CocksureRoman
Liebeskind Verlagsbuchhandlung, München
2008
ISBN
9783935890496, Gebunden, 256Seiten, 19,80
EUR
Klappentext
Aus dem Englischen von Silvia Morawetz. Mortimer Griffin hat sein Leben beschaulich eingerichtet. Er ist glücklich verheiratet, hat einen aufgeweckten Sohn und arbeitet als Lektor in einem angesehenen Londoner Verlag. Doch dann brechen die Swinging Sixties über England herein und mit ihnen die zweifelhaften Wonnen der sexuellen Revolution. Mortimers heile Welt gerät über Nacht aus den Fugen: Seine Frau Joyce muss er plötzlich mit seinem besten Freund teilen, sein kleiner Sohn Douglas weiß bald mehr über Sex als er, und als sein Verlag von einem legendenumwitterten Hollywood-Tycoon namens "Star Maker" übernommen wird, steht auch noch sein Job auf dem Spiel. Aber erst als sich im Umfeld des Verlags eine Serie eigenartiger Todesfälle ereignet, tritt Mortimer die Flucht nach vorne an und kommt dem Geheimnis des Star Makers auf die Spur: dem abgründigen Projekt 'Goj-Boy', das ewige Jugend und lebenslangen Erfolg verspricht.
Rezensionsnotiz zu
Süddeutsche Zeitung, 01.07.2008
Als großartige Einfühlung in das Zeitgefühl der 68er preist Tobias Heyl Mordecai Richlers Roman "Cocksure" von 1968, der nun endlich auch in deutscher Übersetzung vorliegt, vor dem der Rezensent empfindliche Gemüter allerdings warnt. Im Mittelpunkt dieses als wilde Mischung aus Polit-Satire, Gesellschafts- und Science-Fiction-Roman daher kommenden Buchs steht der biedere Lektor Mortimer Griffin, dessen Verlag von einem Medien-Tycoon aufgekauft wird und dessen Frau eine Affäre mit seinem besten Freund beginnt und so die sexuelle Revolution bis in Mortimers Haus trägt. Viel mehr möchte der Rezensent gar nicht verraten, weil er ohnehin meint, die vor überraschenden Wendungen und schrägen Abschweifungen nur so strotzende Romanhandlung übersteige sein Nacherzählvermögen, aber er preist den Roman als grandiose Evozierung des damaligen Zeitgefühls, dem es dabei dennoch gelinge, "ironische Distanz" aufrecht zu erhalten. Heyl kann sich kaum vorstellen, dass der kanadische Autor dieses in seinen schrägen Figuren mitunter an "grelle Comics" erinnernde Buch ohne bewusstseinserweiternde Substanzen zustande gebracht hat, aber er bescheinigt ihm bei aller Verrücktheit durchaus auch eine "hellsichtige" Qualität, die sich nun, vierzig Jahre später, umso deutlicher erschließt.
Rezensionsnotiz zu
Neue Zürcher Zeitung, 25.06.2008
Thomas Leuchtenmüller ist ganz und gar einverstanden damit, dass der Verlag auch für die deutsche Ausgabe den englischen Titel übernommen hat. Ein deutsches Pendant gibt es wohl nicht zu "cocksure", das so schön deutlich macht, was den Helden dieser "wild rotierenden" 68er-Burleske, einen Verlagslektor im swingenden London, umtreibt. Doch so gut sich Leuchtenmüller auch amüsiert hat, treten für ihn auch deutlich die Schwächen zutage, die Mordecai Richler, Vater der kanadisch-jüdischen Literatur, offenbar nie ausräumen konnte: zum Beispiel die "klischeehaften Frauenfiguren" oder die reißerische Schreibe.
Rezensionsnotiz zu
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23.06.2008
Gisa Funck erschließt sich das Lesevergnügen mit diesem Buch durch die Hintertür. Was Mordecai Richler mit Hilfe seines überzeichneten Personals, eines Schwiegermuttertraums und einer selbstgerechten Aktivistin, zu einer Satire auf die PC-Gebote der Swinging Sixties werden lässt, erscheint Funck zunächst als alter Hut. Wenn im Text dann aber ein schmieriger Hollywood-Boss auftaucht und profitgesteuert seine Intrigen spinnt, horcht Funck auf. Bald schon findet sie sich in einer Art "1984" wieder, einem Sci-Fi-Schauerroman, der die manipulative Macht der Medien zum Thema hat mit dem Schwiegermuttertraum als tragischem Don Quixote. So, freut sich Funck, wird wieder ein Schuh draus und ein aktueller dazu.
Rezensionsnotiz zu
Frankfurter Rundschau, 02.04.2008
Die sexuelle Revolution im Jahr 1968 bekommt in "Cocksure" ein neues noch wilderes Gesicht, schreibt Maike Albath. Schwanzgrößen kommentierende und die Triebabfuhr erläuternde kleine Kinder sind nur der Anfang. Mordecai Richler jongliert mit perversen Übertreibungen, wobei er dennoch die Medienlandschaft an den Pranger stellt, wie es aktueller nicht sein könnte. Der Autor balanciert auf der Gürtellinie und treibt es manchmal leider doch zu weit. Als "Knallerbsengeprassel" nimmt die Rezensentin einige Exzesse wie die Überführung von Mutter Theresa als "Pornografin guter Dinge" wahr, trotzdem bringe "Cocksure" auf eine genüssliche Weise die "reaktionäre Schlagseite revolutionärer Entfesselungen" ans Licht.