Selim Özdogan

Die Tochter des Schmieds

Roman
Cover: Die Tochter des Schmieds
Aufbau Verlag, Berlin 2005
ISBN 9783351030391
Gebunden, 318 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Güls Mutter ist schön wie ein Stück vom Mond, sie ist freundlich, fleißig und hält das Geld zusammen. Doch eines Tages trägt man sie aus dem Haus ins Hospital, und kurz darauf bringt die Tante die schlimme Nachricht: Fatma ist tot. Obwohl ihr Mann, der Schmied, untröstlich ist, muss er sich rasch wieder verheiraten, denn drei kleine Töchter wollten versorgt sein. Aber es heißt, "das Mädchen, dessen Mutter stirbt, hält sich für eine Mutter", und weil die Stiefmutter pflichtbewusst, aber lieblos ist, schlüpft Gül in diese Rolle. Auch Gül hat Träume und Sehnsüchte, aber sie hat nie gelernt, etwas für sich zu fordern. So verlässt sie die Schule ohne Abschluss, heiratet mit fünfzehn einen Mann, den sie nicht liebt, und folgt ihm mit zwei Kindern, einem Pappkoffer und ohne Hoffnung in ein Land, dessen Sprache sie nicht spricht.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 31.10.2005

Zurückhaltend äußert sich Rezensentin Clara Branco über Selim Özdogans Roman über das Leben einer Frau in einem anatolischen Dorf in den fünfziger Jahren, in dem nichts geschieht. Sie vergleicht den Roman mit einem Dokumentarfilm, in dem sich Tage, Monate, Jahre und Jahreszeiten aneinander reihen, als "Stichpunkte einer Existenz ohne Geschichte". Der Autor wolle dieses Leben möglichst für sich stehen zu lassen. Es gebe keine Psychologie, es gibt keine Sozialsatire, keine Gesellschaftskritik. Man ließe sich von der melancholischen Monotonie dieses Lebensdokuments gern bewegen, befindet Branco, aber die Sprödigkeit, mit der seine Figuren skizziert werden, lasse einen auf seltsame Weise kalt. Verantwortlich dafür macht sie auch Özdogans Stil, den sie als "zugleich anmutig und salopp, empfindsam und floskelhaft" beschreibt. Nichtsdestoweniger attestiert sie dem Autor Potenzial. Als Jahrgang 1971 habe er noch Zeit, "um anspruchsvoller und entschlossener seine Geschichten auch wirklich zu erzählen".
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 06.07.2005

"Melancholisch", aber nicht "traurig" sei dieser Anatolien-Roman, beschreibt der Rezensent seinen rundweg positiven Leseeindruck. Die Geschichte vom anatolischen Schmied und seiner Tochter ende in Delmenhorst, wo die nun ältere Gül hofft, nur ja nicht im deutschen Winter sterben zu müssen. Wie auf einer Perlenkette reihe der 1971 geborene Autor seinen Schatz von Handlungen und Begebenheiten aneinander, ohne "Schnörkel" oder aufgesetzte "Dramaturgie". Und genau diese klare Erzählweise gebe dem Roman seine "epische" Kraft und Schönheit, analysiert Rezensent Kai Wiegandt, und zeigt sich bezaubert durch die "Ernsthaftigkeit und Liebe, mit der er das Gewicht der einfachen Dinge des Lebens wiegt". Wo hört "Bescheidenheit" auf und fängt bereits "Unselbständigkeit" an, sei eine der Fragen, die der Roman stelle.
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