Nino Haratischwili

Mein sanfter Zwilling

Roman
Cover: Mein sanfter Zwilling
Frankfurter Verlagsanstalt, Frankfurt am Main 2011
ISBN 9783627001759
Gebunden, 379 Seiten, 22,90 EUR

Klappentext

Die Geschichte einer Liebe zwischen zwei Menschen, die sich unmöglich lieben können wegen des Schicksalsschlags, der sie zusammen gebracht hat. Eine fatale Liebe zwischen zwei Menschen die sich nur übereinander definieren können und doch immer wieder versuchen, ihren eigenen Weg zu gehen. Ivo und Stella, Wahlverwandte und Schicksalsgenossen seit frühester Kindheit, sind in leidenschaftlicher und destruktiver Liebe miteinander verbunden. Jeder Versuch ohne einander zu leben, sich dem Reigen wilder erotischer Begegnungen und hasserfüllter Streits zu entziehen, scheitert. Es ist eine namenlose Gier, die die beiden immer wieder zueinander treibt und ein tief verborgener Groll, der sie hindert, je miteinander glücklich zu sein.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 29.05.2012

Die "ganz großen Themen der Literatur" sind es, mit denen sich Nino Haratischwili in ihrem Roman "Mein sanfter Zwilling" befasst, stellt Alexandra von Arx anerkennend fest. In der Geschichte um zwei Liebende, deren Eltern bereits in einer verhängnisvollen Affäre miteinander verbunden waren, geht es um Liebe, Schicksal und Tod. Doch, so die Rezensentin, gerate  Haratischwili der Umgang mit diesen großen Themen zu einer schweren Kost, lang, beschwerlich und bisweilen pathetisch. Erst in der zweiten Hälfte erhöhe sich das Tempo, bis zu einem Schluss, der an einen "gewaltigen und zugleich schönen Vulkanausbruch" erinnere.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 25.02.2012

Gern erinnert sich Rezensentin Katrin Schuster an Haratischwilis Debütroman, in dessen Szenen und Dialogen theaterreif die Funken flogen. Neu an ihrem zweiten Roman "Mein sanfter Zwilling" ist nun das in Monologform ungebrochene "Pathos", wenn Stella, eine echte Borderline-Persönlichkeit mit allem, was dazugehört, das "Drama ihres Lebens" nicht bloß raunend erzählt, sondern geradezu auf die Bühne bringt. Aber, ach, seufzt Schuster, wäre es doch nur ein Bühnenstück! Was im Theater Kraft aus darstellerischer Präsenz schöpfen kann, gerinnt im Buchstabentext zur Behauptung, findet die Rezensentin, die auch literarisch einiges bemäkelt: Erfahrungen in der Fremde klängen wie einem Reiseführer entnommen, Ausbruchsversuche aus dem bürgerlichen Leben erscheinen ihr "banal". So hält Schuster es abschließend für nicht gänzlich ausgeschlossen, dass "Stellas Sprachlosigkeit" womöglich auch die der Autorin selbst ist.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 04.01.2012

So sieht Literatur aus, die Ulrich Rüdenauer schätzt: Eine Tragödie, genau und konsequent entwickelt, mitunter etwas abschweifend, aber selbst darin Mut beweisend, wie dadurch, die Figuren mit Leid und Leidenschaft auszustatten. Thematisch trifft die aus Georgien stammende Nino Haratischwili mit ihrem zweiten Roman den Nagel auf den Kopf (des Rezensenten), indem sie klar macht, dass es das Jetzt nicht ohne das Gestern geben kann, Glück nicht ohne den Schmerz und mit Schmerz nicht wirklich ein Glück. Rüdenauer verschafft uns Einblick in den Gang der Erzählung - vom Bürgerglück der weiblichen Hauptfigur, das erschüttert wird und Stück für Stück den Blick frei gibt auf eine traumatische Begebenheit und eine zwanghafte Liebe zum Stiefbruder. Haratischwilis Sprache schrammt laut Rüdenauer nicht selten am Gefühlskitsch vorbei, ist aber eben auch ungeheuer intensiv und körperlich.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 23.11.2011

Burkhard Müller freut sich: Die junge Autorin hat zu ihrem erzählerischen Talent nun auch einen passenden Plot gefunden, einen weniger abstrusen als den ihres ersten Romans. Was auf die Art zur Entfaltung kommt, ist allerdings schrecklich: Beginnend als harmlose Familiengeschichte, entfaltet Nino Haratischwili in Rückblenden eine ödipale Konstellation, die alle Liebe verflucht erscheinen lässt und Erlösung nur im Tod kennt, wie Müller das Schreckliche erläutert. Er warnt uns ausdrücklich vor der geradlinigen Grausamkeit der Autorin und einer Geschichte, die so groß und fremd wie dunkel in der deutschen Gegenwartsliteratur steht, und die nicht jeder aushalten wird. Wenn das keine Einladung ist!
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 08.10.2011

Rezensentin Anja Hirsch fällt ein insgesamt sehr positives Urteil über Nino Haratschiwilis zweiten Roman. Darin geht es um die lange und komplizierte Beziehung zwischen Stella und Ivo, lesen wir, die sich seit ihrer Kindheit kennen und als Erwachsene unerwartet wiederbegegnen. Erzählt und "dramatisiert" wird die Geschichte aus der Perspektive Stellas, informiert die Rezensentin - teilweise äußerst emotional, dann wieder sehr reflektiert. Dabei hat Hirsch den Eindruck einer etwas zu starken "Spaltung" der Sprache in einerseits ernsthaft-ruhige und dann wiederum arg gefühlsintensive Passagen. Einen Ausgleich hierfür findet die Rezensentin jedoch in der Komposition des Romans, die "Maßstäben antiker Dramen" folge. Dass Haratschiwili sich als Dramatikerin bereits mehrfach bewährt hat, kommt nach Ansicht der Kritikerin auch ihrer Prosa zugute. Hirsch hat sich jedenfalls mitreißen lassen von dieser Beziehungsgeschichte, "die erst nach und nach ihre tragischen Konstanten entblättert".
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