Erosepoche", die März mehr an Schnitzler, Wien und das untergegangene Europa vor dem Ersten Weltkrieg erinnert. Die Liebesabenteuer von Vizinceys Protagonisten, einem gewissen Andras Vajda, entsprechen einem relativ konventionellen Liebhaberschema, so März, das von einer (bevorzugt reifen) Frau zur nächsten führe, das alles allerdings vor dem Hintergrund von Krieg, Diktatur und Verfolgung. Der Autor inszeniert die Libertinage als Hort des Widerstands gegen den Übergriff von Politik und Gewalt, schlussfolgert die Rezensentin und sieht darin die aktuelle Qualität des Romans, dem allerdings ihrer Meinung nach ein "instruktives Vor- oder Nachwort" gut getan hätte.
Rezensionsnotiz zu
Die Tageszeitung, 22.12.2004
Gerrit Bartels wünscht diesem Buch, dass es in Deutschland endlich den Erfolg hat, der international seit dem ersten Erscheinen 1965 anhält. "So heiter und charmant, so luftig und unterhaltend", wie Setphen Vicinczey erzählt - das müsste doch "auch heute noch locker ein paar zehntausend neue Leser ansprechen". Der Philosophieprofessor Varda, ein junger Mann noch, erlernt "die Feinheiten des Lebens genauso wie das Handwerk und die Feinheiten der Liebe" in den Armen älterer Frauen. Doch mögen die Betten auch ein Hauptschauplatz des Romans sein - das Beste an ihm ist nach Ansicht des Rezensenten, dass er die Erotik mit historischen Ereignissen und Politik verschlingt.
Rezensionsnotiz zu
Süddeutsche Zeitung, 05.10.2004
Begeistert zeigt sich Ijoma Mangold von Stephen Vizinczeys bereits 1965 erschienenem Roman "In Praise of Older Women", der nun in einer neuen deutschen Übersetzung unter dem Titel "Wie ich lernte, die Frauen zu lieben" vorliegt. Mangold wünscht dem Roman über die "amouröse Sozialisation" eines Philosophie-Professors an der Universität Michigan, der in den sechziger Jahren in vielen Ländern ein Millionenerfolg wurde, noch einmal ein großes Publikum, "so erfrischend, so lässig, so unterhaltend und so fein" findet er das Buch. Er sieht den Autor in einer Reihe mit Ausnahmebegabungen wie Joseph Conrad, Samuel Beckett oder Vladimir Nabokov, die es in einer Sprache, in der sie nicht aufgewachsen sind, zu "stilistisch-literarischer Vortrefflichkeit" gebracht haben. Der Roman, der in jedem Kapitel von einer anderen Frau handelt, verstehe sich zugleich als "ungemein leichtfüßiger", "lebensweiser Traktat". Dass er zugleich Abrechnung mit den zwei Totalitarismen des 20. Jahrhunderts ist, so Mangold, verleiht ihm einen "Zug ins Heroisch-Melancholische." Die Erotik erscheint dem Rezensenten hier als letzte Bastion individueller Subversion, mit der man sich den gleichmacherischen Machinationen der großen Weltbeglückungs- und Menschenunterwerfungsentwürfe entziehen kann.