Reinhard Kaiser-Mühlecker

Magdalenaberg

Roman
Cover: Magdalenaberg
Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2009
ISBN 9783455401929
Gebunden, 192 Seiten, 20,00 EUR

Klappentext

Jürgen Kaiser-Mühleckers zweiter Roman "Magdalenaberg" erzählt die Geschichte eines jungen Mannes, Joseph, der nach dem Tod seines Bruders ganz neu über sein Leben, seine Vergangenheit und sich selbst nachdenken muss. Und Katharina geht, verlässt Joseph am Morgen, nachdem sie ihm endlich von Thomas erzählt hat; irgendwie war auch das Geheimnis zwischen ihnen damit verlorengegangen. Joseph bleibt in seinem Haus zurück, wissend um die Endgültigkeit dieses Endes, aber mit einem tiefen Erstaunen darüber, daß er nichts dagegen unternommen hatte.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 25.03.2010

Ziemlich einzigartig findet Peter Hamm den Schreibstil seines Schriftstellerkollegen Reinhard Kaiser-Mühlecker, und zwar auf Grund der ihn auszeichnenden Stille, des ständigen Verlangsamens und Insichhaltens. Manchen habe das schon zum Vergleich mit Adalbert Stifter inspiriert, dem Hamm aber entschieden widerspricht, da dieser Autor nichts von Stifters zwanghaftem Harmonisierungsprogramm an sich habe. Stattdessen plagen existenzielle Nöte die Protagonisten, lesen wir, fressen an ihnen, höhlen sie aus. Joseph zum Beispiel, den der frühe Tod seines Bruders zu Jugenderinnerungen inspiriert, was in Kaiser-Mühleckers Roman Hamm zufolge nun aber nicht linear, sondern als "inständiges Umkreisen" von Erinnerungssplittern vollzogen wird. Die Aura des Buches stammt für Hamm auch aus der Würde, die das teilweise geschilderte bäuerliche Milieu ausstrahlt und die entsprechende "Sprachscham" des Protagonisten, den lautlos und langsam geschehenen Lebenskatastrophen, derer man erst beim zweiten Lesen richtig gewahr werde.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 29.12.2009

Beeindruckt zeigt sich Rezensent Christoph Schröder von Reinhard Kaiser-Mühleckers Roman "Magdalenaberg". Er liest ihn als Geschichte eines jungen Mannes, der "nicht mehr mitkommt, weil selbst die Langsamkeit ihm zu schnell ist", der in verzweifelten Erinnerungsversuchen den Tod seines Bruders und andere Verluste in seinem Leben zu begreifen versucht. Das Buch ist für ihn ein - im positiven Sinn - "zutiefst österreichisches". Dabei hebt er hervor, dass "Magdalenaberg" ohne Idylle und Innerlichkeit einerseits und ohne wüsten Beschimpfungsgestus andererseits daherkommt. Glänzend findet er, wie sich bei Kaiser-Mühlecker Landschaften und Menschen, Topografie und Mentalität sprachlich ganz natürlich zusammenfügen. Und der von Austriazismen geprägte Ton wirkt auf Schröder nie manieriert. Im Gegenteil: Schröder attestiert dem Autor eine "elegante Klarheit", hinter der sich eine "Rastlosigkeit der Gedanken" verbirgt.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 08.12.2009

Nico Bleutge, selbst Dichter, erinnert "Magdalenaberg" an ein Polaroidfoto, ein "schwarzes Quadrat", das erst langsam zum Bild wird. Bleutge versteht Kaiser-Mühleckers zweiten Roman dabei als einen Roman über Zeit und Erinnerungsarbeit, der sich Stück für Stück durch die immer wieder kreisenden Gedanken des Protagonisten Joseph arbeitet und erst am Ende eine tatsächliche Veränderung zeigt. Besser und ruhiger als die Sprache des Erstlingsromans liest sich dieses Buch allemal, weiß Bleutge auch, der Kaiser-Mühlecker bis jetzt als Schriftsteller mit recht eigener Umständlichkeit und Pathos kannte. Ein Buch über das Erinnern also, bei dem man sich einzig die gesellschaftskritischen Einsprengsel wirklich sparen sollte, wie Bleutge meint.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 24.11.2009

Fast egal ist es in den Augen Leopold Federmairs, worüber der 1982 geborene österreichische Autor Reinhard Kaiser-Mühlecker erzählt, derart überzeugend findet er dessen Sprache und Erzählperspektive. In Kaiser-Mühleckers zweitem Roman lässt ein Ich-Erzähler das kurze Leben seines Bruders Revue passieren, der wie er selbst zu den "Randexistenzen" zählte, teilt der Rezensent mit. Daneben rücken eine Liebesbeziehung, seine Eltern sowie der bankrotte Bauernhof in den Blick, lässt der Rezensent wissen. Höchst faszinierend findet Federmair, wie der Autor aus Dialekt, "globalen Sprachfloskeln" und Alltagsjargon eine unprätentiöse "Kunstsprache" erschafft, die immer wieder auch durch ihre "Schönheit" überrascht, wie der Rezensent schwärmt. Eindrücklich sieht er eine auseinanderdriftende Identität in einer durch Kommunikationsmangel und Distanz geprägten Welt dargestellt, und er zeigt sich dabei von der von Kaiser-Mühlecker an den Tag gelegten Eigenständigkeit und Unabhängigkeit sehr eingenommen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14.10.2009

Diese Geschichte von Herkunft, Liebe und Tod kommt Rezensentin Anja Hirsch sehr bekannt vor. Dass sie sich ihrem Sog nicht entziehen kann, liegt zum einen am langsamen Takt, dem zeitlupenartigen Tempo, mit dem der Autor Dinge, Vorgänge, Gesten und Zeiträume erfasst. Zum anderen an Reinhard Kaiser-Mühleckers altertümelnder Sprache, die die Rezensentin an Stifter erinnert. Damit dieser Sound unwiderstehlich wird und nicht Pose bleibt, hat ihn der österreichische Autor dankenswerter Weise, wie Hirsch findet, mit einer Biografie verknüpft, mit einer katholischen Kindheit in Pettenbach im Almtal und dem "inneren Notstand" zwischen Heimat und Flucht.
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