Michel Foucault

Dits et Ecrits. Schriften in vier Bänden

Band 3: 1976-1979
Cover: Dits et Ecrits. Schriften in vier Bänden
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2003
ISBN 9783518583715
Gebunden, 1028 Seiten, 85,00 EUR

Klappentext

Hrsg. von Daniel Defert und Francois Ewald unter Mitarbeit von Jacques Lagrange. Aus dem Französischen von Michael Bischoff, Hans-Dieter Gondek, Hermann Kocyba und Jürgen Schröder. Der dritte Band der großangelegten Edition der "Dits et Ecrits", die sämtliche zu Lebzeiten Foucaults publizierten Aufsätze, Interviews und kleineren Beiträge enthält, bietet eine Vielzahl von Texten, die um die wirkmächtigen Konzepte der Biopolitik und der Gouvernementalität kreisen. Kern dieser theoretischen Neuerkundung ist Foucaults Theorie der Macht, die die bis dahin vorherrschenden Modelle scharf kritisiert und zu polemischen Diskussionen Anlass gab. Der erste Band der Geschichte der Sexualität, dessen Erscheinen in diesen Zeitraum fällt, entwickelt dieses neue Konzept der Macht. Foucaults Auseinandersetzung mit der Frage der Sexualität kommt in den zahlreichen Interviews, Aufsätzen und Artikeln, die in dieser Zeit entstanden sind, in überaus plastischer Weise zum Ausdruck. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf seinem kontrovers diskutierten politischen Engagement für das neue religiöse Regime im Iran, eine politische Stellungnahme, die heute eine ungeahnte Aktualität angenommen hat.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 03.02.2004

Faszinierend findet Robert Misik diesen dritten Band der auf vier Bände angelegten Ausgabe der Reden und Schriften Michel Foucaults, in dem die Frage der Macht ins Zentrum des Interesses rückt. Wem die großen Studien Foucaults zu hermetisch sind, der wird nach Einschätzung Misiks an diesem Band seine Freude haben, kann man ihn doch als Einführung in Foucaults Denken lesen. Schließlich kommt Foucault in den Gesprächen und Vorträgen immer wieder auf seine Themen zurück, was das Verständnis erleichtert. Besonders gefallen hat Misik, dass man Foucult hier gleichsam beim Denken zusehen und seine Begriffe im Moment ihrer Entstehung beobachten kann - Begriffe, die sich heute in jedem Diskurs, vor allem in den sozialwissenschaftlichen Diskursen, finden: etwa Biomacht, Disziplinen, Selbsttechnologien und eben Diskurs. Misik versteht sie als "Schlüsselbegriffe" der "Ich-AG-Ära", die Foucault analytisch vorweggenommen habe. So habe das von Foucault beschriebene Einwandern der Macht in die Subjekte, die Technologien der Selbsterfindung wie auch der Selbstdressur erst etabliert, ohne die das reibungslose Funktionieren des flexiblen Menschen am Markt nicht möglich wäre. Vor allem die Gedanken des Philosophen über den Neoliberalismus findet Misik hochaktuell. Neben seinen philosophischen Gehalten bietet der Band die Möglichkeit, Foucault als engagierten, streitbaren Intellektuellen kennen zu lernen, der sich für Strafgefangene einsetzt und sich für die iranische Revolution interessiert.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 03.01.2004

Der dritte Teil der "Nebenschriften" Michel Foucaults zeigt den Denker als, so der Rezensent Bernhard Dotzler, "politischen Aktivisten". Eröffnet wird der Band mit einem kurzen Text, der einer Studie zu einem Justizskandal das Geleit gibt. Daneben finden sich politisierte Neu-Einschätzungen seiner Werke "Wahnsinn und Gesellschaft" und "Archäologie des Wissens" und die Reportagen, die Foucault im Auftrag des "Corriere de la Sera" aus dem Iran schrieb. Den Aufstand der islamischen Fundamentalisten begrüßt er, der "Intensität" wegen, die darin ihren Ausdruck findet. Zugleich formuliert er seine Abkehr von Autoren der literarischen Moderne (von Blanchot oder Bataille). An ihre Stelle treten Texte von Eugene Sue oder die Erinnerungen des Hermaphroditen Herculine Barbin. Bernhard Dotzler zitiert viel in seiner Rezension, am Klassikerstatus Foucaults ist ja längst kein Zweifel mehr. Eines allerdings wünscht er sich von den Herausgebern der "Dits-et-Ecrits"-Bände: sie möchten doch auch die deutschen Ersterscheinungsdaten der Texte liefern.