Peter Burke

Papier und Marktgeschrei

Die Geburt der Wissensgesellschaft
Cover: Papier und Marktgeschrei
Klaus Wagenbach Verlag, Berlin 2001
ISBN 9783803136077
Gebunden, 318 Seiten, 24,54 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Matthias Wolf. In diesem Buch geht es um das neue Wissen - Wissen im Plural -, das sich nach Erfindung des Buchdrucks verbreitete. Welches Wissen, welche Informationen wurden wie, von wem und in welchen Zusammenhängen verbreitet und genutzt? Wer hatte ein Interesse an der Verschleierung von Wissen, an der Unterdrückung von Informationen und warum? Eine Geschichte über die Informationsexplosion in den Jahrhunderten nach Erfindung des Buchdrucks.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.01.2002

Mit der Erfindung des Buchdrucks begann die große Herausforderung, Wissen zu katalogisieren und große Informationsmengen zu verarbeiten. Schon im 18. Jahrhundert, hat Rezensent Christoph Albrecht der "Sozialgeschichte des Wissens" von Peter Burke entnommen, thematisierten Wissenschaftler die selektive Aufnahme von Wissensbeständen. Sein Buch habe Burke klug nach den Themen Lokalisieren, Klassifizieren, Kontrollieren, Verkaufen und Erwerben geordnet und mit einem Namens- und Sachregister ergänzt. Historikern garantiert der Rezensent einen guten Überblick mit Hinweisen auf weitere wissenschaftliche Lektüre, die einzelnen Kapitel haben Albrecht allerdings eher an Exposes zu wissenschaftlichen Arbeiten erinnert, die die Grundlage für weitere umfassende, systematische Analysen bilden könnten.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 25.10.2001

Abgesehen von der Einleitung, die Rolf-Bernhard Essig etwas schwerfällig findet, ist er von Burkes "kompakter und intelligenter Wissenssoziologie" begeistert. Der Autor erbringe hier den Nachweis, dass Wissen sich in Abhängigkeit von geografischen Faktoren wie Verkehrsanbindung, Lage und Besiedelung, von Ordnungssystemen, Bildungsinstitutionen und technischen Gegebenheiten entwickelt. Die Bedingtheit von Wissen werde in den Exkursen nach China und in die islamische Welt besonders augenfällig, lobt er.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 04.09.2001

Rezensent Jakob Vogel wundert sich, dass die Debatte um die Wissensgesellschaft bislang ohne die Historiker geführt wurde, weshalb er den vorliegenden Band als Beitrag zur aktuellen Diskussion um so mehr begrüßt. Burkes sozialgeschichtliche Betrachtungen des Aufkommens einer frühen Wissensgesellschaft vor allem durch die Erfindung des Buchdrucks relativieren nach Vogels Meinung die Behauptung einer radikalen Umwälzung heute. Waren nicht die Folgen des Buchdrucks viel weitgreifender als die Erfindung des Internet oder die Möglichkeit des Zugriffs auf Datenbanken, fragt Vogel. In diesem Zusammenhang bedauert er, dass sich Burke ausschließlich der sozialgeschichtlichen Seite dieser Frage zuwendet und die Inhalte außer Acht lässt. Denn selbst unter Historikern würde man nicht mehr von einer "wissenschaftlichen Revolution" der Frühen Neuzeit reden, meint Vogel. Dennoch, findet er, trägt das Buch dazu bei, die Euphorie der "Propheten der Wissensgesellschaft" heute in ein vernünftiges Licht zu rücken.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 30.08.2001

"Unbedingt lesenswert" findet Hans-Martin Lohmann die wissenssoziologische Studie des britischen Sozialhistorikers Peter Burke über die Erfindung des Buchdrucks und ihre Folgen. Zu diesem löblichen Urteil hat der Rezensent gefunden, weil der Autor es zum einem hervorragend verstehe, sich mit "großer Geschmeidigkeit" zwischen der Position von Michel Foucault, Wissen als Repressionsinstrument zu deuten und der von Norbert Elias, Wissen als Prozess der Triebsublimierung zu verstehen, zu bewegen. Zum anderen haben die Ausführungen des Sozialhistorikers Lohmann die Augen geöffnet. Es ist en vogue, unsere Epoche als Wissensgesellschaft zu beschreiben, dabei, denkt nun der Rezensent, scheint es sich hier um eine "grandiose Übertreibung beziehungsweise um einen schlichten Euphemismus" zu handeln, "den gegenwärtigen Hardcore-Kapitalismus mit der Bezeichnung Wissensgesellschaft" zu adeln". Wissen, Macht und Kapital waren bereits in der Frühen Neuzeit miteinander verknüpft, und zu Recht, meint Lohmann, verschafften sich schon damals Skeptiker ob dieser Interessensgemeinschaft wie Montaigne hier und da Gehör.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 21.07.2001

Der Autor weiß einfach zu viel. Was eigentlich ein Glück sein sollte, gereicht diesem Buch nicht unbedingt zum Guten, meint Oliver Vogel. Was über das Wissen alles gewusst werden kann, selbst in der von Burke abgesteckten Zeitzone der frühen Neuzeit, lässt sich nun mal nicht auch noch "wirklich verarbeiten", wie es der Rezensent sich gewünscht hätte. Man möchte immer mehr wissen, als die Serie nicht weiter in die Tiefe gehender und "mit dem Ehrgeiz poststrukturalistischer Bandbreite" angehäufter Lexikonartikel bietet, schreibt er und träumt von all den Einzelstudien, zu denen das Buch Anstoß geben könnte. Wenn Vogel hier auch ein bekanntes Problem all jener Bücher erkennt, die einen Überblick verschaffen wollen, so bleibt für ihn die Frage, wer zu welchem Zweck eigentlich etwas wissen wollte und will, doch eine zwingende.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 14.07.2001

In Peter Burkes Streifzug durch die frühe Neuzeit und gelegentlich auch andere Epochen geht es um "die Expansion des Wissens", und zwar unter soziologischen und kulturgeschichtlichen Gesichtspunkten. Keineswegs etwa könne die Gegenwart sich die Erfindung der "Informationsgesellschaft" zugute halten: ähnliche Strukturen entdeckt Burke erst bei den Assyrern, dann in der Regierungspraxis der Frühen Neuzeit. Der Rezensent mit dem Kürzel upj. lobt den zurückhaltenden Ton des Buches und attestiert dem Autor, dass er dem Leser "ein differenziertes Tableau" vor Augen stellt.

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